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Das Kapital

Helikopter-Ben und Alchemisten-Hank

Anschnallen, Helikopter-Ben ist im Anflug. Die US-Geldmenge "Money of Zero Maturity" (MZM) wächst mit einer Jahresrate von 16 Prozent, die Schulden der US-Wirtschaft haben im dritten Quartal annualisiert um zwölf Prozent zugelegt.

Doch das ficht Helikopter-Ben nicht an. Er wird daher in dieser Woche den US-Leitzins auf das Niveau der Inflation senken, um die Geld- und Kreditblase trotz der Krisensymptome weiter aufzublähen. Geht es nach dem Rentenmarkt - und es wird nach ihm gehen -, wird aber auch die dritte Zinssenkung binnen drei Monaten erst der Anfang sein. Bei Renditen auf zweijährige Staatsanleihen von drei Prozent muss Helikopter-Ben schon noch zwei Prozentpunkte nachlegen.

Assistiert wird er dabei von Alchemisten-Hank, der selbst dem gröbsten Schrott wieder zu güldenem Glanz verhelfen kann. Sein Kniff ist, ja nicht zu viel von seiner Rezeptur preiszugeben. Denn je weniger die Märkte seine Herkules-Fonds und Staatseingriffe in die freie Zinsbildung begreifen, desto besser.

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Es reicht, wenn die Anleger aus Ehrfurcht vor den Fachkenntnissen des früheren Goldman(n)s salutieren. Versteht Alchemisten-Hank die Märkte nicht besser als jeder andere, und weiß er nicht ganz genau, wonach sie verlangen?

Da macht man seine Leerverkaufspositionen auf Aktien, Ramschhypotheken(derivate), zweifelhafte Firmenanleihen et cetera vorsorglich doch lieber zu. Ein Glücksfall also für die Märkte, dieser Mann, angesichts des Ernstes der Lage vielleicht sogar für die ganze US-Ökonomie. Doch hatte man das Magie-Alan nicht auch immer nachgesagt? Und wird dieser arme Kerl inzwischen nicht von allen Seiten verflucht?

Wundertüte 1 - Superfonds

Der Grund, warum Hank für seine wundersamen Rettungsaktionen nicht mehr Prügel bezieht, ist, dass sie scheinbar ohne den Einsatz öffentlicher Gelder auskommen. Beim Superfonds ist das noch leichter nachvollziehbar als bei der Hypothekenzinseinfrierung. Mit Geld der großen Banken ausgestattet, soll der Superfonds die illiquiden Papiere der von diesen Großbanken mit Liquiditätszusagen bedachten Zweckgesellschaften (SIVs) kaufen, auf dass diese Banken mit solcherart erzeugten "Preisen" endlich wieder einen bilanziellen Wertansatz für ihren Ramsch haben. Wie diese Preise festgesetzt werden, wessen Bank Ramsch zuerst rausgekauft wird und andere Details stehen immer noch nicht fest.

Ebenso wenig steht fest, ob man diese Fragen überhaupt je klären werden muss. Denn der Fonds droht seine Existenzberechtigung durch alternative privatwirtschaftliche Maßnahmen vollends zu verlieren. Mit HSBC, Standard Chartered und Rabobank haben bereits drei Banken beschlossen, das Problem durch Konsolidierung der SIVs in die eigene Bilanz zu entschärfen. Darüber hinaus befinden sich zwei notleidende SIVs von Cairn Capital und Cheyne in einem Restrukturierungsprozess, der auf einen Teilforderungsverzicht hinauslaufen wird. Diese Beispiele könnten Schule machen und damit den Eindruck verstärken, dass der Superfonds lediglich ein unausgegorener Verzögerungsversuch ist.

Wundertüte 2 - Zinsstopp

Ähnlich verzögernd wirkt der Plan, variabel verzinste Hypothekendarlehen auf einem niedrigen Zins einzufrieren. Aufgrund der Millionen direkt involvierten Parteien ist er aber deutlich komplexer. Was natürlich seine Vorteile hat, schließlich sorgt Komplexität - ähnlich wie bei den überstrukturierten verbrieften Anleihen - dafür, dass man die Risiken erst mal aus dem Auge verliert. Hat auch hier geklappt, schließlich dauerte es einige Tage, bis die Mängelliste für diese Idee eine angemessene Länge erreichte: unterlassene Abschreckung für Spekulanten und Trittbrettfahrer, Eingriff in bestehende Verträge, unklare Lastenverteilung, unabsehbarer bürokratischer Aufwand.

Doch der Hauptvorwurf ist trivialer und muss lauten: Der Plan löst das Problem nicht, sondern verschiebt und verstärkt es damit womöglich noch. Dieser Thema-verfehlt-Tatbestand wird anhand eines exemplarischen Beispiels deutlicher: Paul ist durch die Werbung ganz scharf auf das iPhone, das er sich aber gar nicht leisten kann. Er pumpt Peter an, der neben dem Gerätepreis auch die Telefongebühren im ersten Jahr übernehmen soll. Sollte Paul klamm bleiben, könnte Peter das Gerät verkaufen. Das Jahr ist rum, und Paul stellt fest, dass schon die Gebühren seine Finanzkraft übersteigen, von der Rückzahlung des Kaufpreises ganz zu schweigen. Das scheint mehreren iPhone-Käufern so zu gehen - die Gebrauchtmarktpreise sind daher stark gefallen.

Frage: Hilft es Paul langfristig, wenn er weitere fünf Jahre keine Gebühren zahlen muss? Und wer entschädigt Peter, falls er dafür aufkommen muss? Und damit zurück in die USA: Ist es so schwierig einzugestehen, dass sich viele übernommen haben und viele ihnen dabei halfen? Und beide Seiten dafür bluten müssen, besser heute als morgen? Durch Verzicht auf das iPhone oder das teure Haus?

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Aus der FTD vom 10.12.2007
© 2007 Financial Times Deutschland

 

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