Samstag, 28. August 2010

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Autorin Brigitte Schwaiger verstorben

Die 61-jährige Autorin wurde in Wien leblos in der Neuen Donau entdeckt. Mit "Wie kommt das Salz ins Meer" landete sie einen Bestseller.

Die Autorin Brigitte Schwaiger ist in Wien verstorben. Brigitte Schwaiger: 06.04.1949 - 26.07.2010. DruckenSendenLeserbrief
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Es muss ein Schock für sie gewesen sein, über Nacht berühmt zu werden. 28 war die Oberösterreicherin, als ihr Roman "Wie kommt das Salz ins Meer?" 1977 erschien. Ihr Debüt. Thema: eine monotone Ehe. Ein autobiografisches Buch. Eine halbe Million Exemplare wurden verkauft. Es war eine österreichische Literatur-Sensation. Und sie war auch eine.

Das war bestimmt ein Schock. Brigitte Schwaiger hat es selbst gesagt. Dass sie danach in ein Loch fiel, das hat sie stets bestritten. Auch in einem ihrer letzten Interviews. Da rauchte sie nicht mehr "nur" 60 Zigaretten am Tag, sondern zwei Zigaretten gleichzeitig.

Brigitte Schwaiger ist tot. Die Leiche der 61-Jährigen wurde Montag in einem Seitenarm der Donau zwischen Jedleseer Brücke und Nordbrücke entdeckt. Eine Obduktion wurde angeordnet. Obwohl niemand zweifelt, dass sie selbst sich Gewalt angetan hat. 1949 wurde sie als Arzttochter in Freistadt geboren. Ihre Großmutter, die Opernsängerin Carola Seligmann (Künstlername Angeli) war im KZ Theresienstadt ermordet worden.

Sie studierte ein paar Semester Psychologie, Germanistik und Romanistik in Wien. Sie heiratete einen spanischen Offizier. Die Ehe hielt nur vier Jahre. Was kam nach dem "Salz? "Ich war zu weit gesprungen", hatte Brigitte Schwaiger einmal bekannt. Es kamen Romane wie "Der Himmel ist süß" und "Die Galizierin", die keinen Erfolg hatten. Es kamen Schulden, es kam die Isolation, und psychische Probleme traten auf, Depressionen, ein Burn-out-Syndrom, Borderline, Selbstverachtung.

Stimmen hörte sie zum ersten Mal, als sie 48 war. Sie fühlte sich von ihnen kontrolliert, sah nur noch schwarz-weiß und begab sich eines Tages - das war vor etwa acht Jahren - freiwillig als Tagespatientin auf die Psychiatrie ins Otto Wagner Spital, Pavillon 10: Sie war "so kaputt vom Nachgrübeln über mein unglückliches Leben ..." Und im Spital? Strickte sie. Nähte Bettwäsche. Und fühlte sie sich als "unnützer Esser", als "Dreck".

Darüber schrieb Brigitte Schwaiger 2006 "Fallen lassen", schonungslos offen, auch über ihre Selbstmordversuche. Sie hatte das Schreiben nicht verlernt. Nie. Dieses verzweifelte Buch, erschienen im Wiener Czernin Verlag, war endlich wieder eines, das wahrgenommen, gelobt, das gefeiert wurde. Als "wunderbar" konnte man es freilich nicht bezeichnen. Brigitte Schwaiger schrieb über sich und alle psychisch Kranken: "Wir sind die letzte Klasse in Österreich, letzte Klasse in Europa, letzte Klasse überall auf der Welt."


Artikel vom 26.07.2010 22:06 | KURIER | Peter Pisa


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