Wehmut und Heiterkeit

Abschied des Bahn-Napoleon

von Leo Klimm und Dirk Burmester

In Potsdam feiert das Bahn-Management den scheidenden Chef Hartmut Mehdorn. Dabei zelebriert der Machtapparat auch den eigenen Untergang.

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Die Präsente sind nicht sonderlich einfallsreich, aber gerührt ist er doch. Zum Abschied bekommt Hartmut Mehdorn unter anderem ein paar Bremsklötze überreicht. Der Bahn-Chef lässt sich noch einmal feiern, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, nur die wichtigsten Mitarbeiter sind dabei.

Im Kaiserbahnhof am Schlosspark Sanssouci in Potsdam fehlt an diesem Dienstagabend von den Wichtigen nur einer: Rüdiger Grube, der neue Chef. Auch er hätte Grund, dem Vorgänger vor versammelter Mannschaft zu danken, denn zu seiner Berufung hatte Mehdorn wesentlich beigetragen. Es heißt, Grube habe dem scheidenden Vorstandsvorsitzenden nicht die Schau stehlen wollen. Ebenso plausibel ist, dass Grube gar nicht erst Nähe zu manch belasteter Führungskraft zulassen will.

Hartmut Mehdorn
 Hartmut Mehdorn

Zum letzten Mal scharen sich jene, die seine Macht mit teils dubiosen Mitteln absicherten, um den alten Vorstandsvorsitzenden. Einige ahnen, dass die Affäre um heimliche Massenkontrollen und illegale Bespitzelung von Mitarbeitern auch ihren Karrieren noch ein Ende setzen könnte.

Auch Margret Suckale ist gekommen, um Lebewohl zu sagen. Kurz zuvor saß die Bahn-Vorstandsfrau noch auf einer Hamburger Konferenz über das Kartellrecht, wo sie sich "aus einem sehr traurigen Grund" von den übrigen Teilnehmern verabschiedete.

Auf der Party in Potsdam wechselt derweil die Stimmung von Wehmut zu Heiterkeit. Politikvorstand Otto Wiesheu gelingt eine witzige Rede, in der er den scheidenden Chef mit Napoleon vergleicht. Statur, Charakter und imperialistische Schaffenskraft - der Vergleich mit dem französischen Kaiser drängt sich geradezu auf. Andeutungen zu Napoleons Ende als Exilant auf der Atlantikinsel St. Helena lässt Wiesheu klugerweise aus. Wenn er oft mit dem Kopf durch die Wand gegangen sei, dann nicht aus Dummheit, sondern aus Kalkül, zitiert ihn ein Manager. Sturheit, macht er deutlich, ist eine Erfolg bringende Strategie.

Mehdorn selbst redet lang und geht früh. In seiner sich hinziehenden Rede schneidet er auch das Thema Datenaffäre immer wieder an - und beteuert abermals, ein reines Herz zu haben.

Die Untergebenen feiern noch eine ganze Weile weiter, Napoleon zieht sich zurück. Es ist ja ohnehin nur der erste Abschied. Die zweite, offizielle Verabschiedung ist am 25. Mai. Vorher, am 13. Mai, liefern die Sonderermittler zur Datenaffäre ihren Abschlussbericht. Darin könnte Suckale, die zuletzt schon ins Zwielicht geriet, weiter belastet werden. Der neue Bahn-Chef Grube hat bereits angekündigt, spätestens am 1. Juni alle nötigen personellen Konsequenzen zu ziehen. Gut möglich, dass am 25. Mai noch mehr Manager Abschied feiern.

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Aus der FTD vom 30.04.2009
© 2009 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

 
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