Serbien ruft Botschafter aus Berlin zurück

Der serbische Außenminister Vuk Jeremic hat angekündigt, "noch heute" seinen Botschafter aus Deutschland zurückzurufen. Damit straft Belgrad Deutschland für die Anerkennung des Kosovo ab.

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"Serbien wird heute auch den serbischen Botschafter aus Österreich zurückrufen", sagte Jeremic am Mittwoch in Straßburg im Europarat. Zuvor hatte Belgrad unter anderem bereits die Botschafter aus Washington und Paris abgezogen. Serbien werde mit "allen diplomatischen, rechtlichen und ökonomischen Mitteln die einseitige und illegale Trennung des Kosovos bekämpfen", sagte der Außenminister. Den Überfall von Kosovo-Serben auf zwei Uno-Kontrollpunkte am Dienstag verurteilte Jeremic. Er sei gegen Gewaltanwendung, und dies sei ein höchst bedauerlicher Vorfall. Jeremic wollte am Nachmittag mit dem Auswärtigen Ausschuss des EU-Parlaments zusammentreffen, um über die Folgen der Unabhängigkeit des Kosovo zu beraten.

Das Bundeskabinett hatte das Kosovo am Mittwochmorgen als Staat anerkannt. Es erfolge ein einseitiger Rechtsakt durch das Schreiben von Bundespräsident Horst Köhler an das Staatsoberhaupt des neuen Staates, teilte die Bundesregierung mit. Im Fall des Kosovo geht es an Fatmir Sejdiu. Ungeachtet von Protesten aus Belgrad und auch aus Moskau haben bislang vier Staaten die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt. Frankreich, die USA, die Türkei und Afghanistan vollzogen diesen Schritt als erste. Auch Großbritannien hatte bereits bekannt gegeben, das Kosovo als unabhängigen Staat anerkennen zu wollen.

Nach den schweren Ausschreitungen im Norden der ehemaligen serbischen Provinz befürworteten die meisten serbischen Zeitungen am Mittwoch die Gewalt. "Die Serben haben ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen: Aufstand!", titelte die Zeitung "Press" in Belgrad. "Es gibt keine Grenze (zwischen Kosovo und Serbien) mehr", schrieb die größte serbische Zeitung "Novosti". "Der Norden brennt" titelte die Zeitung "Alo" und berichtete, alle serbischen Polizisten hätten den Kosovo-Behörden den Rücken gekehrt und sich der Polizei in der "Mutterrepublik" Serbien unterstellt.

Serbische Kosovo-Minister befürwortet Zerstörungen

Nach den gewaltsamen Protesten haben Polizisten an einer ausgebrannten Grenzstation aufgeräumt
 Nach den gewaltsamen Protesten haben Polizisten an einer ausgebrannten Grenzstation aufgeräumt

Hunderte Serben hatten am Vortag die von der Uno-Kosovo-Verwaltung (Unmik) betriebenen Grenzübergänge Jarinje und Zubin Potok demoliert und dann in Brand gesteckt. Die Unmik hatte alle albanischen Polizisten aus Sicherheitsgründen abgezogen. Stattdessen bezog die internationale Schutztruppe Kfor Stellung.

Diplomaten zufolge sollen die Gewaltausbrüche in Pristina offenbar die Teilung des erst am vergangenen Sonntag ausgerufenen neuen Kosovo-Staates vorantreiben. Es geht in Nordkosovo um eine Fläche von rund 2400 Quadratkilometern. Dort leben rund 50.000 Serben in kompakten Siedlungsgebieten. Das Gebiet macht etwa 22 Prozent des gesamten Staatsgebietes aus.

Der serbische Kosovo-Minister Slobodan Samardzic hatte am Vorabend in einem Fernsehsender gesagt, die Zerstörung der Grenzübergänge sei im Einklang mit der Politik seiner Regierung. "Ich denke, das ist legitim. Vielleicht ist es nicht schön, aber es ist doch legitim."

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FTD.de, 20.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP

 

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