Proteste gegen die NSA vor dem Capitol in Washington | Bildquelle: AP

Märchen zwischen Deutschland und USA Es war einmal ... ein No-Spy-Abkommen

Stand: 12.05.2015 00:52 Uhr

"Wir haben mit keinem Land ein No-Spy-Abkommen", sagt US-Präsident Obama. Doch wie kam dann das Märchen darüber in die Welt? Die Snowden-Unterlagen hätten Berlin zeigen können, dass die USA Deutschland nicht mal zu ihren engsten Freunden zählen.

Von Sabrina Fritz, ARD-Hörfunkstudio Washington

Beim Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Mai vergangenen Jahres hat US-Präsident Barack Obama es eigentlich ganz deutlich gesagt: "Es ist nicht ganz korrekt zu sagen, wir haben ein No-Spy-Abkommen angeboten und es dann wieder zurückgezogen. Korrekt ist, wir haben kein Blanko-No-Spy-Abkommen mit irgendeinem Land."

Und als Frankreichs Staatspräsident François Hollande in Washington war, wiederholte Obama die Botschaft: "Wir haben mit keinem Land ein No-Spy-Abkommen." Wie kam das Märchen dann überhaupt in die Welt, von den Ländern, die sich nicht gegenseitig überwachen, die sich zu 100 Prozent vertrauen, so wie jede Ehefrau ihrem Ehemann?

Club der "Fünf Augen"

In diesem Zusammenhang wird gerne "no spy" mit "five eyes" verwechselt. Der Club der "Fünf Augen" umfasst fünf Länder, die schon mal alle dieselbe Sprache sprechen: die USA, Großbritannien, Australien, Neuseeland und Kanada. Diese fünf Länder haben nach dem Zweiten Weltkrieg beschlossen, dass sie ihre Geheimdienstinformationen austauschen und sich gegenseitig aushelfen: "Nach dem Motto: 'Das ist zu schwierig für uns, kannst Du?'", beschreibt ein US-Geheimdienstmitarbeiter die Arbeitsteilung.

US-Präsident Obama | Bildquelle: AP
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No-Spy-Abkommen gibt es nicht, sagt US-Präsident Obama.

Wie weit aber geht das Vertrauen der fünf Freunde? Wird der englische Premier David Cameron nicht abgehört? Werden britische Staatsbürger nicht von der NSA überwacht, wenn sie im Verdacht stehen, mit dem "Islamischen Staat" zu kooperieren? Die Aussagen dazu bleiben vage. Der Koordinator der Geheimdienste, James Clapper, erklärte: "Das, was Regierungschefs vorhaben, ist ein Grundsatz von dem, was wir sammeln und auswerten."

Sehr enge Freunde, enge Freunde ...

Die Bundesregierung hatte versucht, wenigstens in den Five-Eyes-Club aufgenommen zu werden - vergebens. Im Gegenteil: Die USA haben die Länder eingeteilt nach sehr engen Freunden, nach eng, nach weniger und gar nicht. Deutschland ist vom "Inner Circle" noch ein Stück entfernt. Nach den "five eyes" kommen nämlich erst noch die neun. Dazu gehören Dänemark, Frankreich, die Niederlande und Norwegen. Erst in der Gruppe der "14 eyes" ist Deutschland dabei, gemeinsam mit Spanien und Italien.

Die Unterlagen von Edward Snowden hätten Berlin eigentlich darüber die Augen öffnen können, doch das hat deutsche Politiker bei ihren Besuchen in Washington nicht davon abgehalten, ein No-Spy-Abkommen zu fordern. Obwohl es auf US-Seite nicht eine offizielle Stellungnahme gab, die ein Überwachungsverbot überhaupt in Erwägung gezogen hätte.

Das Märchen vom No-Spy-Abkommen
S. Fritz, ARD Washington
12.05.2015 01:21 Uhr

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Cyber-Dialog statt "No Spy"

Erst Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat diesen Begriff begraben und durch einen neuen ersetzt, den Cyber-Dialog. Bei seinem Antrittsbesuch in Washington sagte er: "Es ist leider nicht so, dass mir John Kerry ein fertiges No-Spy-Abkommen in die Tasche gesteckt hat." Stattdessen wolle man jetzt an einem Cyber-Dialog arbeiten.

Dieser Beitrag lief am 12. Mai 2015 um 07:30 Uhr auf RBB Inforadio.

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