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Die Elzacher Fasnet und ihre Narrenzunft

 

VON JOSEF WEBER

Wer die Elzacher Fasnet kennt und diese einmal erlebt hat, der zweifelt wohl nicht daran, daß diese Fasnet zu den ältesten imFuchsgfriß Lande zählt, wenn dies heute noch als Gütesiegel gelten kann, obwohl der Nachweis nicht schwerfällt.

Die vorderhand älteste Nachricht über fasnächtliches Geschehen in Elzach stammt aus dem Jahre 1530, als wegen Verabreichung des Fasnachtsküchleins mit dem Pfarrherrn verhandelt wird. 1671 finden bereits Umzüge der "Vermummbten" mit den Spielleuten statt und es ist von allerhand Fasnachtsspiel und Totentänzen die Rede, wobei nicht sicher ist, was man im alten Elzach darunter verstanden hat. Möglicherweise liegt in diesen Spielen und Tänzen der Grund für die Larvenvielfalt in Elzach.

Wir kennen heute sieben Gruppen. Die Bären- und Fuchsgfrisse, die Langnasen mit der fahlen Bemalung, die Lätsche mit ausgeprägter Mundpartie, die weiß oder fleischfarben bemalten Mundle - die noch vor hundert Jahren in der Mehrzahl waren - die in unzähligen Variationen vorhandenen Fratzen in mehr oder weniger grotesken Formen, die Teufelslarven und die Bartlarven. Daneben existiert eine ganze Reihe von Larven wie Totegfriß, Napoleon, Eberzahn, Sonntag und Hex, die jedoch nur vereinzelt in Erscheinung treten. Die Hauptnarrenfigur ist der Schuttig im roten Zottelgewand mit dem aus der Barockzeit stammenden, mit Schneckenhäusern besetzten und mit drei roten Wollbollen gezierten, verkehrt herum getragenen Dreispitz. Seinen Namen leitet der Narr vom Schauertag, dem mundartlichen "Schurtig", ab. So nannte man noch im 18. Jahrhundert in Elzach und anderswo den Aschermittwoch, der bis tief in das 16. Jahrhundert, aber auch noch später als Fasnachtstag gehalten wurde. Sein Name blieb am Schuttignarren hängen. Daneben ist der Rägemolli, auch ein Schuttig und eine altüberlieferte Elzacher Narrenfigur, aus einem langen Narrenschlaf erwacht. Er war vor dem ersten Weltkrieg im Narrentreiben noch zu sehen. Sein grober Leinenanzug ist statt der aufgenähten Zotteln mit Bäregfriß Sonne, Mond und vielen schwarzen Tupfen bemalt. Er trägt zumeist Bärengfriss, Langnase oder Mundle und dazu die ältere Hutform mit den Papier- statt der Wollbollen. Der Feuersalamander oder Regenmolch mußte ihm vor Zeiten seinen Namen leihen. Als Narrengerät dienen dem Schuttig wie dem Rägemolli die Saublodere am Farrenstock, seltener die lange Streckschere. Gelegentlich führt der Rägemolli auch einen Besen oder eine Fuhrmannspeitsche mit sich.

Das früh erwähnte Fasnachtsküchlein war auch 1659 sehr begehrt. Man verklagte den Pfarrherrn vor dem Stadtgericht, weil er dieses den Kindern nicht geben wollte. Im 17. und 18. Jahrhundert enthalten die Stadtrechnungen Ausgabeposten "für die Schurtignarren" (durch Lautabschleifung "Schuttig") oder "zur Abhaltung des Schurtigs". Mit Schurtig ist hier nicht nur der Narr, sondern auch dessen ältestes Brauchtum, das Taganrufen, gemeint. Dieses beginnt zwischen Nacht und Tag in der Morgenfrühe des "Fasnetmäntig". Das Nachtwächterpaar, die Taganrufer, die Taganrufermusik und viele Schuttig vollziehen dieses närrische Rügerecht an immer den gleichen Stellen im Städtchen. Nachdem der Nachtwächter sein altes Wecklied gesungen hat, tragen die Taganrufer aus der Narrenchronik die Schildbürgerstreiche in Versform vor, die der eine oder andere sich seit der letzten Fasnet geleistet hat. Die Taganrufer und die Stadt- und Narrenmusik tragen weiße, mit farbigen Streifen besetzte Hemden und dazu den hohen, spitzen Hut, den man in Elzach "Tschako" nennt. 1834 wird sogar von einem "Schuttigschultheißen" berichtet, der wegen des Inhalts eines Fasnetstückles vor den Rat zitiert worden war. Aus den Jahren 1885/86 sind zwei Exemplare einer Fasnetzeitung "EIzacher Narrenstimmen" erhalten geblieben. Welche Jahrgänge erschienen und wann sie ihr Erscheinen einstellte, ist nicht mehr bekannt.Bartlarve

Bald nach der Jahrhundertwende kam neuer Schwung in die alte Fasnet. Als mit Verordnung des Badischen Ministeriums des Innern vom 15. Januar 1920 die Fasnet allerorts "Im Hinblick auf die gegenwärtigen Zeitverhältnisse" untersagt wurde, stiegen die Elzacher trotzdem ins Zottelkleid und ernteten Strafmandate. Sogar ein Polizeiaufgebot von 20 Beamten wurde am Fasnetzinschtig, dem 17. Februar 1920, nach Elzach beordert. Auf dem Rathaus wurde lange beraten. Der Bürgermeister sollte die Feuerwehr alarmieren. Zwischenzeitlich war aber alles, was laufen konnte, die Stadtmusik voraus, vor das Rathaus gezogen. Der Stadtpfarrer setzte sich für die Narren ein und bestätigte, daß niemand an Aufruhr denke. Selbst die alte Hebamme erklärte dem Oberamtmann: "Die Schuttig moche euch nint, die hon ich alli uf d' Welt brocht." Schließlich ließ man die närrischen Elzacher gewähren. Diese sogenannte Revolutionsfasnet brachte die Elzacher Schuttig im ganzen Lande in aller Munde und gab gewaltigen Auftrieb, so daß am 7. Februar 1924 die Narrenzunft Elzach gegründet wurde, um den alten Bräuchen eine straffe Organisation zu geben. Bereits am Fasnetsunntig, dem 2. März 1924, feierte man, zusammen mit der Narrenzunft Villingen, die Fahnenweihe.

Um den Verboten der badischen und württembergischen Regierungen gemeinsam entgegentreten zu können, dann aber auch  um Narrengestalten und Bräuche zu schützen, wurde am 16. November 1924 im Stiftskeller zu Villingen die Vereinigung Mundle Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte gegründet, wobei auch Elzach zu den 13 Gründungszünften gehörte. Mitte der dreißiger Jahre war die Elzacher Zunft mit der Aufnahmepraxis der Vereinigung und mit gewissen karnevalistischen Einflüssen nicht mehr einverstanden. Sie trat aus dem Verband aus. Der Wiedereintritt erfolgte nach zwei Jahren, als die von ihr vorgebrachten, positiven Vorschläge restlose Berücksichtigung gefunden hatten. Wohl außerhalb der Reihe fand am 16. und 17. Januar 1937 eine "Zusammenkunft schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte", das erste Narrentreffen, in Elzach statt.

In den schweren Nachkriegsjahren, trotz unvorstellbarem Mangel an allem Lebensnotwendigen, wollte man nicht länger auf die Fasnet verzichten. Das französische Militärgouvernement des Landkreises Emmendingen erteilte auf Antrag am 27. Dezember 1946 die Genehmigung zur Wiedergründung der Narrenzunft Elzach. Die Versammlung zur Wiedergründung fand am 9. Januar 1947 im Zunftlokal "Zum Ochsen" satt. Nach Wiedergründung auch der Vereinigung erfolgte 1949 ein Antrag an die Regierungen von Südbaden und Württemberg-Hohenzollern, zum Schutz des Fasnachtsbrauchtums gegen Nachahmung und Verflachung gesetzliche Regelungen zu treffen, was jedoch abgelehnt wurde. Die Erfahrungen eines 1951 durchgeführten Narrentreffens führten zu einem Antrag, die Satzung der Vereinigung in der Weise zu ändern, daß Narrentreffen nur noch ca. alle fünf Jahre stattfinden und nur Zünfte teilnehmen, deren Gestalten und Brauchtum geschichtlich nachzuweisen sind. Der Antrag fand keine Mehrheit. Als die Vereinigung beabsichtigte, dem Bund deutscher Karneval beizutreten, erklärten Rottweil, Überlingen und Elzach 1953 ihren Austritt. Oberndorf folgte später nach. Man fand die Nachahmung oder Neuschaffung von Narrenfiguren, die zu häufigen Narrentreffen und die, offenbar damals herrschende, Karnevalstendenz nicht mehr den Gründungsideen entsprechend und dem überkommenen Narrenerbe und dessen unveränderter Weitergabe abträglich.

Heute, nach bald fünf Jahrzehnten, haben sich dieTeufel beim Fackelzug Wogen geglättet, jedoch zeigt die Entwicklung in der süddeutschen Narrenlandschaft, daß die "Rebellen" von damals jedenfalls für ihre Zünfte den richtigen Weg eingeschlagen haben, wobei die Probleme des Massenandrangs und gelegentliche Anzeichen von Überfremdung überall bestehen. Auch die Elzacher Narrenfiguren stehen seit einigen Jahren im Narrenschopf Bad Dürrheim. Ein absoluter Höhepunkt im Zunftgeschehen war die Errichtung des Schuttig- und Narrenbrunnens und dessen Einweihung beim Narrentag der befreundeten Zünfte Oberndorf, Rottweil, Überlingen und Elzach am 25./26. Januar 1969. Der Elzacher Maler und Bildhauer, Erznarr Erwin Krumm, hatte in zweijähriger, unentgeltlicher Arbeit den Brunnen entworfen und die Schuttigfigur sowie die acht Bronzereliefs mit allen heimischen Narrenbräuchen geschaffen. So steht jetzt der Brunnen aus Granit und in Bronze gegossen inmitten der Stadt und kündet von seinem Schöpfer und der Elzacher Fasnet. Wer bis hierher gelesen hat und jetzt augenzwinkernd meint, die Fasnet sei halt doch eine ernste Sache, dem sei ins Stammbuch geschrieben, daß mit Jubel, Trubel, Heiterkeit allein die Fasnet für einen bodenständigen Narren noch lange nicht ausgelotet und erschöpft ist. Darauf ein kräftiges "Trallaho". (1998)

Bildnachweis:

Bilder1,2,4 © NarrenSpiegel
Bilder 3+5 ©  H. Gertz


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