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Datum und Zeit: 21.12.2007 - 22:14


18.12.2007    16:35 Uhr Drucken  |  Versenden  |  Kontakt
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Risiko Kaiserschnitt

Wehe die Wehen fehlen

Aus Angst vor der Geburt unterziehen sich Mütter immer häufiger an einem festen Termin einem Kaiserschnitt. Doch diese Geburt führt oft zu Atemproblemen beim Baby.
Von Elke Brüser


vergrößern Ein neugeborenes Baby schreit. Nach einem Kaiserschnitt hat der Nachwuchs häufiger Atemprobleme.
Foto: AP
 

Immer mehr Babys kommen nach Plan auf die Welt. Aus Angst vor der Geburt unterziehen sich ihre Mütter an einem frühzeitig festgelegten Termin einem "Kaiserschnitt auf Wunsch". Doch diese Art, zur Welt zu kommen, hat für die Lungen der Babys mitunter schwerwiegende Folgen - je früher der Termin angesetzt ist, desto mehr. Das berichten dänische Ärzte in der Online-Ausgabe des British Medical Journal.

Die Mediziner vom Universitätskrankenhaus in Aarhus haben das Befinden aller 34000 Babys ermittelt, die an ihrer Klinik zwischen 1998 und 2006 nach 37 bis 41 Schwangerschaftswochen gesund zur Welt kamen. Demnach waren Atemprobleme bei geplanten Kaiserschnitten in der 37. Schwangerschaftswoche viermal so häufig wie bei Babys, die zum gleichen Zeitpunkt auf natürlichem Wege oder per Notkaiserschnitt den Mutterleib verließen.


Zehn von 100 Babys atmeten nach dem geplantem Kaiserschnitt nicht gut - zum Beispiel war ihre Atemfrequenz infolge von Sauerstoffmangel vorübergehend erhöht. Bei Geburten in der 38. Woche waren die Atembeschwerden nach dem geplanten Kaiserschnitt noch dreimal so häufig, in der 39. Woche zweimal: Von hundert auf Termin geholten Kindern atmeten hier zwei schlecht, von den anderen Babys nur eins.

Problem schon länger bekannt

Dass Kinder nach einem Kaiserschnitt stärker zu Atemproblemen neigen, ist schon länger bekannt. Die Gründe dafür sind bis heute nicht völlig geklärt. Wahrscheinlich sind die Lungen bei einer vorzeitigen Geburt noch nicht ausgereift. Zudem scheint der Geburtsstress dem Baby gut zu bekommen; denn nach einem Notkaiserschnitt (der erst nach Einsetzen der Wehen stattfindet) atmen Neugeborene ähnlich gut wie nach einer natürlichen Geburt.

Durch die Wehen würden Hormone ausgeschüttet, die die Wassermenge in den Lungen vermindern, so die dänischen Ärzte. Gleichzeitig werde die Bildung von Surfactant angeregt. Diese Substanz sorgt dafür, dass sich die Lungenbläschen weiten können.

In Deutschland kommt bereits jedes dritte Neugeborene operativ zur Welt. Die meisten Kinder werden zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin geholt, um die Belastung des mütterlichen Gewebes durch das Gewicht des Ungeborenen zu mindern. Doch dies geht offenbar auf Kosten der kindlichen Atemfunktion.

(SZ vom 19.12.2007/mcs)


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