FTD.de » Politik » Deutschland » Der einsame Wulff

Merken   Drucken   12.01.2012, 15:05 Schriftgröße: AAA

Privatkredit-Affäre: Der einsame Wulff

Lange hat die Union eisern zum Bundespräsidenten gehalten. Inzwischen hat die Verteidigungsfront einen tiefen Riss bekommen. Seine Parteifreunde fürchten eine Endlosdebatte. Auch Rücktrittsforderungen sind kein Tabu mehr. von Kai Beller  Berlin
Es wird einsam um den affärengeplagten Präsidenten. Während Christian Wulff im Schloss Bellevue Repräsentanten des öffentlichen Lebens und verdiente Bürger empfängt, sind seine früheren Parteifreunde zunehmend entsetzt über das Krisenmanagement des Staatsoberhauptes. Rücktrittsforderungen waren bislang aber tabu, doch selbst das gilt nicht mehr. Der CDU-Abgeordnete Karl-Georg Wellmann ist der erste CDU-Mann aus der Bundestagsfraktion, der Wulff diesen Schritt nahelegt.
Soll Christian Wulff zurücktreten?

 

Soll Christian Wulff zurücktreten?

Zum Ergebnis Alle Umfragen

"Mein persönlicher Rat an ihn wäre, dass er sich das nicht länger zumutet, sich, seiner Familie und dem Amt", sagte der Abgeordnete aus Berlin im ZDF. Ein Ende mit Schrecken sei besser als ein Schrecken ohne Ende. Auch andere Hinterbänkler meldeten sich mit Kritik zu Wort. Fraktionschef Volker Kauder stellte sich dagegen demonstrativ hinter den Präsidenten. "Es kann keine Rede davon sein, dass die Stimmung in der Fraktion kippt", sagte er den "Kieler Nachrichten". Doch die Debatte ist damit nicht beendet.
Wulff steht wegen seines 500.000-Euro-Privatkredits, seiner Gratisurlaube bei vermögenden Freunden und seines Umgangs mit den Medien seit Wochen in der Kritik. Die letzten Sympathien verscherzte er sich, als er im Fernsehinterview ankündigte, alle Fragen und Antworten zu dem Thema im Internet zu veröffentlichen und es dann bei einer sechsseitigen Stellungnahme seiner Anwälte beließ.
Damit brachte er selbst diejenigen gegen sich auf, die ihn bisher verteidigt hatten. "Wünsche mir, dass Christian seine Anwälte an die Leine legt und die Fragen/Antworten ins Netz stellt", twitterte Peter Altmaier, Fraktionsgeschäftsführer und enger Vertrauter von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Er hatte dem Staatsoberhaupt den Rücken gestärkt, während sich andere wegduckten. Doch das Krisenmanagement des Präsidenten hat auch ihn enttäuscht. Auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht zieht sich Wulffs Rechtsbeistand zurück. Ein zweifelhaftes Argument. "Für Nichtjuristen: der Mandant bestimmt, was seine Anwälte veröffentlichen oder nicht!", twitterte eine Rechtsanwältin.
Aber auch das änderte nichts an der Verschwiegenheit des Präsidenten. Sein Anwalt Gernot Lehr änderte seine Argumentation: "Eine Veröffentlichung der an uns gestellten Journalistenfragen würde das Recht der jeweils anfragenden Journalistinnen und Journalisten am eigenen Wort und an dem Schutz ihrer Rechercheergebnisse oder -ziele verletzen."
Doch damit kommt Wullf aus der selbstgebauten Falle nicht heraus. Die "Bild"-Zeitung, die "Berliner Zeitung" und die "Frankfurter Rundschau" boten an, alle Anfragen der Zeitung sowie die Antworten im Internet zu veröffentlichen. Wenn weitere Medien diesem Beispiel folgen, sieht es nicht gut aus für Wulff.
Die früheren Parteifreunde wollen sich das Spielchen nicht länger ansehen. "Wer der Öffentlichkeit sagt, wir brauchen Transparenz, muss sie am nächsten Tag auch so herstellen, wie er das versprochen hat", sagte der Fraktionsgeschäftsführer der CDU im nordrhein-westfälischen Landtag, Armin Laschet, im WDR-Hörfunk. Wenn Wulff die Veröffentlichung nicht freigebe, "wird die Debatte weitergehen".

Teil 2: Merkel erwartet Offenheit

  • FTD.de, 12.01.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
Jetzt bewerten
Bookmarken   Drucken   Senden   Leserbrief schreiben   Fehler melden  

Den Parameter für die jeweilige Rubrik anpassen: @videoList
  • Ungarn: Jetzt bloß nicht schwach werden

    Die EU nutzt Ungarns Finanzkrise, um Viktor Orban endlich die Zähne zu zeigen: Wenn er nicht spurt, gibts kein Geld - und obendrein Vertragsstrafen. Jetzt darf sie sich nur nicht wieder mit Versprechen abspeisen lassen. mehr

  •  
  • blättern
Tweets von FTD.de Politik-News

Weitere Tweets von FTD.de

Newsletter:   Newsletter: Eilmeldungen Politik

Ob Regierungsauflösung oder Umfragehoch für die Linkspartei - erfahren Sie wichtige Politik-Nachrichten, sobald sie uns erreichen.

Beispiel   |   Datenschutz
 



EUROPA

mehr Europa

INTERNATIONAL

mehr International

KONJUNKTUR

mehr Konjunktur

 
© 1999 - 2012 Financial Times Deutschland
Aktuelle Nachrichten über Wirtschaft, Politik, Finanzen und Börsen

Börsen- und Finanzmarktdaten:
Bereitstellung der Kurs- und Marktinformationen erfolgt durch die Interactive Data Managed Solutions AG. Es wird keine Haftung für die Richtigkeit der Angaben übernommen!

Über FTD.de | Impressum | Datenschutz | Disclaimer | Mediadaten | E-Mail an FTD | Sitemap | Hilfe | Archiv
Mit ICRA gekennzeichnet

VW | Siemens | Apple | Gold | MBA | Business English | IQ-Test | Gehaltsrechner | Festgeld-Vergleich | Erbschaftssteuer
G+J Glossar
Partner-Angebote