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Merken   Drucken   13.04.2011, 10:20 Schriftgröße: AAA

   

Verärgerter Präsident Karsai: Afghanistan verklagt Deloitte wegen Fast-Pleite der Kabul Bank

Als Gerüchte um Probleme des Instituts aufgekamen, zogen Kunden innerhalb von zwei Tagen mehr als 150 Mio. Dollar ab. Präsident Karsai glaubt, die Schuldigen gefunden zu haben: die Beraterfirmen Deloitte, PricewaterhouseCoopers und Bearing Point.
Auf der Suche nach einem Schuldigen für den desolaten Zustand des Bankensystems seines Landes ist der afghanische Präsident Hamid Karsai fündig geworden. Er kündigte strafrechtliche Schritte gegen die Beraterfirmen Deloitte, BearingPoint und PricewaterhouseCoopers (PWC) an. "Diese Individuen und Organisationen haben hunderte Millionen Dollar erhalten, um uns mit dem Bankensystem unseres Landes zu helfen, und sie haben dabei vollkommen versagt", sagte Karsai in Kabul. 
Kabul Bank in Kabul   Kabul Bank in Kabul
In dem drohenden Rechtsstreit geht es vor allem um die Fast-Pleite der Kabul Bank. Das Institut war nach Vorwürfen des Missmanagements, der Vetternwirtschaft und fragwürdiger Kreditvergabepraxis im Herbst vergangenen Jahres ins Trudeln geraten. Als Gerüchte um Probleme bei der Bank aufgekamen, zogen Kunden innerhalb von zwei Tagen mehr als 150 Mio. Dollar ab. Dabei kam es zu Prügeleien vor den Filialen, die Polizei setzte Schlagstöcke ein, es gab zahllose Verletzte.
Eine pakistanische PWC-Tochter hatte dem Haus kurz vor Bekanntwerden des kritischen Zustanden ein solides Zeugnis ausgestellt. Infolge der Turbulenzen schaltete sich die afghanische Zentralbank ein. Gouverneur Abdul Qadeer Fitrat fror die Vermögen großer Anteilseigner ein und startete Ermittlungen, zwei Top-Manager der Bank mussten direkt ihren Hut nehmen. 
Afghanistans Präsident Karsai: In diesem Jahr geht das Kommando ...   Afghanistans Präsident Karsai: In diesem Jahr geht das Kommando über einige Regionen des Landes von der Isaf an afghanische Polizei und Armee über.
Karsai kündigte an, Teilhaber des Instituts strafrechtlich zu verfolgen, wenn sie nicht binnen Monatsfrist seinen Worten nach illegal von der Kabul Bank erhaltene Kredite zurückzahlen. Ende März hatte ein Bericht der Zentralbank gezeigt, dass die Elite des Landes und die Anteilseigner des Geldinstituts das Unternehmen als private Unterstützungskasse nutzten. So bekamen etwa ein Bruder und ein Neffe eines afghanischen Vizepräsidenten  19 Mio. Dollar, um ins Benzin-Geschäft einzusteigen, der Chef der Bank selbst genehmigte sich 18 Mio. Dollar, um neue Appartements in Kabul zu kaufen - alles zinslos und ohne Sicherheiten.
Der amerikanischen Agency for international Development zufolge hat die Kabul Bank insgesamt 850 Mio. Dollar an ihre Anteilseigner und Spitzenpolitiker ausgereicht. Das sind  97 Prozent des gesamten ausstehenden Kreditvolumens des Unternehmens. 
Ob er auch gegen seinen Bruder Mahmoud vorgehen werde, dem sieben Prozent des Hauses gehören, wollte Karsai nicht kommentieren. Im Februar 2011 hatte die US-Entwicklungshilfebehörde bereits einen 92-Mio-Dollar-Beratervertrag mit Deloitte gekündigt. Auch wenn die Beraterfirma die Betrügereien der Bank nicht hätte stoppen können, hätten sie Hinweise auf die Machenschaften nicht weitergeleitet, so die Behörde.
2003 hatte das Institut zuerst Bearing Point und anschließend Deloitte angeheuert, um die afghanische Zentralbank zu unterstützen, den Finanzsektor des Landes zu entwickeln und die Geschäftsbanken zu regulieren.
In wenigen Tagen steht das Frühlingsstreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) an, auf dem es auch um Finanzhilfen für Afghanistan gehen soll. Der IWF hatte mitgeteilt, es werde keine Ausweitung der Programme geben, bis nicht die Probleme der Kabul Bank geklärt seien. Der Fonds empfiehlt, das Unternehmen unter Zwangsverwaltung zu stellen und anschließend zu verkaufen. Die Zentralbank lehnt dies ab.
  • FTD.de, 13.04.2011
    © 2011 Financial Times Deutschland
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