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Merken   Drucken   30.08.2011, 20:00 Schriftgröße: AAA

Euro-Rettung: Die Grenzen der deutschen Demokratie

Der Bundestag steckt in der Zwickmühle: Er  will eine Regelung finden, um beim Euro-Rettungsschirm mitzubestimmen. Jede Verzögerung beunruhigt aber die Finanzmärkte und verschlimmert damit die Lage. Ein unauflöslicher Widerspruch.
© Bild: 2011 Bloomberg/Chris Ratcliffe
Leitartikel Der Bundestag steckt in der Zwickmühle: Er will eine Regelung finden, um beim Euro-Rettungsschirm mitzubestimmen. Jede Verzögerung beunruhigt aber die Finanzmärkte und verschlimmert damit die Lage. Ein unauflöslicher Widerspruch.
Es will einerseits eine Regelung finden, um über Milliarden für den Rettungsschirm EFSF mitzubestimmen. Andererseits aber soll bei den Finanzmärkten nicht der Eindruck erweckt werden, die Abgeordneten würden die Hilfen für klamme Staaten durch ihr Veto blockieren.
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Das Problem ist: Dieser Widerspruch lässt sich nicht durch ein wie auch immer gestaltetes parlamentarisches Verfahren auflösen. Nötig ist etwas, was die Regierung zuletzt vermissen ließ: Führungskraft und Entscheidungswillen.
Niemand darf dem Bundestag das Recht absprechen, über die Verwendung von Steuergeldern zu entscheiden. Das Budgetrecht ist das wichtigste Recht des Parlaments. Dürfen gewählte Volksvertreter nicht direkt über die Verwendung von Geldern entscheiden, wird der Bundestag zum Abnickverein.
Aber nur mal angenommen, die Abgeordneten hätten in der Euro-Krise dieses Recht von vornherein beansprucht. Dann hätte der EU-Rettungsschirm im Mai 2010 wohl kaum über Nacht von den Finanzministern beschlossen werden können, um Griechenland - und den Euro  - vor dem Kollaps zu bewahren. Und man könnte über die EFSF auch nicht spanische und italienische Anleihen kurzfristig aufkaufen, so wie es die EZB im August tun musste. Die globalen Finanzmärkte haben nicht die Geduld, um auf deutsche Abgeordnete zu warten.
Das nun im Bundestag debattierte mehrstufige Mitbestimmungsverfahren versucht, diesem Dilemma gerecht zu werden. Am unstrittigsten ist dabei noch die erste Stufe: die Zustimmung zur rechtlichen Neugestaltung des Rettungsmechanismus oder zur Aufstockung des Budgets. Riskant könnte es dagegen werden, wenn die Abgeordneten über jeden Hilfsantrag eines Landes abstimmen wollen. Sie bürden sich damit eine extrem hohe Verantwortung auf. Ihnen muss bewusst sein, dass jede Ablehnung oder Verzögerung die Währungsunion bedrohen könnte. Finanzmärkte könnten schnell zu zweifeln beginnen, ob die politischen Sonntagsreden über die Stärke und den Zusammenhalt der Union ernst gemeint sind.
Dieses Vertrauensproblem lässt sich aber durch kein Verfahren der Welt lösen. Zutrauen in die Handlungsbereitschaft entsteht bei Investoren nur, wenn die politischen Entscheider Führungsstärke und Vermittlungswillen zeigen. Wenn sie sich klar und unmissverständlich zu Europa und dem Euro bekennen. Und wenn sie das mit guter Begründung ihren Abgeordneten und Wählern klarmachen, um sie so auf ihre Seite zu ziehen. Qualitäten also, die gerade die deutsche Kanzlerin in den letzten Monaten so vermissen ließ.
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Kommentare
  • 04.09.2011 22:25:03 Uhr   Hertie Von Karstadt: Kompetenzbereich

    "Die Bereiche der inneren und äußeren Sicherheit sowie die Verteidigungspolitik verblieben gänzlich im Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten, ebenso wie die WIRTSCHAFTS-,FINANZ- und Beschäftigungspolitik."
    ...die Europäische Union habe keine Befugnis, Zwangs- oder Vollstreckungsmaßnahmen vorzunehmen.

    (BVerfG Urteil,Vertrag von Lissabon 2009).

  • 02.09.2011 13:34:41 Uhr   Dr. Markus Vogel : Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wir...
  • 01.09.2011 17:13:20 Uhr   ruhig bleiben: Die Grenzen der Deutschen Demokratie
  • 01.09.2011 13:50:33 Uhr   roland rabe: rabe1
  • 01.09.2011 02:07:09 Uhr   Irene Seefeld: Nächsten ULTIMA RATIO
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