Wie die Fed mitteilte, saßen die nichtfinanziellen Sektoren - Privathaushalte, Unternehmen, Staat - in den USA per Ende des dritten Quartals auf Schulden von 30.641 Mrd. $ - bei einem Nationaleinkommen von annualisiert 12.307 Mrd. $. Aufs Jahr hochgerechnet entspricht der Schuldenzuwachs gegenüber dem zweiten Quartal 2671 Mrd. $. Absolut ist das ein neuer Rekordanstieg. Doch prozentual ist der Zuwachs von annualisiert 8,9 Prozent natürlich enttäuschend. Das sind ja gerade mal drei Prozentpunkte mehr als der nominale BIP-Anstieg. Zum Glück sind auch die Schulden des Finanzsektors um 15,6 Prozent gestiegen - auf sicher noch ausbaufähige 15.435 Mrd. $.
Jedenfalls wird die Zinssenkungskampagne der Fed, die kommende Woche fortgesetzt werden wird, durch die Zahlen eindeutig gerechtfertigt. Denn Sorge bereiten vor allem die Privathaushalte, die im dritten Quartal gerade noch mit neuen Schulden von 925 Mrd. $ zugelangt haben - ein mickriger Anstieg von 6,9 Prozent. Die Unternehmen, die inzwischen wieder eine beträchtliche Finanzierungslücke nach Dividenden und Investitionen aufweisen und zudem Aktien zurückkaufen wie wild, haben mit einem Schuldenplus von 1133 Mrd. $ (11,9 Prozent) die Erwartungen schon eher erfüllt, sind aber notorische Wackelkandidaten, auf die die US-Notenbank bei der monetären Überschwemmung im Ernstfall nicht unbedingt zählen kann. Dankenswerterweise steht der Staat in der Not regelmäßig Gewehr bei Fuß. Daher ist dessen Schuldenanstieg von 613 Mrd. $ gewiss noch nicht das letzte Wort.
Gäbe es neben Bankern, die dieses Jahr eventuell einen Rückgang ihres Bonus befürchten müssen, nicht auch wirkliche Opfer der von den Ramschhypotheken ausgegangenen Finanzmarktturbulenzen, könnte man über einige der Absurditäten dieser an Absurditäten nicht armen Periode nur lachen.
Dazu gehören insbesondere die verbalen Kapriolen der Protagonisten dieser Krise - die Chefs der Banken, seien diese private, öffentlich-rechtliche oder zentrale. Viele der im Sommer mit fester Stimme noch vorgebrachten Beschwichtigungen klingen aus heutiger Sicht extrem hilflos. Ganz anders klang am Donnerstag hingegen Fred Goodwin - der Name verpflichtet -, Vorstand der Royal Bank of Scotland (RBS). Nicht ohne Stolz verkündete er, dass das operative Ergebnis der RBS für das laufende Jahr wohl über den Erwartungen der Analysten liegen würde. Nicht schlecht, in diesen Zeiten. Klar, da war noch die fast 1 Mrd. Pfund Abschreibungsbedarf aus dem Ramschhypothekengeschäft, die noch durch weitere 250 Mio. Pfund Abschreibungsbedarf auf gehebelte Kredite und 300 Mio. Pfund Hypothekenbelastung, die die frisch akquirierte ABN Amro mitbringt, ergänzt werden.
Doch halb so wild, Letzteres wird im Zuge der Akquisitionsbuchhaltung gar nicht durch die Gewinn- und Verlustrechnung fließen, und die ersten beiden hat RBS durch nicht weiter erläuterte sonstige Gewinne aus Anlageabgängen kompensiert. Ansonsten stehe RBS auch dank ABN sehr gut da. Nicht nur der Umstand, dass diese zuversichtlichen Einschätzungen just an dem Tag kamen, als die englische Zentralbank gegenüber der Krise einknickte und die Zinsen senkte. Sie zeigt auch wieder dieses bizarre Geschäftsverständnis: Gewinne sind immer operativ und wiederkehrend, Verluste immer außerordentlich. Auch mutet es verwegen an, dass Goodwin immer noch das relativ kleine Hypothekengeschäft und das nicht vorhandene Geschäft mit SIVs als so beruhigend darstellt. Wo doch mittlerweile selbst die Broker festgestellt haben, dass die Kontaminierung weit über diese Geschäftsbereiche hinausgehen wird und das kommende Jahr für jegliche Bank schwerer werden wird.
Optimismus ist Trumpf im Investmentgeschäft. Die meisten Fondsmanager sind überzeugt, dass ihre Strategie überdurchschnittliche Renditen abwirft - mögen die Fakten auch anderes sagen. Die Prognosen sehen fast immer steigende Märkte und Zuflüsse für die Fonds. Einer Studie zufolge hat auch die Kreditkrise die Zuversicht kaum gedämpft.
Optimismus ist eine Sache, Realitätsferne eine andere. In Europa wurden seit August Nettovermögen aus europäischen Investmentfonds herausgezogen. In den USA geben die Privatinvestoren derweil immer mehr Geld in vergleichsweise unrentable Geldmarktfonds. Natürlich ist die Vermögensverwaltung ein weites Feld - einige Bereiche kommen mit erhöhter Risikoscheu besser zurecht als andere. Doch ist sie letztlich ein Fixkostengeschäft. Sinken die Aktienmärkte, können auch Zuflüsse einen Gewinnrückgang kaum verhindern. Die weltweite Verkaufswelle bei börsennotierten Fondsmanagern deutet darauf hin, dass die Anleger genau das befürchten.
Aus der FTD vom 07.12.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD.de
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