USA geben Bin-Laden-Dokumente frei Aus der Schatzkiste des Al-Kaida-Chefs
Stand: 20.05.2015 18:48 Uhr
Vier Jahre nach der Tötung von Osama bin Laden haben US-Behörden mehr als 100 Dokumente des früheren Al-Kaida-Anführers veröffentlicht. Sie untermauern dessen Hass auf die USA. Das Vorgehen des "Islamischen Staates" sah bin Laden offenbar kritisch.
Von Martin Ganslmeier, ARD-Hörfunkstudio Washington
Nie zuvor sind so viele Briefe und Anweisungen Osama bin Ladens veröffentlicht worden. Die Aufsichtsbehörde für die amerikanischen Geheimdienste hat die Dokumente in englischer Übersetzung ins Internet gestellt. Bin Ladens Briefe und Aufzeichnungen bieten einen guten Einblick sowohl in die strategischen Pläne des Al-Kaida-Führers als auch in sein Privatleben.
US-Geheimdienste veröffentlichen hunderte Dokumente Osama Bin Ladens
ARD-Morgenmagazin 06:30 Uhr, 21.05.2015, Sandra Ratzow, ARD Washington
Kritik an Dschihadisten in Nordafrika
Bis zu seinem Tod sah es bin Laden als das wichtigste Ziel seiner Organisation, Amerikaner zu töten und US-Einrichtungen anzugreifen. Andere Al-Kaida-Gruppen mahnt er: "Der Fokus sollte darauf liegen, die US-Bevölkerung und ihre Vertreter zu ermorden." Militanten Dschihadisten in Nordafrika schrieb er, sie sollten aufhören, die Gründung eines 'Islamischen Staates' (IS) zu betreiben.
"Bin Laden störte auch, dass unter den Opfern des IS zu viele Muslime waren", so Terrorismus-Experte Peter Bergen nach der Lektüre der Dokumente im Sender CNN: "Bin Laden sagte, wir sind noch nicht so weit, um einen Islamischen Staat zu gründen, egal ob im Jemen oder Algerien. Wir müssen uns auf die USA konzentrieren und bestimmte US-Ziele attackieren."
Die Dokumente zeigen, wie sehr sich die Al-Kaida-Führung von den US-Streitkräften und dem amerikanischen Geheimdienst bedroht fühlte. Bin Laden fürchtete amerikanische Drohnenangriffe, beklagte zunehmende finanzielle Engpässe, witterte ständig Sicherheitsrisiken und eingeschleppte Wanzen und mahnte andere Al-Kaida-Anführer, ihre Kommunikation zu verschlüsseln.
Keine E-Mail-Kommunikation
Einen Informationsaustausch über E-Mail lehnte bin Laden als zu unsicher ab. Stattdessen bestand er auf Kurieren. Einer dieser persönlichen Kuriere informierte allerdings letztlich die Amerikaner, was zur Entdeckung seines Verstecks in Pakistan führte.
Ebenfalls veröffentlicht wurde eine Liste von Büchern und Dokumenten, die Bin Laden auf seinem Computer gespeichert hatte. Er interessierte sich für Klimawandel, Trinkwasserschutz - und er war ein fleißiger Leser amerikanischer Bücher: "Er las alles von Bob Woodwards 'Obamas Krieg' bis Noam Chomsky. Er interessierte sich sehr dafür, was Thinktanks und Akademiker im Westen über Al-Kaida und ihn dachten", so Terrorexperte Bergen.
Dagegen zeigt sich der Al-Kaida-Anführer in seinen privaten Briefen an seine vier Frauen und 20 Kinder als fürsorglicher Patriarch. Er kümmerte sich detailliert um die Hochzeitspläne seiner Kinder und die Sicherheit seiner Ehefrauen. Für Historiker, die sich mit den letzten Jahren bin Ladens in seinem pakistanischen Versteck befassen, sind die jetzt veröffentlichten Dokumente eine wahre Schatzkiste.
US-Geheimdienst veröffentlicht Bin-Laden-Dokumente
M. Ganslmeier, NDR Washington
20.05.2015 18:11 Uhr
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