Finanzexperten und Buchhalter werden überall in Australien händeringend gesucht, landesweit sind mehrere Tausend Stellen vakant. Das Angebot an Absolventen deckt schon lange nicht mehr die Nachfrage. Die Griffith University in Queensland hat darauf reagiert und die Studiendauer von drei auf zwei Jahre verkürzt.
Bei Studenten kommt das gut an, obwohl die Zeitersparnis vor allem durch eine radikale Kürzung der Semesterferien zustande kommt. "Wir haben die Studentenzahl im Fach Finanzplanung und Handel auf 100 verdoppelt, obwohl wir nur vier Monate Zeit hatten, den Kurs zu bewerben", sagte Mark Brimble, Direktor des Centre for Financial Independence and Education. Immerhin können die Studenten durch die Verkürzung 12.000 australische Dollar (rund 7000 Euro) an Studiengebühren sparen. "Zudem wollen viele die gute Arbeitsmarktlage ausnutzen und so schnell wie möglich zu einem Abschluss kommen", sagte Brimble. Die Einstiegsgehälter für Buchhalter liegen durch den Fachkräftemangel mit 70.000 australischen Dollar (rund 41.000 Euro) fast 30 Prozent über dem Durchschnittslohn. Firmen kommen an die Hochschulen und buhlen dort um jeden Absolventen.
Die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften zieht sich durch die gesamte australische Wirtschaft. Ein seit 17 Jahren andauernder Aufschwung und sinkende Investitionen in Bildung haben ihre Spuren am Arbeitsmarkt hinterlassen. Die Arbeitslosenquote liegt bei knapp über vier Prozent, in vielen Bereichen ist der Arbeitsmarkt völlig leer gefegt. Ob Ingenieure, Ärzte, Finanzplaner oder Handwerker, allseits wird nach gut ausgebildetem Personal gesucht.
Die Unis schnüren deshalb neue Angebote. Die Zahl der Abend-, Wochenend- oder Ferienkurse steigt, damit Arbeitnehmer nicht aus dem Job aussteigen müssen, um sich zu qualifizieren. Die Zulassungszahlen an den auf Onlinestudiengänge spezialisierten Open Universities liegen um ein Viertel über dem Vorjahr.
Griffith ist nur eine von vielen australischen Universitäten, die mit einer Komprimierung der Studienzeiten auf den Fachkräftemangel reagieren. Auch am Fachbereich Medizin der University of New South Wales können Studenten in den Spezialisierungsgebieten Radiologie und Pathologie ihr Studium um ein Jahr verkürzen - mit Zusatztutorien am Nachmittag und mehr praktischen Stunden im Labor.
Die RMIT University in Melbourne bietet "beschleunigte" Zweijahreskurse in einer ganzen Reihe von Ingenieursfächern an. Der Lehrplan wurde dazu entrümpelt und stärker auf praktische Inhalte fokussiert.
"Die Hochschulen müssen überdenken, welche Qualifikationen benötigt werden, wie man diese erhält und wer sie erhält", sagte Margaret Gardner, Vizekanzlerin der RMIT. So werden an der RMIT einige Studenten nach zwei Jahren mit einem Abschluss in die Berufswelt entlassen, andere hängen noch ein Jahr dran. Auch in Queensland gibt es weiterhin den dreijährigen Bachelor für Finanzplanung, bei ihm vermittelt die Uni Praktika im dritten Jahr - bezahlt. Darauf wird im Internet extra hingewiesen: "Sie lernen die Industrie kennen, während Sie schon Ihr erstes Gehalt bekommen."
Bei Studenten stoßen solche Angebote und die neuen Blitzstudiengänge auf positive Resonanz, wie die Hochschulen berichten. Doch es gibt es auch Kritik. Skeptiker bezweifeln, dass sich ein Dreijahreskurs ohne Qualitätseinbußen auf zwei Jahre verkürzen lässt. "Der Undergraduate-Abschluss ist die Grundlage einer akademischen Ausbildung", sagte etwa Alan Robson, Vizekanzler der University of Western Australia. "Die Verkürzung beeinflusst die Fähigkeit zu lernen." Das selbstständige Denken und wissenschaftliche Arbeiten komme zu kurz.
Noch gibt es keine Untersuchungen über den Erfolg der Turboabschlüsse. Eine Studie aus Großbritannien, wo es ebenfalls verkürzte Studiengänge gibt, kommt allerdings zu dem Ergebnis, dass Schnellkurse nur für ältere Studierende geeignet sind, die bereits eigenständig arbeiten können.
FTD.de, 21.03.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: Bloomberg
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