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Warum man im Corps nicht nur studiert und feiert, sondern auch fürs Leben lernt erklärt Hanns-Eberhard Schleyer


Die ersten Begegnungen mit Verbindungsstudenten reichen in meine Gymnasialzeit zurück. Mein Vater war selbst Heidelberger Schwabe und kümmerte sich mit besonderem Engagement um seine jüngeren Corpsbrüder.

Dies führte zu zahlreichen Besuchen von Aktiven und Inaktiven in meinem Stuttgarter Elternhaus, zu Gesprächen und Erfahrungen, die meinen eigenen Weg nach Heidelberg entscheidend vorzeichneten.

War es zunächst die selbstbewußte Fröhlichkeit, so war es später das leidenschaftlich diskutierte Umfeld einer jungen Studentengeneration, das mich zunehmend mehr interessierte.

Und es waren die Besuche auf dem Corpshaus, dessen Atmosphäre einen besonderen Eindruck auf mich machte und dessen Intimität den unverzichtbaren Rahmen für den Dialog zwischen den Generationen und den unterschiedlichsten Fachdisziplinen bot.

So fiel mir nach dem Abitur die Entscheidung für den Eintritt in das Corps Suevia leicht. Leicht vor allem deshalb, weil mir die Kommilitonen gefallen haben, die mit mir als Füchse zusammen aktiv wurden. Eine gemeinsame Sprache zu sprechen, sich in bestimmten Vorstellungen und Erwartungen zu verstehen und damit trotz unterschiedlicher Temperamente die Voraussetzungen für dauerhafte Freundschaften zu schaffen, war sicherlich von größerer Bedeutung, als eine langjährige Tradition, die Ziele des Corps oder auch die eindrucksvolle Riege der Altherrenschaft.

Diese Erwartungen haben sich bestätigt. Auch wenn mir zunächst nicht so klar geworden war, daß die Aktivenzeit durch die Intensität des Zusammenlebens auch unbequeme Lernprozesse mit sich bringen würde. Wir waren alle noch auf dem Weg zum Erwachsenwerden, voller Unsicherheit und voller Selbstzweifel. Die Verantwortung für die Gestaltung der aktiven Semester und für die Erfüllung der damit verbundenen Aufgaben führten häufig zu Spannungen. Gruppen mit unterschiedlichen Interessen bildeten sich, die mitunter heftig umdie Sache stritten. Am Ende raufte man sich jedoch wieder zusammen, lernte toleranter miteinander umzugehen und entwickelte den Ehrgeiz, gemeinsam ein abwechslungsreiches Semester gelegentlich auch gegen die Ratschläge von Inaktiven und Alten Herren durchzusetzen. Und wenn manchmal eine Verständigung unter uns Jungen nur noch schwer möglich zu sein schien, wurde dies zur Stunde der Älteren, deren vermittelte Erfahrungen das Aktivenleben wieder ordnen halfen.


Die Aktivenzeit hat mich in besonderer Weise gefordert. Mit Gleichaltrigen und deren unterschiedlichen Interessen auskommen, sich gelegentlich durchsetzen zu müssen, sie in meiner Zeit als Senior zu motivieren, aber auch Spannungen ausgleichen zu müssen, war eine prägende Erfahrung. Wir alle haben in dieser Zeit ein Stück mehr Selbstbewußtsein entwickelt. Wir lernten, Standpunkte zu vertreten, andere zu überzeugen, aber auch sich selbst überzeugen zu lassen. Wir lernten dies vor allem in vielen Gesprächen untereinander, nicht selten zu später Stunde und mit leichter Zunge geführt und deshalb um so offener und unvoreingenommener. Aus diesem intensiven Miteinander haben sich die dauerhaftesten Freundschaften ergeben, die aus vergleichbaren Erfahrungen gewachsen und nicht durch berufliche Aspekte bestimmt waren, wie sie später bei manchem „Geschäftsfreund" zu herben Enttäuschungen führten. Der Zusammenhalt innerhalb des Corps war im übrigen auch an die gemeinsame Erfahrung der Mensur gebunden. Die anwesenden Corpsbrüder wußten um die in aller Regel vorhandenen Ängste des Paukanten. Sie hatten vergleichbares erlebt, ihre deutlich spürbare Solidarität tat gut. Diese Zeit in Heidelberg war eine vorzügliche Vorbereitung auf mein späteres Leben, wobei ich von den negativen wie positiven Erfahrungen gleichermaßen profitiert habe. Ergänzt wurden diese Erfahrungen Jahre später durch das Amt des Vorortsprechers, das ich in für das Verbindungsstudententum schwierigen Zeiten ausübte. Es war die Zeit der 68er Generation, die sämtliche vorhandenen Strukturen in Frage stellte und die auch innerhalb der Corps radikale Veränderungen forderte. Mit anderen zusammen gelang es damals in unzähligen mühsamen Verhandlungen, Neues und Altes miteinander zu verbinden und die Gemeinschaft der Corps zusammenzuhalten. Ich mußte dazu die Fähigkeit zum tragfähigen Kompromiß und zur freien Rede auch in schwierigen Situationen entwickeln.

Die Mitgliedschaft in einem Corps eröffnet nicht automatisch den Zugang zu Führungsämtern. Beziehungen zu Corpsbrüdern mögen früher eine weitaus größere Rolle gespielt haben, heute können sie zumindest Ausgangspositionen verbessern. Dies sollte man nicht gering einschätzen, berufliche Perspektiven werden jedoch entscheidend von dem Können und dem Engagement, aber auch den charakterlichen Fähigkeiten jedes Einzelnen bestimmt. Dafür hat in meinem Fall mein Corps eine entscheidende Rolle gespielt und ich bin froh, daß mein ältester Sohn bereits aktiv geworden ist. Auch er ist davon überzeugt, durch seine Mitgliedschaft im Corps in vielfältiger Weise gewinnen zu können.

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