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Merken   Drucken   28.09.2012, 11:00 Schriftgröße: AAA

Großelternzeit: Schröders Vorschlag ist nur für wenige eine Lösung

Die Idee ist nett: Oma und Opa kümmern sich um die Enkel, um die berufstätigen Eltern zu entlasten. Doch schon die jetzige Elterngeneration schafft es kaum, ihre Lebensentwürfe mit beruflicher Mobilität zu vereinen. Die Großelternzeit birgt in ihrer jetzigen Planung mehr Fallstricke als Vorteile.
© Bild: 2012 dpa-Bildfunk/Friso Gentsch
Leitartikel Die Idee ist nett: Oma und Opa kümmern sich um die Enkel, um die berufstätigen Eltern zu entlasten. Doch schon die jetzige Elterngeneration schafft es kaum, ihre Lebensentwürfe mit beruflicher Mobilität zu vereinen. Die Großelternzeit birgt in ihrer jetzigen Planung mehr Fallstricke als Vorteile.
Die Idee hat ihren rustikalen Charme: Lasst doch Oma und Opa die Kleinen versorgen - da freuen sich alle. Die Enkel, die so in der Regel entspanntere Bezugspersonen bekommen; die Großeltern, die die Kinderbetreuung sowieso lieber erledigen, als Sudoku-Rätsel zu lösen oder jeden Tag zur Arbeit zu gehen; vor allem aber die Eltern würden sich freuen, also jene überstrapazierte Leistungsträger-Kohorte, die - wenn sie nicht gerade Kinder oder pflegebedürftige Angehörige versorgt - auch noch berufstätig sein soll. Im Achten Familienbericht der Bundesregierung, der im März veröffentlicht wurde, war genau diese "Umverteilung von Zeit zwischen den Generationen" gefordert worden. Die Frage ist nur: Wie geht das praktisch? Und: Nützt das was?
Der jetzt bekannt gewordene Gesetzentwurf für eine Elternzeit für Großeltern scheint nun die diesbezügliche Regelungslücke zu schließen: Kinderbetreuungswillige, aber (noch) berufstätige Großeltern sollen einen Rechtsanspruch auf berufliche Freistellung bekommen. Wenn Oma oder Opa in einem Unternehmen mit mindestens 15 Beschäftigten arbeiten, könnten sie also künftig theoretisch bis zu drei Jahre aus dem Job aussteigen, um sich um die Enkel zu kümmern.
Das Beste, was man über diese Großelternzeit-Pläne sagen kann, ist: Es wird sicherlich ein paar Familien geben, die davon profitieren werden. Familien, bei denen die Großeltern in der Nähe der Enkel wohnen oder umzugswillig sind. Familien, bei denen Oma oder Opa nicht wirklich auf das eigene Einkommen angewiesen sind. Und, ja, Familien, bei denen die berufstätigen Großeltern tatsächlich wieder so unbändige Lust verspüren, Windeln zu wechseln oder Kämpfe über die passende Kinderbekleidung auszufechten. Die wird es sicherlich geben, solche Familien.
Die Mehrheit der berufstätigen Eltern aber hat von den Großelternzeit-Plänen von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder: nichts. Wie auch? Die beruflich geforderte Mobilität macht es schon schwer, die Lebensentwürfe einer Generation zu koordinieren. Und da soll sich jetzt die Oma - denn an ihr wird es wohl in den meisten Fällen hängen bleiben, weil Opa wohl nicht will - ganz der Nachwuchspflege verschreiben und den gestressten Eltern hinterherreisen?
Was als gut gemeinte Umverteilung von Zeitressourcen gedacht ist, birgt in der jetzt bekannt gewordenen Variante mehr Fallstricke als Vorteile: Die geringsten Übel sind da noch die Mehrkosten für Unternehmen, die die zusätzliche Flexibilität ermöglichen müssen, oder die Detailfragen der Sozialversicherung. Im schlimmsten Fall stehen ältere Frauen irgendwann unter dem moralischen Druck, den eigenen Kindern doch bitte die Karriere zu ermöglichen - und die eigene abzukürzen.
  • Aus der FTD vom 28.09.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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Kommentare
  • 01.10.2012 19:22:32 Uhr   Claudia: Abuelas

    Wir Ausländerinnen erziehen den nächsten deutschen bzw. europäischen Steuerzahler genauso wie unsere Artgenosinnen hierzulande. Und das ist hart genug, ohne die Nähe der eigenen Mutter. Vielleicht lässt sich ein vierteljähriges Einreise-Ticket für Omas aus dem europäischen bzw. nicht europäischen Raum zur Betreuung bi-nationaler Kinder steuerlich absetzen. Hier könnten die Konsulate miteinander kooperieren.

  • 30.09.2012 19:17:37 Uhr   Dieter: Oh wehe,Politik
  • 30.09.2012 09:11:44 Uhr   Leihopa: Omas
  • 29.09.2012 11:37:19 Uhr   I want it all : Halbe Wahrheit
  • 28.09.2012 20:06:09 Uhr   FantaFanta: Familienpolitik vom Antiquar
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