"Mein persönlicher Rat an ihn wäre, dass er sich das nicht länger zumutet, sich, seiner Familie und dem Amt", sagte der Abgeordnete aus Berlin im ZDF. Ein Ende mit Schrecken sei besser als ein Schrecken ohne Ende. Auch andere Hinterbänkler meldeten sich mit Kritik zu Wort. Fraktionschef Volker Kauder stellte sich dagegen demonstrativ hinter den Präsidenten. "Es kann keine Rede davon sein, dass die Stimmung in der Fraktion kippt", sagte er den "Kieler Nachrichten". Doch die Debatte ist damit nicht beendet.
Wulff steht wegen seines 500.000-Euro-Privatkredits, seiner Gratisurlaube bei vermögenden Freunden und seines Umgangs mit den Medien seit Wochen in der Kritik. Die letzten Sympathien verscherzte er sich, als er im Fernsehinterview ankündigte, alle Fragen und Antworten zu dem Thema im Internet zu veröffentlichen und es dann bei einer sechsseitigen Stellungnahme seiner Anwälte beließ.
Damit brachte er selbst diejenigen gegen sich auf, die ihn bisher verteidigt hatten. "Wünsche mir, dass Christian seine Anwälte an die Leine legt und die Fragen/Antworten ins Netz stellt", twitterte Peter Altmaier, Fraktionsgeschäftsführer und enger Vertrauter von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Er hatte dem Staatsoberhaupt den Rücken gestärkt, während sich andere wegduckten. Doch das Krisenmanagement des Präsidenten hat auch ihn enttäuscht.
Auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht zieht sich Wulffs Rechtsbeistand zurück. Ein zweifelhaftes Argument. "Für Nichtjuristen: der Mandant bestimmt, was seine Anwälte veröffentlichen oder nicht!", twitterte eine Rechtsanwältin.
Aber auch das änderte nichts an der Verschwiegenheit des Präsidenten. Sein Anwalt Gernot Lehr änderte seine Argumentation: "Eine Veröffentlichung der an uns gestellten Journalistenfragen würde das Recht der jeweils anfragenden Journalistinnen und Journalisten am eigenen Wort und an dem Schutz ihrer Rechercheergebnisse oder -ziele verletzen."
Doch damit kommt Wullf aus der selbstgebauten Falle nicht heraus. Die "Bild"-Zeitung, die "Berliner Zeitung" und die "Frankfurter Rundschau" boten an, alle Anfragen der Zeitung sowie die Antworten im Internet zu veröffentlichen. Wenn weitere Medien diesem Beispiel folgen, sieht es nicht gut aus für Wulff.
Die früheren Parteifreunde wollen sich das Spielchen nicht länger ansehen. "Wer der Öffentlichkeit sagt, wir brauchen Transparenz, muss sie am nächsten Tag auch so herstellen, wie er das versprochen hat", sagte der Fraktionsgeschäftsführer der CDU im nordrhein-westfälischen Landtag, Armin Laschet, im WDR-Hörfunk. Wenn Wulff die Veröffentlichung nicht freigebe, "wird die Debatte weitergehen".