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Die Marines sehen sich selbst als die Elite der US-Armee. Das Video, das eine Leichenschändung durch vier Marineinfanteristen in Afghanistan zeigt, beschädigt diesen Ruf schwer. Nunmehr sind alle vier Soldaten identifiziert. Außenministerin Clinton reagierte entsetzt auf den Vorfall.
Von Klaus Kastan, BR-Hörfunkstudio Washington
Gerade einmal 39 Sekunden dauert das Video, doch was man darauf sehen kann, ist ekelerregend und abstoßend. Die Stimmen der vier Soldaten, bei denen es sich um Marineinfanteristen einer Sondereinheit von Scharfschützen handeln soll, sind nur bruchstückhaft zu verstehen.
"Hab noch einen schönen Tag, Kumpel", sagt einer der Soldaten voller Zynismus in Richtung der leblosen Körper. Und ein anderer: "Das ist doch wie eine goldene Dusche." Die Soldaten lachen, erzählen Witze, sind gut gelaunt während sie auf die drei toten Afghanen urinieren.
[Bildunterschrift: Clinton verurteilte das Verhalten der Soldaten. ]
Die Leichenschändung rief auch in den USA Wut und Empörung hervor. Außenministerin Hillary Clinton zeigte sich entsetzt von dem Vorfall: "Das Verhalten der Soldaten ist absolut unvereinbar mit amerikanischen Werten und den Standards, die wir von unserem Militärpersonal erwarten. Und natürlich erfüllt die große, große Mehrheit unserer Soldaten, gerade auch der Marineinfanteristen, diese Anforderungen."
Verteidigungsminister Leon Panetta bestätigte zwar die Echtheit des Videos offiziell nicht, bezweifelt aber offensichtlich nicht, dass der Vorfall so stattfand, wie er auf dem Mitschnitt zu sehen ist. Panetta erklärte, die Soldaten hätten sich "vollkommen unangemessen" verhalten und würden voll und ganz zur Verantwortung herangezogen werden. Die Tat sei verachtenswert. Der Minister ordnete eine genaue Untersuchung an.
Nach Medienberichten sollen die vier Soldaten den Ermittlungsbehörden bekannt sein, ein Armeesprecher bestätigte die Identität von zwei Marineinfanteristen. Wie man vermutet hatte, gehören sie einer Sondereinheit von Scharfschützen an, die auf der Basis Camp Lejeune im US-Staat North Carolina stationiert ist. Die Einheit war bis zum September des vergangenen Jahres in Afghanistan im Einsatz.
Wer die grausame Szene aufgenommen und ins Internet gestellt hat, ist bisher offensichtlich noch nicht bekannt. In einem Gespräch mit dem US-Nachrichtensender CNN machte James "Spider" Marks, ein früherer Generalmajor der US-Armee, den Tätern schwere Vorwürfe. "Diese Typen haben es unseren Feinden ermöglicht, jetzt einen unglaublichen Propagandafeldzug gegen uns zu führen."
Durch die barbarische Tat und die Veröffentlichung des Videos wird jetzt der Einsatz für die internationalen Truppen in Afghanistan noch schwieriger. Der Hass gegen die fremden Militärs im Land wird zunehmen, davon sind Experten in Washington überzeugt.
Der Vorfall kommt vor allem auch für die amerikanische Außenpolitik zum völlig falschen Zeitpunkt. Denn in den vergangenen Tagen wurde bekannt, dass die Taliban schon demnächst ein Büro im Golf-Emirat Katar eröffnen werden und zu Gesprächen über einen möglichen Frieden in Afghanistan bereit seien. Die Taliban verurteilten inzwischen die Tat aufs Schärfsten - machten aber auch klar, dass sie an ihren Plänen für ihre Vertretung in Katar festhalten wollen. Es darf weiter gehofft werden.
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