Der Jurist Karl Renner schloss sich in seiner Jugend der
sozialdemokratischen Bewegung an, wurde Parlamentsbediensteter und 1907
Reichsratsabgeordneter.
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie fungierte
er im Oktober 1918 als Leiter der sogenannten Staatskanzlei und war bis Juni
1920 dadurch de facto-Regierungschef.
In dieser Zeit leitete er auch die
Delegation Österreichs bei den Friedensverhandlungen von St. Germain.
Durch eine provisorische Verfassung, das Habsburger-Gesetz und eine weit
reichende Sozialgesetzgebung schuf die Regierung Renner die
verfassungsmäßigen Grundlagen für die Erste Republik
Österreich.
Nationalratswahl 16.2. 1919 |
Sozialdemokraten |
72 |
Christlich-Soziale |
69 |
Deutsch-Nationale |
26 |
Andere |
3 |
Mit dem Ausscheiden aus der Regierung 1920 trat Renner
innenpolititisch mehr in den Hintergrund, fungierte aber in wichtigen
Angelegenheiten häufig als Sprecher seiner Partei.
Von 1920 bis
1934 war Renner Mitglied des Nationalrates und von 1931 bis 1933 dessen
Präsident. Nachdem Bundeskanzler Dollfuß
1934 den Nationalrat ausgeschaltet hatte, wurde Renner vorübergehend
inhaftiert.
Renner trat für den Anschluss Österreichs an das
Deutsche Reich ein und begrüßte auch die Annexion der
sudetendeutschen Gebiete im Herbst 1938 in der Schrift "Die Gründung der
Republik Deutschösterreich, der Anschluß und die Sudetendeutschen".
1945 beauftragte die sowjetische Besatzungsmacht Karl Renner mit der
Bildung einer provisorischen Regierung, die anfangs nur von der Sowjetunion
anerkannt wurde. Ihr gehörten Vertreter der ÖVP, SPÖ und
KPÖ zu gleichen Teilen an. Am 26. September wurde sie um Vertreter der
westlichen Bundesländer vermehrt und am 19. Oktober 1945 auch von den
westlichen Alliierten anerkannt.
Von ihr wurden auch die Wahlen am 25.
November 1945 durchgeführt. Die Übergangsregierung, die die Republik
Österreich wieder herstellte, endete mit der Bildung der neuen
Bundesregierung am 20. Dezember 1945. Im Dezember des gleichen Jahres wurde
Renner von der Bundesversammlung zum ersten Bundespräsidenten der Zweiten
Republik gewählt.
Er übte dieses Amt bis zu seinem Tod am
31.Dezember 1950 aus.
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