Leitartikel
Die EU-Parlamentarier wünschen sich als neues EZB-Direktoriumsmitglied lieber eine Frau - dass dieser Einsatz für die Frauenquote ausgerechnet auf Yves Merschs Rücken ausgetragen wird, ist bitter. Die Mitgliedsländer hätten von Anfang an weibliche Kandidaten ernsthaft berücksichtigen müssen.
Der Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments hat sich gegen den luxemburgischen Notenbanker Yves Mersch als Neumitglied des EZB-Direktoriums ausgesprochen. Die Abgeordneten wollen lieber eine Frau, damit wenigstens eine neben lauter Männern im Direktorium sitzt. Und warum auch nicht? Es ist wünschenswert, dass die EZB-Führungsetage die gesellschaftliche Geschlechterrealität besser repräsentiert.
Man muss ja zunächst klarstellen: Es geht keineswegs um eine starre Frauenquote für das EZB-Direktorium, der man zu Recht unterstellen müsste, das Geschlecht statt der Kompetenz zum ausschlaggebenden Kriterium in der Kandidatenauswahl zu machen. Das wäre auch fatal: Die EZB-Entscheidungen, gerade in Krisenzeiten, waren nie wichtiger als heute, und es braucht die besten Fachleute in diesem Gremium. Die Frage, ob Mann oder Frau, sollte deshalb nicht durch eine Quote geregelt werden. Wenn es keine geeignete Frau gibt, dann machen es halt nur Männer - und andersherum.
Doch die Frage ist: Wird wirklich nach Kompetenz ausgewählt, oder perpetuiert sich die männerdominierte Finanzwelt selbst, indem sie auf die männliche "Nummer sicher" geht? Das ist zu befürchten: Die Kandidaten werden von den meistens männlichen Wirtschafts- und Finanzministern ausgesucht, und der Sieger wird vom mehrheitlich männlichen Europäischen Rat gekürt. Dies zu hinterfragen ist ein hochpolitischer und vor allem richtiger Vorstoß der EU-Abgeordneten. Er zeigt auch: Das Parlament gewinnt an Selbstbewusstsein, was gut ist für die demokratische Legitimität der EU-Institutionen.
Dass es nun Mersch treffen könnte, einen unwidersprochen geeigneten Kandidaten für den Posten im EZB-Direktorium, ist natürlich eine unschöne Begleiterscheinung der Abgeordnetenweigerung. Aber die französische Abgeordnete Sylvie Goulard und der deutsche Sven Giegold haben stellvertretend für die anderen Neinsager deutlich unterstrichen, dass Merschs fachliche Kompetenz unbestritten ist. Er hat also gute Chancen, selbst keinen Schaden seiner Reputation davonzutragen. Jedoch, dieses Risiko hätte verhindert werden können: Wenn die Mitgliedsländer bei der Kandidatenauswahl mehr politisches Gespür entwickelt hätten - und weibliche Kandidaten von Anfang an ernsthaft in Betracht gezogen hätten.
Sonst haben wir keine Sorgen in Europa, als eine Vorzeigefrau auf einen Posten zu hieven. Wir scheinen wirklich im Wunderland zu leben und Alice hats noch nicht gemerkt.
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