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Merken   Drucken   24.09.2012, 15:30 Schriftgröße: AAA

Griechenland, Spanien, Zypern: So steht es um die Euro-Krisenländer

Rettungspaket XXL: Die Regierungen der Euro-Zone bereiten sich auf ein gemeinsames Hilfsprogramm für die Sorgenkinder Griechenland, Spanien und Zypern vor. Die Lage in den Ländern im Überblick.
© Bild: 2012 DPA/Uwe Anspach
Rettungspaket XXL: Die Regierungen der Euro-Zone bereiten sich auf ein gemeinsames Hilfsprogramm für die Sorgenkinder Griechenland, Spanien und Zypern vor. Die Lage in den Ländern im Überblick.
Die Euro-Zone fasst ihre Hilfen für die Krisenländer Griechenland, Spanien und Zypern zusammen. Veränderungen am Hilfsprogramm für Griechenland, das geplante Programm für Zypern und ein zweiter Hilfsantrag Spaniens könnten gemeinsam beschlossen und den Parlamenten vorgelegt werden, erfuhr die FTD aus Euro-Kreisen. Wie es um die Sorgenkinder bestellt ist.
In einem ersten Hilfspaket hatten die Euro-Staaten und der Internationale Währungsfonds (IWF) im April 2010 in einer gemeinsamen Aktion Hilfen im Volumen von 110 Mrd. Euro für Griechenland für drei Jahre bewilligt. In einem zweiten Programm sind 179,6 Mrd. Euro genehmigt.
Für den Haushalt und die Banken-Rekapitalisierung stehen von der EFSF 109 Mrd. Euro bis 2014 zur Verfügung. Davon sind 69,7 noch nicht ausgezahlt. Vom IWF kommen bis 2016 noch 28 Mrd. Euro dazu. Griechenland ist dringend auf die nächsten Hilfskredite angewiesen - einschließlich einer neuen Runde der Banken-Rettung. Dabei geht es um 31,5 Mrd. Euro, mit denen die größte Krise zunächst abgewendet werden soll. Langsam wird die Zeit knapp. Ohne frisches Geld der internationalen Geldgeber droht dem Land die Pleite. Im laufenden zweiten Hilfsprogramm bis 2014 klafft ein Finanzierungsloch. Allerdings gibt es bisher keine bestätigte Größenordnung.
Inzwischen denken die Geldgeber über einen weiteren Teil-Schuldenerlass für das Land nach. Im Mittelpunkt stehen dabei die bilateralen Kredite aus dem ersten Hilfsprogramm. Auch ein weiterer allgemeiner Schuldenschnitt wird ins Gespräch gebracht.
Nach Informationen des Magazins "Spiegel" fehlen bis 2014 angeblich 20 Mrd. Euro - doppelt so viel wie bisher gedacht. Der deutsche Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter sagte dagegen, es gebe keinen neuen Sachstand. Erst müsse der Bericht der Troika aus Experten von EZB, EU-Kommission und IWF zu Griechenland fertiggestellt werden. Dann gebe es verbindliche Daten.
Das überschuldete Land befindet sich im fünften Jahr der Rezession. Im zweiten Quartal 2012 brach die Wirtschaftsleistung gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6,3 Prozent ein. Schon im ersten Quartal war die Wirtschaft um 6,5 Prozent geschrumpft. Das Ziel der griechischen Regierung, das Haushaltsdefizit dieses Jahr auf 5,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 2014 unter den EU-Grenzwert von 3,0 Prozent zu senken, scheint nicht erreichbar. Die EU-Kommission rechnet damit, dass Griechenland 2012 ein Minus von 7,3 Prozent einfährt und auch 2013 deutlich über dem Maastricht-Grenzwert liegt.
Hoffnung gibt es allerdings beim Export: Jüngsten Daten zufolge verkaufte Griechenland im ersten Halbjahr 2012 Waren im Wert von 8,2 Mrd. Euro ins Ausland. Das waren 4,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Gegenüber 2010 steigerte sich die Ausfuhr sogar um 19,3 Prozent.
Athen will mit einem umfangreichen Sparpaket den Forderungen der Troika nachkommen. Bis 2013 will die griechische Regierung 30 Mrd. Euro im Haushalt einsparen und ab 2014 die Stabilitätskriterien des Maastrichter Vertrages wieder erfüllen. Die Bürger müssen sich auf harte Einschnitte einstellen.
Unter anderem werden im staatlichen Sektor die Gehälter um acht Prozent gekürzt. Massive Einschnitte sind auch bei Pensionen und Renten geplant. Zudem soll die Mehrwertsteuer um zwei Punkte auf 23 Prozent angehoben werden. Auch in Griechenland soll das Rentenalter von 65 auf 67 Jahre angehoben werden.
Die Koalitionspartner in Athen haben immer noch nicht allen Punkten des verlangten Sparpakets mit einem Volumen von 11,7 Mrd. Euro zugestimmt. Die Troika werde ihren Bericht über das Land bis zur nächsten Sitzung der Euro-Finanzminister am 8. Oktober noch nicht fertig haben, hieß es. Die europäischen Staats- und Regierungschefs sind sich einig: Ohne das Urteil der Troika können neue Hilfen nicht auf den Weg gebracht werden.
Spanien hat bisher aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF 100 Mrd. Euro an Finanzhilfen für die maroden Banken bewilligt bekommen. Der Bedarf liegt aber einer Detailanalyse von Wirtschaftsprüfern zufolge voraussichtlich nur bei rund 60 Mrd. Euro. Die Restrukturierung und Rekapitalisierung des Bankensektors mit Hilfe des Fonds EFSF läuft nach Plan. Die zugesagte Finanzhilfe soll laut Regierung ausschließlich für die maroden Geldhäuser benutzt werden.
In Brüssel wird allerdings damit gerechnet, dass Spanien in den kommenden Wochen dennoch weitere Hilfen beantragt, um den maroden Haushalt zu sanieren und die Zinslast zu senken. Demzufolge könnte das Land eine Kreditlinie und Staatsanleihekäufe durch den neuen Rettungsfonds ESM einfordern. Nur in diesem Fall würde auch die EZB intervenieren und ihrerseits Anleihen erwerben, um die Zinslast des Landes zu mildern.
Bislang sträubt sich die Regierung offiziell gegen ein umfangreiches Rettungsprogramm aus dem Euro-Rettungsschirm, der mit größeren Auflagen verbunden wäre. Noch dieses Jahr muss Spanien jedoch 27 Mrd. Euro am Kapitalmarkt aufnehmen, um seinen mittel- und langfristigen Refinanzierungsbedarf zu decken.
Die Wirtschaft des Landes steckt in der Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im zweiten Quartal bereits zum dritten Mal in Folge - um 0,4 Prozent. Der Konjunktureinbruch trieb die Arbeitslosigkeit auf den höchsten Stand seit Einführung der Statistik 1976: Die Quote kletterte im zweiten Quartal auf 24,6 Prozent. Ende 2011 lag das Staatsdefizit bei 8,9 Prozent. Dieses Jahr soll es auf 6,3 Prozent sinken, 2013 auf 4,5 Prozent und 2014 auf 2,8 Prozent.
Zur Bekämpfung der Krise hat Spanien unter anderem das Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahre angehoben. Das soll schneller geschehen als die bislang anvisierten 15 Jahre. Die Regierung will bis Ende 2014 insgesamt 65 Mrd. Euro einsparen. Dafür soll unter anderem die Zahl der Staatsunternehmen verkleinert werden. Den Beamten wird das Weihnachtsgeld gestrichen und das Arbeitslosengeld für neue Erwerbslose gekürzt.
Ende Juni bat auch Zypern um internationale Finanzhilfe. Für den Inselstaat im Mittelmeer gibt es keine belastbaren Zahlen, da es noch keinen Antrag mit einer konkreten Zahl gibt, nur das allgemeine Hilfsgesuch. Bisher war von rund 10 Mrd. Euro die Rede. Finanzminister Vasos Shiarly bezeichnete Schätzungen von 13 bis 15 Mrd. Euro in der vergangenen Woche als übertrieben. Die Mindestsumme beträgt 5 Mrd. Wenn die Zahl ausgehandelt ist, sind Bedarf und Hilfen identisch.
Zypern rutscht immer tiefer in die Krise. Das Euro-Land wird sein Defizitziel in diesem Jahr deutlich verfehlen. Das Minus werde bei rund 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen, kündigte Regierungssprecher Stefanos Stefanou kürzlich an. Bisher hat die derzeitige EU-Ratspräsidentschaft ein Staatsdefizit von 3,5 Prozent - und damit über den Maastricht-Kriterien von unter drei Prozent - in Aussicht gestellt.
Zyperns Wirtschaft ist eng mit der im kriselnden Griechenland verflochten und schwächelt seit längerem. Das Bankensystem wurde durch den griechischen Schuldenschnitt stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Wirtschaftsleistung schrumpfte im zweiten Quartal zum vierten Mal in Folge - um 0,8 Prozent. Auf Jahresbasis erwartet Finanzminister Shiarly einen Rückgang zwischen einem und 1,5 Prozent.
Im Februar 2013 stehen Wahlen an. Daher ist die kommunistische Regierung bemüht, ein rigoroses Sparprogramm zu vermeiden. Ende Juli hatte die Troika in Zypern einen Sanierungsplan vorgelegt, um die Staatsausgaben, die sich derzeit auf 47 Prozent des BIP belaufen, kräftig zu senken. Die öffentlichen Ausgaben für Lohn und Gehalt sollten um 15 Prozent gekürzt werden. Dazu soll unter anderem das dreizehnte Monatsgehalt abgeschafft werden. Außerdem schlägt die Troika vor, die automatische Anpassung der Gehälter an die Inflation sowie die hohen Abfindungen bei der Verrentung der Beamten zu kappen.
  • FTD.de, 24.09.2012
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