«In den spanischen
Ermittlungsakten ist die Rede von Wohnungen in Frankreich und
Deutschland, von denen aus Doper versorgt werden» wird der Professor
für Zellbiologie im Nachrichtenmagazin «Focus» zitiert. In den Akten
werde immer wieder ein «Dr. L.» genannt, der wie der beschuldigte
Mediziner aus Bad Sachsa ebenfalls aus Deutschland stammen und Teil
eines internationalen Doping-Netzwerkes sein könnte.
Nach Informationen der «Bild»-Zeitung hat die Staatsanwaltschaft
auch die Apotheke in Braunlage durchsucht, in der die Frau des
verdächtigen Arztes arbeitet, der Fuentes mit Doping-Präparaten
versorgt haben soll. Der Chef der Apotheke beteuert zwar die Unschuld
seiner Angestellten und erklärt, sie hätte nie etwas mitgenommen.
Allerdings soll er langjährige Kontakte des Arztes zu Fuentes
bestätigt und von einer «Sandkastenfreundschaft» gesprochen haben.
Laut Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» soll der beschuldigte
deutsche Mediziner auch Sportler in Spanien behandelt haben. «Der
gebürtige Pole begründete gegenüber Bekannten seine häufigen Besuche
unter anderem auf Gran Canaria auch mit seiner Zusammenarbeit mit
Athleten», berichtet das Magazin. Zudem habe der inzwischen
beurlaubte Arzt in seiner ehemaligen Klinik in Bleicherode einen
Kollegen angesprochen, ob dieser ein Radsporteam betreuen wolle. Der
Beschuldigte schweigt weiter zu allen Vorwürfen.
Noch dieses Jahr soll es nach Aussage des Vorsitzenden des
Sportausschusses im Bundestag, Peter Danckert, in Deutschland ein
Antidopinggesetz geben. «Ja. Das ist mein großes Ziel, und ich
glaube, wir sind dem sehr nahe», sagte der SPD-Politiker der «Welt am
Sonntag». Er sehe immer mehr Befürworter für ein Gesetz. «Wir wollen
die Sportgerichtsbarkeit nicht in Zweifel ziehen, geschweige denn
abschaffen», so Danckert. Doch daneben sei der Staat mit seinen
Möglichkeiten gefragt.
In der ersten Septemberhälfte gebe es ein Grundsatzgespräch mit
Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), informierte Danckert. Zudem
finde am 27. September erstmals eine umfassende Dopinganhörung im
Bundestag statt. Teilnehmen sollen daran unter anderem Richard Pound,
Chef der Welt-Antidoping-Agentur (Wada). «Im Oktober haben wir eine
klare Position», sagte Danckert. Der Politiker widersprach, dass das
Bundesinnenministerium (BMI) den Präsidenten des Deutschen
Olympischen Sportbundes (DOSB), Thomas Bach, in seiner Haltung gegen
ein Antidopinggesetz unterstütze. «Es gibt noch keine endgültige
Auffassung des BMI in dieser Frage», sagte der Ausschuss-Vorsitzende.
In der «Süddeutschen Zeitung» (Samstag) räumte Lothar Heinrich,
Arzt des deutschen Profirennstalls T-Mobile nach den Doping-
Verwicklungen seines ehemaliger Schützling Jan Ullrich sowie des
ehemaligen T-Mobile-Profis Oscar Sevilla erstmals teilweise Fehler
ein. Er sei zwar «der Mannschaftsarzt und Ansprechpartner», aber
«nicht der Richter», sagte Heinrich, der mit Ullrich seit 1995
zusammen arbeitet.
«Wenn ich mich als Teil des Kontrollsystems sehe, dann habe ich
auch versagt. Nur: Meine Arbeit ist Teamarzt, nicht Dopingkommissar»,
erklärte der Mediziner und bemerkte: «Ja, richtig, das ist der
Dopingfall Jan Ullrich.» Über die bisher vorliegenden Fakten in dem
Fall sei er enttäuscht und auch traurig: «Alles andere wird
ermittelt.» Er sehe den Profiradsport «nicht als Hochdopersportart»,
erklärte Heinrich, ergänzte aber: Dass angesichts der
Wettkampfintensität die Gefahr bestehe, auf unerlaubte Mittel
zurückzugreifen, wenn man nicht optimal trainieren und sein Leben
ganz dem Sport opfern wolle - «ja, die Gefahr besteht».
«Vielleicht hatte ich auch zu viel Vertrauen in die Fahrer. Das
können aber nur die beurteilen, die dieses Vertrauen missbraucht
haben. Beweise dafür gibt es offenkundig wenig bis keine», sagte
Heinrich. Mit verbalen Verurteilungen müsse man sehr vorsichtig sein.
Seine persönliche Schlussfolgerung: «Zukünftig lege ich mehr
Misstrauen an den Tag.» Außerdem wolle er sich «in einige Sachen
einarbeiten», obwohl er kein Biochemiker sei. «Wir werden Proben
einfrieren, weitere Vorsichtsmaßnahmen treffen», kündigte Heinrich
an.
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