Der frühere BBC-Chef Mark Thompson soll in wenigen Tagen seinen Job in den USA antreten. Aus seiner neuen Redaktion wird er schon öffentlich attackiert. Es geht um Ethik und Integrität.
von Titus KroderLondon
Der Kinderschänderskandal um einen prominenten früheren Moderator des britischen Senders BBC holt den designierten Chef des "New York Times"-Verlags, Mark Thompson, ein. Thompson, der ab November den börsennotierten US-Medienkonzern leiten soll, wird öffentlich von einer Redakteurin seines neuen Arbeitgebers angegriffen. In ihrem Blog fragt Margaret Sullivan, ob der Verlag weiter an dem Briten festhalten werde, wenn er "mit so viel unerwünschtem Gepäck" in New York antrete. "Man sollte sich fragen, ob er der richtige Man für den Job ist", schreibt die Kolumnistin, die unter anderem als Verbindungsredakteurin zu den Lesern fungiert und sich um Themen rund um die journalistische Unabhängigkeit der Zeitung kümmert.
Der frühere BBC-Chef Mark Thompson
Thompson leitete die BBC zwischen 2004 und September 2012. Die Affäre reicht weit in die Vergangenheit und offenbart schwere interne Führungsfehler des gebührenfinanzierten britischen Senders. Vor ihrem Bekanntwerden galt der britische Manager den Amerikanern als ideale Wahl - auch weil die BBC ihre journalistische Integrität und ethische Unternehmenskultur ähnlich strikt verteidigt wie das traditionsreiche Flaggschiff der US-Presse.
Doch das öffentliche Erscheinungsbild der BBC ist inzwischen stark beschädigt. Nach Enthüllungen des TV-Senders ITV und Ermittlungen der Polizei tolerierte der Sender offenbar über Jahre, dass Starmoderator Jimmy Savile Minderjährige missbrauchte, vermutlich geschah das sogar auf BBC-Gelände. Savile war vor gut einem Jahr mit 84 Jahren gestorben. Zudem kann das Unternehmen bisher den Vorwurf nicht entkräften, dass kritische Recherchen der eigenen Journalisten zu den Missbrauchsvorwürfen von leitenden Redakteuren, eventuell sogar von der Senderspitze, blockiert wurden.
Sollten sich die Vorwürfe erhärten, muss nicht nur der aktuelle BBC-Chef George Entwistle um seinen Job fürchten. Auch sein Vorgänger Thompson, der auch als Chefredakteur der BBC fungierte, dürfte in den Skandal hineingezogen werden.
Thompson, der die "New York Times" profitabel ins digitale Zeitalter führen soll, gibt bisher an, die Vorwürfe gegen Savile im Detail erst Ende September erfahren zu haben. "Nichts deutet darauf hin, dass ich mich in dieser Angelegenheit unangemessen verhalten habe. Ich habe auch keine Recherchen unterbunden", verteidigte sich der Manager in einem Interview der "New York Times". Ein Verlagssprecher sagte, Thompson werde im November seinen Posten antreten.
Die BBC hat inzwischen eingeräumt, dass Ende 2011 ein Beitrag aus dem Programm von "Newsnight" genommen wurde, einer Sendung vergleichbar mit den "Tagesthemen". Er sei damals über die Tatsache informiert worden, ohne sich weiter darum zu kümmern, sagte Thompson. Dass Beiträge und Recherchevorhaben aus journalistischen Gründen gestoppt werden, komme bei der BBC oft vor. Die Personalie Thompson dürfte auch an diesem Donnerstag ein Thema sein, wenn die New York Times Company neue Geschäftszahlen vorlegt. An der Wall Street beobachtet man die Lage genau. Der Verlag sollte Thompsons Antritt verzögern, forderte Analyst Doug Arthur vom Investmenthaus Evercore Partners. Und zwar so lange, "bis Klarheit besteht".
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