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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Kolumbien

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Länderstatistik
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Länderstatistik

Kolumbien,

Fläche 1 141 748 km2
Einwohner (2005) 46,039 Mio.
Hauptstadt Bogotá
Verwaltungsgliederung 32 Departamento und der Hauptstadtdistrikt
Amtsprache Spanisch
Nationalfeiertag 20. 7.
Währung 1 Kolumbianischer Peso (kol$) = 100 Centavo (c, cvs)
Zeitzone MEZ − 6 Stunden

amtlich spanisch República de Colombia, Staat im Nordwesten Südamerikas, grenzt im Westen an den Pazifik, im Nordwesten an Panama, im Norden an das Karibische Meer, im Nordosten und Osten an Venezuela, im Südosten an Brasilien, im Süden an Peru und Ecuador. Zu Kolumbien gehören auch die rund 200 km vor der Küste Nicaraguas liegenden Inseln Isla de San Andrés, Isla de Providencia und Cayos de Albuquerque, die zusammen ein Departamento bilden, sowie die 2 km2 große unbewohnte Pazifikinsel Malpelo.

Inhaltsverzeichnis

S T A A T · R E C H T

Nach der Verfassung vom 6. 7. 1991 (letzte Änderung 2004) ist Kolumbien eine präsidiale Republik. Staatsoberhaupt, Regierungschef und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist der auf 4 Jahre direkt gewählte Präsident (einmalige Wiederwahl möglich). Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament (Legislaturperiode 4 Jahre), bestehend aus Senat (102 Mitglieder, davon 2 indianische Einheimische) und Abgeordnetenhaus (165 Abgeordnete, davon 4 für ethnische Minderheiten und Auslandskolumbianer reserviert). Die Verfassung fixiert auch plebiszitäre Elemente (Volksbefragungen, Referenden). – Einflussreichste Parteien: Liberale Partei (PLC), Konservative Partei (PCC), Bewegung für einen radikalen Wechsel (CR), Bewegung der liberalen Öffnung (AL), Bewegung des nationalen Erhalts (MNC) sowie das Kleinparteienbündnis »Coalición«.

L A N D E S N A T U R · B E V Ö L K E R U N G

Landesnatur:

Kernraum des Staates sind die Anden, die sich im Süden (Gebirgsknoten: Nudo de Pasto) in drei Gebirgsketten teilen: in die Ostkordillere (Nevado del Cocuy, 5 493 m über dem Meeresspiegel) mit ausgedehnten Hochbecken (u. a. Sabana de Bogotá) in 2 500–2 800 m über dem Meeresspiegel, die Zentralkordillere mit jungen, zum Teil tätigen Vulkanen (Nevado del Huila, 5 500 m über dem Meeresspiegel, Nevado del Tolima, 5 215 m über dem Meeresspiegel, Nevado del Ruiz, 5 400 m über dem Meeresspiegel) und die Westkordillere (Cumbal, 4 764 m über dem Meeresspiegel). Den tiefen Talfurchen (Grabenbrüchen) zwischen den Gebirgszügen folgen die Hauptströme (Río Magdalena, Río Cauca, Río Atrato) zum Karibischen Meer. Den Osten und Südosten Kolumbiens nehmen Tiefländer ein, mit Feuchtsavannen (Llanos) im Norden, tropischem Regenwald im Süden. Aus dem Tiefland an der karibischen Küste erhebt sich der isolierte Gebirgsstock der Sierra Nevada de Santa Marta mit der höchsten Erhebung des Landes (Pico Cristóbal Colón, 5 775 m über dem Meeresspiegel); im Nordwesten des pazifischen Küstentieflands die Küstenkordillere (bis 1 810 m über dem Meeresspiegel). Das Klima ist tropisch; wesentliche Temperaturunterschiede ergeben sich durch die Höhenstufung (Tierra); Schneegrenze bei 4 600 bis 4 800 m über dem Meeresspiegel. Hohe Niederschläge erhalten die pazifische Küstenebene, die Westabdachung der Westkordillere und das südöstliche amazonische Tiefland; besonders trocken das nordöstliche Küstentiefland. Die Bevölkerung lebt v. a. in der Tierra fría (etwa 2 000–2 800 m über dem Meeresspiegel).

Bevölkerung:

Überwiegend Mischlinge (über 50 % Mestizen, knapp 15 % Mulatten), rd. 20 % Weiße, 5 % Schwarze (v. a. im pazifischen Küstentiefland), 3 % Zambos (Nachkommen von Schwarzen und Indianern) und weniger als 2 % Indianer (v. a. Península de Guajira, östliches und pazifisches Tiefland, Westkordillere). Kolumbien ist nach Brasilien und Mexiko das bevölkerungsreichste Land Lateinamerikas. Rund drei Viertel der Einwohner leben im andinen Bereich, fast ein Viertel davon in und um Bogotá; die Tiefländer im Osten sind fast menschenleer (auf 53 % der Landesfläche nur 4 % der Bevölkerung). Über drei Viertel der Bevölkerung leben in Städten, oft über 50 % der Bewohner in inner- und randstädtischen Elendsvierteln (Tugurios). Die Zuwachsrate der Bevölkerung ist rückläufig (1,7 %/Jahr). – Über 95 % der Bevölkerung sind Christen (ganz überwiegend [rund 90 %] Katholiken). Die jüdische Gemeinschaft zählt rund 5 000 Mitglieder. Unter den Indianern haben sich traditionelle indianische Religionen erhalten. – Es besteht allgemeine Schulpflicht im Alter von 6 bis 15 Jahren; dieser vorgeschaltet ist eine einjährige obligatorische Vorschule. Die Alphabetisierungsrate beträgt (2004) rd. 92 %. Der Hochschulbereich umfasst staatliche und private Universitäten, technologische Institute und technische Hochschulen. Die größte Universität ist die Universidad Nacional de Colombia (gegründet 1867) in Bogotá.

W I R T S C H A F T · V E R K E H R

Wirtschaft:

Nach seinem Bruttonationaleinkommen (BNE) je Einwohner zählt Kolumbien innerhalb Lateinamerikas zu den Ländern mittleren ökonomischen Entwicklungsniveaus. Die Wirtschaftsstruktur des Landes hat sich seit Beginn der Industrialisierung erheblich verändert. Die Bedeutung der Landwirtschaft ist stetig gesunken, während Industrie und insbesondere der Dienstleistungssektor ihren Anteil sowohl am Bruttoinlandsprodukt (BIP) als auch an den Beschäftigten deutlich steigern konnten. – Die Landwirtschaft beschäftigt rund 22 % aller Erwerbstätigen. Etwa 40 % der Gesamtfläche werden landwirtschaftlich genutzt. Wichtigstes Markterzeugnis ist Kaffee, der in Höhen zwischen 600 und 1 600 m über dem Meeresspiegel v. a. in Klein- und Kleinstbetrieben angebaut wird; rund 83 % der Ernte werden exportiert. Kolumbien erzeugt 9 % der Weltproduktion. Neben Kaffee bauen die Kleinbetriebe Kartoffeln, Getreide, Hülsenfrüchte, Obst und Gemüse zur Selbstversorgung und lokalen Marktbelieferung an, während in Mittel- und Großbetrieben Baumwolle, Zuckerrohr, Bananen, Tabak, Reis, auch Erdbeeren, Weintrauben, Spargel und seit 1974 Schnittblumen für den Export produziert werden. Große Bedeutung haben illegale Produktion und Handel mit Marihuana und Kokain (v. a. aus peruanischem und bolivianischem Rohmaterial), deren Umsatz wahrscheinlich den Wert der legalen Exporte Kolumbiens übertrifft. Die Kokainkartelle von Medellín und Cali haben großen Einfluss in Wirtschaft, Politik und Verwaltung gewonnen. Neben bedeutenden Erdöl- und Erdgaslagerstätten besitzt Kolumbien die größten Steinkohlevorkommen Lateinamerikas (besonders auf der Halbinsel La Guajira, Abbau v. a. für den Export). Weiterhin wichtig sind die Vorkommen an Edelmetallen (Gold, Silber, Platin), Smaragden (weltweit führender Produzent), Eisen-, Nickel-, Kupfererzen und Steinsalz. Die Industrie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ausgebaut und weist seit Jahren eine wachsende Produktion auf. Hauptindustriezweige sind die Nahrungsmittel-, Textil- und chemische Industrie. Der Fremdenverkehr ist durch die Guerillatätigkeit beeinträchtigt. Hauptanziehungspunkte sind die Karibikküste (einschließlich Isla San Andrés), die präkolumbischen Stätten im Hochland sowie die Städte Bogotá und Cartagena. Exportiert werden v. a. Industrieerzeugnisse, Erdöl und -produkte, Kohle und Kaffee. Haupthandelspartner sind die USA, Venezuela und Deutschland.

Verkehr:

Wegen der geografischen Bedingungen hat der Luftverkehr große Bedeutung. Die Eisenbahn verfügt über Strecken von rd. 3 300 km, die aber nur teilweise genutzt werden; die Beförderungsleistung ist stark rückläufig. Straßenlänge: 110 000 km (davon 26 000 km asphaltiert), zum Teil als Carretera Panamericana. Wichtigste Binnenwasserstraße ist der Río Magdalena (rund 1 500 km schiffbar). Wichtigste Seehäfen sind Buenaventura (rund 50 % aller Ein- und Ausfuhren) am Pazifik, Santa Marta, Barranquilla und Cartagena sowie Puerto Bolívar (Kohle) an der Karibik; internationale Flughäfen in Bogotá, Medellín, Cali, Barranquilla, Cartagena und auf der Isla San Andrés.

G E S C H I C H T E

1499 bis 19. Jahrhundert: Die Küste Kolumbiens wurde 1499 durch A. de Hojeda und A. Vespucci entdeckt. 1536–39 unterwarf G. Jiménez de Quesada die kleinen Reiche der Muisca und begründete das Generalkapitanat Neugranada. Es wurde 1739 ein Vizekönigreich, das die heutigen Staaten Kolumbien, Ecuador, Panama und Venezuela umfasste. Das Land lieferte v. a. Gold nach Spanien. Die spanische Herrschaft wurde im Unabhängigkeitskampf 1810–19 unter der Führung S. Bolívars beseitigt; er gründete die Republik Großkolumbien (etwa identisch mit Neugranada). 1829/30 zerfiel dieser Staat in die Republiken Kolumbien, Ecuador und Venezuela. Nach der Präsidentschaft F. Santanders (1833–37) folgten Jahrzehnte der Instabilität und der Kämpfe um eine zentralistische oder föderalistische Staatsform. 1886 wurde durch eine Verfassung der Einheitsstaat wiederhergestellt, doch mündeten Spannungen zwischen Liberalen und Konservativen in einen Bürgerkrieg (1899–1901). Anfang 20. Jahrhundert bis 70er-Jahre: Da Kolumbien den Bau des Panamakanals ablehnte, erklärte die Provinz Panama 1903 auf Drängen der USA ihre Unabhängigkeit. Nach jahrzehntelanger konservativer Herrschaft übernahmen 1930 die Liberalen die Regierung. Sie leiteten wirtschaftliche und soziale Reformen ein, aber die Spaltung der Partei brachte den Konservativen 1946 die Macht zurück. Die sozialen Konflikte eskalierten 1948 in einen Bürgerkrieg, der bis 1958 200 000 Opfer forderte. Nach einem Militärputsch einigten sich im Dezember 1957 Liberale und Konservative in einer »Nationalen Front« (FTN), die die Macht paritätisch verteilte; die Präsidenten wurden im Wechsel gestellt. 1974 löste sich die FTN auf; bei den ersten freien Präsidentschaftswahlen siegte der Liberale A. López Michelsen. Die weiterhin ungelösten wirtschaftlichen und sozialen Probleme führten ab 1975 wieder zu Unruhen, die durch spektakuläre Aktionen der Stadtguerilla und harte Polizeigewalt verstärkt wurden. 80er- und 90er-Jahre: Der 1982 zum Präsidenten gewählte Konservative B. Betancur Cuartas drängte den Einfluss des Militärs vorübergehend zurück. Seine Suche nach einem Ausgleich mit den Guerillaorganisationen scheiterte. Zunehmend war auch die internationale Drogenmafia in die Auseinandersetzungen verwickelt. Der liberale Präsident V. Barco (1986–90) bekämpfte sie zwar, auch mithilfe der USA, doch eskalierte der Terror im Präsidentschaftswahlkampf 1989/90, bei dem drei Kandidaten ermordet wurden. Präsident C. Gaviria Trujillo (PL; 1990–94) und sein Nachfolger, E. Samper Pisano (PL; 1994–98), bemühten sich, das Land zu befrieden und die Drogenkartelle zurückzudrängen. Die Verfassung von 1991, die eine umfangreiche Justizreform einschließt, sollte die Voraussetzungen dafür schaffen, doch blieb das öffentliche Leben von brutalen Auseinandersetzungen zwischen Guerilla, Drogenkartellen und Staatsgewalt bestimmt. Seit 1995 waren das innenpolitische Klima und die Beziehungen zu den USA schwer belastet, da dem Präsidenten vorgeworfen wurde, seinen Wahlkampf aus Gewinnen des Drogengeschäfts finanziert zu haben. Der 1998 gewählte Präsident A. Pastrana Arango (PC) verstärkte die Anstrengungen um die Befriedung des Landes (Einrichtung einer entmilitarisierten Zone, Verhandlungen mit den großen Guerillaorganisationen, auch unter Einbeziehung europäischer Länder). So konnten sich schließlich im Januar 2002 die Regierung und die größte Guerillaorganisation FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) auf ein Waffenstillstandsabkommen einigen, das ursprünglich bis zum 7. 4. 2002 unterzeichnet werden sollte. Nach zahlreichen Attentaten und Anschlägen der FARC und schließlich der Entführung eines Passagierflugzeugs durch mutmaßliche FARC-Rebellen erklärte Präsident Pastrana Arango am 20. 2. 2002 den Friedensprozess für gescheitert. Zugleich wurde die im Süden des Landes den FARC überlassene neutrale Zone von Regierungstruppen militärisch besetzt. Die zu den AUC (Autodefensas Unidas de Colombia) zusammengefassten paramilitärischen Gruppen versuchten durch eine Eskalation der Gewalt, die Regierung zu Verhandlungen zu zwingen. Dies gelang erst nach der Wahl von Á. Uribe Vélez (PLC, aber als unabhängiger Kandidat angetreten) im Mai 2002 (Wiederwahl 2006). Seit 2003 führt die Regierung mit den Paramilitärs Gespräche über deren Demobilisierung, wofür bisher kein rechtlicher Rahmen existiert. Der Krieg und das hohe Gewaltniveau haben über 200 000 Menschenleben gekostet und mehr als 2 Mio. Menschen zur Flucht gezwungen.

Sekundärliteratur: J. Pearce: Kolumbien. Im Innern des Labyrinths (aus dem Englischen, 1992); Politische Gewalt in Kolumbien. Mythos u. Wirklichkeit, hg. v. Amnesty International (aus dem Englischen, 1994); G: Dilger: Kolumbien (1996); Kolumbien heute. Politik, Wirtschaft, Kultur, hg. v. W. Altmann u. a. (1997); O. Diehl u. L. Helfrich-Bernal: Kolumbien im Fokus (2001); P. Pollard: Colombia handbook (Bath 22001).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

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