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Merken   Drucken   07.01.2012, 15:00 Schriftgröße: AAA

Rohstoffland Deutschland: Das große Ringen um den Müll

Die Rohstoffe der Zukunft stecken im Abfalleimer - und in Visionen. Experten halten 100 Prozent Recycling für möglich, wenn der deutsche Sammelbürger nur mitmacht. von Nikolai Fichtner  Berlin
Die Rohstoffe Berlins stapeln sich am Stadtrand. Sie sind in Ballen abgepackt und in große Haufen sortiert: Tetrapaks, Konservendosen, Joghurtbecher, Plastiktüten, insgesamt 15 unterschiedliche Materialien. Es ist erst wenige Tage her, dass die Berliner ihren Müll in die gelbe Tonne geworfen haben. Jetzt steht er schon fertig zur Abholung - als Rohstoff.
Die Konserven gehen nach Salzgitter, ins Stahlwerk, das Aluminium in die nächste Aluhütte, die Joghurtbecher werden erst zu Kunststoffgranulat und dann wieder zu neuen Joghurtbechern. Es braucht 40 Laster, um Berlins täglichen Reste-Output abzutransportieren.
In Zeiten, in denen Rohstoffe weltweit immer begehrter und teurer werden, lohnt sich der Blick auf eine potenziell unerschöpfliche heimische Quelle: Recycling. Auf rund 12 Mrd. Euro schätzt das Institut der Wirtschaft den Wert der recycelten Rohstoffe in Deutschland - Tendenz deutlich steigend.
Die Deutschen trennen schon wie die Weltmeister, die Sortieranlage ...   Die Deutschen trennen schon wie die Weltmeister, die Sortieranlage für Müll erledigt den Rest
In keinem anderen Land sind die Recyclingverfahren so weit wie in Deutschland. Bereits die Hälfte des deutschen Stahls wird aus Schrott hergestellt - was nicht nur Eisenerz spart, sondern auch Energie. Die deutsche Mülltrennmentalität könnte in Zeiten der Rohstoffknappheit zum Standortvorteil werden. Bereits heute werden bei Weißblech, Papier, Glas oder Aluminium mehr als 80 Prozent wiederverwertet. Bei Kunststoffen oder Tetrapaks sind es immerhin zwei Drittel.
Die Müllsortieranlage des Unternehmens Alba liegt im Osten Berlins. Rund 70 bis 80 Lkw laden hier jeden Tag alles ab, was die Berliner in den gelben Sack oder die gelbe Tonne gesteckt haben. 80 Mitarbeiter arbeiten in drei Schichten. Aber die meiste Arbeit machen die Maschinen. Ein Bagger schaufelt den Müll auf das erste Laufband. So rast dieser durch die Halle, wird gesiebt, gesaugt und sortiert. Siebtrommeln trennen die großen von den kleinen Teilen, ein Luftsog saugt leichte Folien an, ein Magnet zieht Konservendosen. Seit ein paar Jahren gibt es sogar eine Nah-Infrarot-Anlage, die unterschiedliche Kunststoffarten voneinander unterscheiden und auf verschiedene Bänder pusten kann. Je nach Lichtreflexion kann sie erkennen, ob es sich um eine Wasserflasche (Polyethylenterephthalat - PET), eine Shampooflasche (Polyethylen), einen Joghurtbecher (Polystyrol) oder eine Margarinepackung (Polypropylen) handelt. Am Ende der Sortierung werden die einzelnen Materialien zu Ballen gepresst.
"Das Ziel ist, so viele Wertstoffe wie möglich auszusortieren", sagt Alexander Gora, der Betriebsleiter. Zwischen 60 und 70 Prozent der Abfälle kann er als Rohstoffe weiterverkaufen. Der Rest muss in eine Verbrennungsanlage, was wiederum ihn Geld kostet.
Aus dem gelben Sack lassen sich besonders die Metalle gut verkaufen. Auch gut sortierte Kunststoffe werden gern genommen. Aber mit Ausnahme der lukrativen Altpapiersammlung sind die Rohstoffpreise noch zu niedrig, um alle Kosten für das Sammeln und Sortieren zu decken. Ohne die Gebühren, die die Produkthersteller für das Verpackungsrecycling mit dem Grünen Punkt zahlen, würde sich dieser Betrieb noch nicht rechnen.

Teil 2: "Wie Deutschland zum Rohstoffland wird"

  • FTD.de, 07.01.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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