Zur Debatte Artikel verschickenLeserbrief schreibenArtikel vorlesen lassenFTD-Newsletter bestellenArtikel druckenRSS-Feed abonnieren

Kaufrausch kommt mit Verzögerung

von Monika Dunkel und André Kühnlenz (Berlin)

Auf ein baldiges Ausleben der Konsumlust setzt nach dem relativ schwachen ersten Halbjahr das Gros der deutschen Konjunkturexperten. Bis 2008 soll der Konsum zur Wachstumsstütze werden.

"Der private Konsument ist der Aufsteiger des Jahres, der Aufstieg verzögert sich nur etwas", kommentierte Holger Fahrinkrug, Chefökonom der WestLB, die am Donnerstag bekannt gewordenen Daten zu den Ausgaben im Frühjahr.

Kauflaune: In den Füßgängerzonen herscht reger Betrieb
 Kauflaune: In den Füßgängerzonen herscht reger Betrieb

Wie das Statistikamt Destatis bekanntgegeben hatte, ist der private Konsum im zweiten Quartal um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Allerdings machte dieser Zuwachs nur einen Teil des Einbruchs um 1,8 Prozent nach der Mehrwertsteuererhöhung im ersten Quartal wett. "Der Konsumanstieg vom Frühjahr ist zwar nicht rekordverdächtig. Doch angesichts der hohen Mehrwertsteuerbelastung ist das eine beachtliche Entwicklung", so Andreas Scheuerle, Volkswirt bei der Deka-Bank.

ZUM THEMA

Angesichts des rasanten Stellenaufbaus sowie allmählich steigender Einkommen hatten die Experten überwiegend bereits für das Frühjahr mit einer deutlicheren Konsumbelebung gerechnet. Diese sei jetzt in das zweite Halbjahr verschoben, aber nicht aufgehoben, lautet der Tenor jetzt.

Die Konsumausgaben machen in Deutschland noch 56 Prozent der Wirtschaftsleistung aus.

Die meisten Volkswirte halten derzeit daran fest, dass sich die Belebung des privaten Verbrauchs bis in Jahr 2008 hinein verstärken wird - und der Konsum damit zur Stütze des Wachstums wird.

Für ein baldiges Hochschnellen der Ausgaben spricht laut Deka-Volkswirt Andreas Scheuerle, dass "Löhne und Gehälter anziehen". Viele Tarifabschlüsse, in denen stärkere Zuwächse vereinbart wurden, werden erst im Sommer wirksam. Auch wollten viele Konsumenten das höhere Gehalt erst einmal auf dem Lohnzettel sehen, bevor sie mehr ausgeben. Der private Konsum dürfte nächstes Jahr dann richtig boomen, sagte Fahrinkrug.

Zweifelhaft ist, ob die Konsumausgaben nach dem schwachen Jahresstart im Gesamtjahr 2007 noch das Niveau des Vorjahrs erreichen. Besonders optimistische Volkswirte hatten noch vor ein paar Monaten mit plus einem Prozent gerechnet.

Dass der Konsum trotz hoher Jobzuwächse noch nicht stärker zugelegt hat, hat nach Experteneinschätzung mehrere Gründe. Zum Jahresanfang 2007 stieg die Sparquote deutlich - von 10,4 auf 10,9 Prozent des verfügbaren Einkommens. Dies ließ sich im ersten Quartal noch damit erklären, dass die Verbraucher viele Einkäufe Ende 2006 vorgezogen hatten, bevor die Mehrwertsteuererhöhung in Kraft trat. Wie Destatis am Donnerstag meldete, blieb die Quote aber auch im zweiten Quartal hoch. Womöglich seien viele Verbraucher noch unsicher, wie stabil der Aufschwung ist, so Commerzbanker Rubisch.

Dagegen sprechen allerdings die Ergebnisse von Konsumumfragen, wonach die Zuversicht in Konjunktur und Arbeitsmarkt für die nächsten zwölf Monate so hoch ist wie seit Jahren nicht. Erstmals seit Erhebungsbeginn 1985 rechnet derzeit eine große Mehrheit der Verbraucher damit, dass die Arbeitslosigkeit in Zukunft weiter sinkt.

Andere Ökonomen äußerten zur Erklärung der hohen Sparquote am Donnerstag die Vermutung, dass viele Menschen die jetzt entstandenen zusätzlichen Einkommen womöglich nutzten, um fürs Alter oder das eigene Haus vorzusorgen.

Ein Teil des vermeintlichen Konsumrückstands könnte sich zudem statistisch erklären. Seit Jahren werden die Ausgaben in den ersten Veröffentlichungen teils deutlich unterschätzt. Dies erschwere die Interpretation ebenso wie Probleme, Saisoneffekte auszuschalten, so WestLB-Ökonom Fahrinkrug. Auf einen Quartalswert gebe er wenig.

Relativ einig sind sich die Experten, dass die Mehrwertsteuererhöhung nachwirkt. Nach Auffassung des FTD-Konjunkturschattenrats ist dies der wichtigste Grund dafür, dass der Konsum nicht stärker zulegt. Gut 80 Prozent sagten bei der Augustumfrage, dass die Steuererhöhung eine kräftigere Belebung verhindert habe. 60 Prozent machen eine Verunsicherung der Verbrauchern aus. 42 Prozent sagen, dass der Aufschwung bisher weniger Einkommenszuwächse mit sich brachte als in früheren Zeiten.

Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

Zur Debatte Artikel verschickenLeserbrief schreibenArtikel vorlesen lassenFTD-Newsletter bestellenArtikel druckenRSS-Feed abonnieren
 

Aus der FTD vom 24.08.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP

 

 FTD-Services 

Streit am Arbeitsplatz, mit Vermieter oder Finanzamt? Aktuelle Urteile aus vielen Rechtsgebieten kostenlos in dieser Datenbank.  mehr

 Nachrichten 

Merkel wirbt in China für Pressefreiheit

Auch über den Punkt Menschenrechte möchte die Bundeskanzlerin offen sprechen. mehr

Afghanistan-Einsatz wird ausgeweitet

Die Bundeswehr soll zusätzliche Aufgaben übernehmen. Verteidigungsminister Franz Josef Jung lehnt eine Aufstockung der Truppen dennoch weiter ab. mehr

Deutschlandfonds brächte schlechte Renditen

Das besagt jedenfalls eine Studie, die keine guten Ergebnisse für das Modell für eine stärkere Beteiligung am Unternehmen bringt. mehr

Exklusiv Huber kritisiert Struktur der Bankenaufsicht

Bayerns Wirtschaftsminister will die Kompetenzen von Bundesbank und BaFin klarer trennen. mehr

Kabinettsklausur endet im Wohlfühlklima

Die Regierungsmannschaft hat bei ihrer Kabinettsklausur zahlreiche Streitpunkte vertagt. mehr

Regierung prüft Punktesystem für Zuwanderer

Der Wirtschaft gehen die Beschlüsse der Regierung zum erleichterten Zuzug ausländischer Fachkräfte nicht weit genug. mehr

Von der Leyen verteidigt ihre Politik gegen Rechts

Derweil gewinnt die Debatte über ein neuerliches NPD-Verbotsverfahren an Fahrt. mehr

Wie die Regierung das Klima schützen will

Mit einem 30-Punkte-Programm will die Bundesregierung ihre Klimaziele erreichen. Die Pläne im Überblick. mehr

Bilderserie

Klassenfahrt nach Meseberg

Bei der Kabinettsklausur in Meseberg präsentiert sich die Ministerriege in bester Laune. mehr

Glos dringt auf Maastricht-Regeln im Grundgesetz

Ein Sanktionsmechanismus bei Verstößen soll es aber nicht geben. mehr

Klima-Paket ist unter Dach und Fach

Zu Beginn ihrer Kabinettsklausur haben sich Angela Merkel und ihre Ministerriege demonstrativ geschlossen gezeigt. mehr

Beck bringt NPD-Verbot wieder aufs Tapet

Unterdessen erhoben die von einer Meute in Mügeln verprügelten Inder schwere Vorwürfe gegen die Polizei. mehr

Mehr News aus Deutschland

Deutschland als
 


 

(€) Görlitz

(€) Schleswig-Holstein

(€) Rheinland-Pfalz