FTD-SERIE Kopf des Tages

Die Macher hinter den News: Porträts von Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft.


Diese Serie als RSS-Feed abonnieren FTD-Serie als RSS-Feed

Kopf des Tages

John Elkann - Stunde des Jägers

von Andre Tauber

Unter dem Agnelli-Erben John Elkann findet Fiat wieder zur alten Größe zurück. Der 32-Jährige tritt mit dem Einstieg bei Chrysler auch aus dem Schatten seines Großvaters, des Familienpatriarchen Gianni Agnelli.

ZUM THEMA

John Elkann spielt nervös an seinem Blackberry, als er in der Familienresidenz in Turin sitzt. Es ist Donnerstagabend. Regelmäßig erhält der Agnelli-Erbe und bestimmende Fiat-Aktionär Textnachrichten von Fiat-Chef Sergio Marchionne. Der hat vor zwei Stunden den Vertrag über den Einstieg bei Chrysler unterschrieben. Doch ob US-Präsident Barack Obama die Ehe in der gewünschten Form bestätigt, ist unklar. Elkann wartet auf die Liveübertragung. Gegen 18 Uhr Turiner Zeit wird klar: Fiat darf Chrysler übernehmen.

Damit erfüllt sich ein lang gehegter Traum seines Großvaters, des langjährigen Familienpatriarchen Gianni Agnelli. Der träumte von einer Rückkehr des Konzerns in die USA, den Markt, den Fiat in den 80er-Jahren auf Raten verlassen musste. Einst war es Agnelli selbst, der über einen möglichen Kauf von Chrysler sprach. Später schloss er eine Partnerschaft mit dem Detroiter Konzern General Motors, in der Fiat die Rolle des Juniorpartners zuteilwurde. Letztendlich zog sich Fiat aber doch wieder zurück.

Nun sind die Italiener stolz darauf, dass Fiat vom US-Präsidenten als Retter gefeiert wurde. Politiker überschlagen sich mit Lobeshymnen. Fiat - so scheint es - eröffnet sich ein neues Kapitel. Und die Agnelli-Familie findet zurück ins Zentrum des italienischen Industriesystems.

John Elkann, der Enkel des Fiat-Patriarchen Gianni Agnelli
 John Elkann, der Enkel des Fiat-Patriarchen Gianni Agnelli

Elkann tritt mit dem Chrysler-Deal aus dem Schatten seines Großvaters heraus. Bislang stand der 33-Jährige zumeist im Hintergrund.

Zum Kronprinzen wird Elkann, als sein Cousin Giovanni Alberto an Magenkrebs stirbt. Eigentlich soll sich Elkann damals langsam einarbeiten. Doch es kommt anders. Anderthalb Jahre nach dem Tod Gianni Agnellis im Jahr 2003 stirbt sein Onkel Umberto. Der damals 28-jährige Elkann wird Chef der Familienholding. Und das mitten in einer Krise, die Fiat an den Rand der Pleite bringt.

Doch der Erbe macht alles richtig. Er ruft Marchionne sowie Ferrari-Chef Luca Cordero di Montezemolo zusammen. Ihnen überträgt er die Führung. Marchionne trimmt Fiat auf Effizienz. Montezemolo repräsentiert. "Sie haben uns geglaubt, und sie glauben weiter an uns", sagt Montezemolo über Elkann und die Agnelli-Erben. Er weiß: Das ist der Schlüssel zum Erfolg.

Elkann nutzt den Freiraum, um das Agnelli-Reich neu zu organisieren. Die Erben halten Beteiligungen nicht nur an Fiat, sondern auch an Banken, Immobilien und dem Fußballklub Juventus Turin. Vor wenigen Monaten bündelt Elkann die Beteiligungen durch eine Fusion in der neuen Holding Exor. Es war ein lange geplanter Schritt. Analysten zufolge stärkt er Elkanns Einfluss.

Trotz der Euphorie und der Familientradition hat Elkann ein pragmatisches Verhältnis zu Fiat. Er arbeitet daran, die Investitionen der Agnellis breiter zu streuen. Und er schließt nicht aus, dass die Familie zu einem kleineren Aktionär werden könnte, wenn dadurch die Gruppe größer wird. Dass bei einer solchen Entscheidung Marchionne sein Vertrauen hat, darin besteht indes kein Zweifel.

Kursinformationen

Name Aktuell
% abs.
FIAT S.P.A. AZIONI N.. 8,25 EUR 12,40 % 0,91
Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

 

Aus der FTD vom 04.05.2009
© 2009 Financial Times Deutschland, © Illustration: reuters, FTD.de

 
Ein Jahr lang begleitet FTD.de die Gewinner der Gründungsinitative enable2start 2008 und berichtet täglich über Erfolge, Rückschläge und Überraschungen. mehr
Finden Sie herausragende Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik. mehr

 Nachrichten 

Kopf des Tages

Der 62-Jährige machte die Bank of America zum größten Geldhaus der Welt. mehr

Wehmut und Heiterkeit

In Potsdam feiert das Bahn-Management den scheidenden Chef Mehdorn - und zelebriert dabei auch den eigenen Untergang. mehr

Aufruhr bei Bank of America

Die Aktionäre des angeschlagenen Instituts verjagten den Manager vom Posten des Chairman. mehr

Kopf des Tages

Vor einem Jahr stieg der Manager zum Edeka-Chef auf - und hielt eine Rede über Anstand, Macht und Moral. mehr

Streit über EU-Kandidaten

Lario Berlusconi ist nicht gut auf ihren Mann zu sprechen - sie wettert gegen die Kandidatinnen für die Europawahl. mehr

Société Générale

Nach heftiger Kritik tritt Daniel Bouton zurück und zieht damit die Konsequenzen aus den Verlusten der Société Générale. mehr

Notenbanker in Not

Der US-Notenbankchef startet er eine Werbeoffensive der besonderen Art - auch, um seinen Job zu retten. mehr

Kopf des Tages

Die Chefin der Weltgesundheitsorganisation WHO greift in der Regel radikal durch - so auch bei derzeitigen Grippeepidemie. mehr

Verdacht auf Finanzmanipulation

Er sieht sich als Opfer einer Verschwörung: Robert Schrödel befürchtet, dass eine Heuschrecke sein Unternehmen schlucken will. mehr

Kopf des Tages

Nach der Klinsmann-Entlassung kann der Trainer noch mal beweisen, was er kann - als Kurzzeitcoach der Münchner. mehr

Kopf des Tages

Die Opel-Übernahme wäre für den Milliardär und Magna-Gründer die Krönung seines Erfolgs. mehr

Porsche-Chef vor Ablösung?

Laut „Spiegel“ soll der Starmanager bald abberufen werden. Doch Porsche dementiert. Und poltert: Das ist Rufschädigung! mehr

Mehr News aus Who's who

Who's who als