"Der private Konsument ist der Aufsteiger des Jahres, der Aufstieg verzögert sich nur etwas", kommentierte Holger Fahrinkrug, Chefökonom der WestLB, die am Donnerstag bekannt gewordenen Daten zu den Ausgaben im Frühjahr.
Wie das Statistikamt Destatis bekanntgegeben hatte, ist der private Konsum im zweiten Quartal um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal gestiegen. Allerdings machte dieser Zuwachs nur einen Teil des Einbruchs um 1,8 Prozent nach der Mehrwertsteuererhöhung im ersten Quartal wett. "Der Konsumanstieg vom Frühjahr ist zwar nicht rekordverdächtig. Doch angesichts der hohen Mehrwertsteuerbelastung ist das eine beachtliche Entwicklung", so Andreas Scheuerle, Volkswirt bei der Deka-Bank.
Angesichts des rasanten Stellenaufbaus sowie allmählich steigender Einkommen hatten die Experten überwiegend bereits für das Frühjahr mit einer deutlicheren Konsumbelebung gerechnet. Diese sei jetzt in das zweite Halbjahr verschoben, aber nicht aufgehoben, lautet der Tenor jetzt.
Die Konsumausgaben machen in Deutschland noch 56 Prozent der Wirtschaftsleistung aus.
Die meisten Volkswirte halten derzeit daran fest, dass sich die Belebung des privaten Verbrauchs bis in Jahr 2008 hinein verstärken wird - und der Konsum damit zur Stütze des Wachstums wird.
Für ein baldiges Hochschnellen der Ausgaben spricht laut Deka-Volkswirt Andreas Scheuerle, dass "Löhne und Gehälter anziehen". Viele Tarifabschlüsse, in denen stärkere Zuwächse vereinbart wurden, werden erst im Sommer wirksam. Auch wollten viele Konsumenten das höhere Gehalt erst einmal auf dem Lohnzettel sehen, bevor sie mehr ausgeben. Der private Konsum dürfte nächstes Jahr dann richtig boomen, sagte Fahrinkrug.
Zweifelhaft ist, ob die Konsumausgaben nach dem schwachen Jahresstart im Gesamtjahr 2007 noch das Niveau des Vorjahrs erreichen. Besonders optimistische Volkswirte hatten noch vor ein paar Monaten mit plus einem Prozent gerechnet.
Dass der Konsum trotz hoher Jobzuwächse noch nicht stärker zugelegt hat, hat nach Experteneinschätzung mehrere Gründe. Zum Jahresanfang 2007 stieg die Sparquote deutlich - von 10,4 auf 10,9 Prozent des verfügbaren Einkommens. Dies ließ sich im ersten Quartal noch damit erklären, dass die Verbraucher viele Einkäufe Ende 2006 vorgezogen hatten, bevor die Mehrwertsteuererhöhung in Kraft trat. Wie Destatis am Donnerstag meldete, blieb die Quote aber auch im zweiten Quartal hoch. Womöglich seien viele Verbraucher noch unsicher, wie stabil der Aufschwung ist, so Commerzbanker Rubisch.
Dagegen sprechen allerdings die Ergebnisse von Konsumumfragen, wonach die Zuversicht in Konjunktur und Arbeitsmarkt für die nächsten zwölf Monate so hoch ist wie seit Jahren nicht. Erstmals seit Erhebungsbeginn 1985 rechnet derzeit eine große Mehrheit der Verbraucher damit, dass die Arbeitslosigkeit in Zukunft weiter sinkt.
Andere Ökonomen äußerten zur Erklärung der hohen Sparquote am Donnerstag die Vermutung, dass viele Menschen die jetzt entstandenen zusätzlichen Einkommen womöglich nutzten, um fürs Alter oder das eigene Haus vorzusorgen.
Ein Teil des vermeintlichen Konsumrückstands könnte sich zudem statistisch erklären. Seit Jahren werden die Ausgaben in den ersten Veröffentlichungen teils deutlich unterschätzt. Dies erschwere die Interpretation ebenso wie Probleme, Saisoneffekte auszuschalten, so WestLB-Ökonom Fahrinkrug. Auf einen Quartalswert gebe er wenig.
Relativ einig sind sich die Experten, dass die Mehrwertsteuererhöhung nachwirkt. Nach Auffassung des FTD-Konjunkturschattenrats ist dies der wichtigste Grund dafür, dass der Konsum nicht stärker zulegt. Gut 80 Prozent sagten bei der Augustumfrage, dass die Steuererhöhung eine kräftigere Belebung verhindert habe. 60 Prozent machen eine Verunsicherung der Verbrauchern aus. 42 Prozent sagen, dass der Aufschwung bisher weniger Einkommenszuwächse mit sich brachte als in früheren Zeiten.
Aus der FTD vom 24.08.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP
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