FTD-SERIE Das Bankenbeben

Die Finanzkrise verändert die weltweite Bankenlandschaft rasant. Pleiten, Fusionen, Ausverkäufe - die Finanzwelt wird von einem Beben erschüttert, bei dem kaum ein Stein auf dem anderen bleibt.


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Quartalsbericht

Goldman erleidet 2 Milliarden Dollar Verlust

von Tobias Bayer (Frankfurt)

2008 war ein Katastrophenjahr für die Wall Street. Jetzt gewährte Goldman Sachs Einblick in die Bücher - und erlitt mit einem Minus von 4,97 $ je Aktie den ersten Verlust als börsennotiertes Unternehmen. Am Mittwoch folgt nun Morgan Stanley.

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Zeitenwechsel an der Wall Street. Dreizehnmal in Folge hatte Goldman Sachs die Konsensprognose geschlagen. Doch am Dienstag riss die Erfolgsserie und das New Yorker Unternehmen musste zum ersten Mal seit der Börsennotierung 1999 einen Fehlbetrag ausweisen.

Das Finanzinstitut erlitt im vierten Quartal einen Verlust von 4,97 $ je Aktie oder 2,12 Mrd. $. Analysten hatten im Durchschnitt ein Minus von 3,5 $ je Aktie erwartet. Im Vorjahresquartal hatte das Finanzinstitut noch 3,22 Mrd. $ Gewinn erzielt. Die Ratingagentur Moody's stufte die Bonitätsnote herab. "Die Ergebnisse im vierten Quartal illustrieren das außerordentlich schwierige Marktumfeld. Jede Vermögensklasse erlitt im vierten Quartal Verluste", sagte Lloyd Blankfein, Vorstandschef von Goldman Sachs. Die Goldman-Aktie legte trotzdem zu und kletterte in der Spitze um 8,3 Prozent.

Hauptverantwortlich für die roten Zahlen waren Abschreibungen auf eigene Beteiligungen in Höhe von 3,6 Mrd. $. Das beinhaltet Wertberichtigungen auf Engagements bei notleidenden Unternehmen von 2 Mrd. $, auf das Immobilienkreditportfolio von 961 Mio. $ und auf den zehnprozentigen Anteil an der Industrial & Commercial Bank of China (ICBC) von 631 Mio. $.

Um sich gegen Schwankungen an den Märkten zu sichern und das Vertrauen der Investoren zu stärken, erhöhte das Finanzinstitut im vierten Quartal das Kapital. Die Kernkapitalquote legte so von 11,6 auf 15,6 Prozent zu. Gleichzeitig wurde die Bilanz verkürzt und die Verschuldung von einem Faktor 23,7 auf 13 gesenkt. Die Vermögenswerte schrumpften um 18 Prozent auf 885 Mrd. $. Auch der Bestand an schwer zu bewertenen Papieren - Level-III-Assets genannt - ging von 68 auf 66 Mrd. $ leicht zurück.

Ende der traditionellen Investmentbanken

"Die Finanzmärkte waren im November sehr turbulent. Da die Banken gleichzeitig ihre Verschuldung zurückgefahren haben, ist mit größeren Verlusten zu rechnen als ursprünglich gedacht", hatte Guy Moszkowski, Bankanalyst bei Merrill Lynch, vor Veröffentlichung der Zahlen gesagt. Moszkowski hatte seine Prognosen für Goldman zuletzt von minus 0,49 $ je Aktie auf minus 2,97 $, für Morgan Stanley von 0,36 $ auf minus 0,35 $ korrigiert. Morgan Stanley gibt am Mittwoch Einblick in die Bücher. Hier erwarten die Experten einen Fehlbetrag von 19 Cent je Antteilsschein.

Goldman Sachs und Morgan Stanley gaben im Zuge der Finanzkrise ihren Status als Investmentbank auf und wandelten sich in eine reguläre Bankholding um. Grund dafür war die stockende Refinanzierung über den Kapitalmarkt, die bereits Lehman Brothers Mitte September in die Insolvenz schlittern ließ. Als Bankholding haben Goldman Sachs und Morgan Stanley Zugang zu Krediten der Notenbank, werden aber im Gegenzug auch stärker kontrolliert.

Einher geht die neue Rechtsform auch mit schärferen Kapitalauflagen, was dazu führte, dass die Banken ihre Verschuldung senken mussten. Im dritten Quartal dampften Goldman und Morgan Stanley ihre Bilanz um 9 beziehungsweise 17 Prozent ein. Gleichzeitig stärkten die Wall-Street-Häuser ihre Kapitalbasis. Während Goldman Sachs sich an den legendären Investor Warren Buffett wandte, stieg bei Morgan Stanley die japanische Bank Mitsubishi UFJ Financial Group ein. Zudem erhielten beide Finanzinstitute 10 Mrd. $ aus dem Rettungsfonds der Regierung.

Radikaler Wandel an der Wall Street

Kursinformationen + Charts

76,00 USD 14,35 % [9,54]
Chart
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"Das ist ein radikalerer Wandel als in den 30er-Jahren", sagte David Dreman, Präsident der Vermögensverwaltung Dreman Value Management. "Momentan herrscht kein geeignetes Umfeld für Risiko. Das bedeutet, dass die Wall Street auf absehbare Zeit Probleme haben wird."

Für die Aktionäre ist die Kombination aus schleppenden Erträgen, geringerer Verschuldung und Kapitalerhöhung keine gute Nachricht: Sie müssen eine geringe Eigenkapitalrendite in Kauf nehmen. Im Fall von Goldman Sachs fiel die Rendite im Gesamtjahr 2008 auf 4,9 Prozent von 32,7 Prozent im Jahr zuvor.

Seit dem Lehman-Zusammenbruch Mitte September büßten Papiere von Goldman Sachs und Morgan Stanley 47,3 Prozent und 56 Prozent ein. Zum Vergleich: Der Amex-Broker-Dealer-Index verlor über den gleichen Zeitraum 40,1 Prozent, der S&P-Financials-Index; 37 Prozent.

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FTD.de, 16.12.2008
© 2008 Financial Times Deutschland

 

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