2. Sohn des Grafen Gregor I. von Tusculum und der Maria
eigentlich Theophylakt Graf von Tusculum
Lexikon des Mittelalters: Band I Seite 1859
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Benedikt VIII., Papst seit 21. Mai 1012
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+ 9. April 1024
zuvor Theophylakt, Sohn des Grafen Gregor von Tusculum
Er wurde als Laie zum Papst erhoben und hatte sich nach kurzem Schisma gegen Gregor (VI.), den Kandidaten der CRESCENTIER, durchgesetzt; erster in der Reihe der TUSKULANER-Päpste (Johannes XIX., Benedikt IX.). Selbstbewußt und tatkräftig sicherte sich Benedikt VIII. mit Rückhalt an HEINRICH II., den er am 14. Februar 1014 zum Kaiser krönte, die Macht über und den Kirchenstaat, die er jedoch als Oberhaupt der TUSKULANER-Familie in deren Dienst stellte. Durch einen Sieg pisanischer und genuesischer Schiffe vertrieb Benedikt 1016 die Sarazenen von den Küsten des italienischen Festlandes und Sardiniens. Der Mißerfolg seines Eingreifens in den gegen Byzanz gerichteten Aufstand in Apulien (1017/18, mit normannischer Hilfe) veranlaßte Benedikts Reise nach Deutschland, wo er Ostern 1020 in Bamberg mit HEINRICH II. zusammentraf; er weihte die dortige Stephanskirche und empfing vom Kaiser eine Neuausfertigung des Privilegium Ottonianum, die eine Übereignung des Bistums Bamberg an den Papst einschloß. Durch HEINRICHS Zug nach S-Italien (1022) konnte nur ein Teil der zuvor von Benedikt erlittenen Einbußen wettgemacht werden. Die kirchliche Zusammenarbeit mit dem Kaiser, die auf mehreren gemeinsamen Synoden (Rom und Ravenna 1014, Bamberg 1020, Pavia 1022) mit Beschlüssen gegen Simonie und Klerikerehe zum Ausdruck kam, ergab sich eher von Fall zu Fall und stand für Benedikt VIII. kaum im Vordergrund des Interesses. Wegen des Prozesses um die Hammersteiner Ehe geriet Benedikt 1023/24 in einen heftigen Streit mit Erzbischof Aribo von Mainz.
Quellen:
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LP II, 268 - Jaffe I, 506-514; II, 708f., 747f. - RI
II/5, 425-501
Literatur:
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DBI VIII, 350-354 - DHGE VIII, 61-92 - HKG III/1, 285-288
- Haller II, 168-172 - Seppelt II, 402-408 - K.J. Hermann, Das Tuskulanerpapsttum
(1012-1046), 1973 (vgl. dazu DA 34, 1978, 626f.)
BENEDIKT VIII.
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+ 1024
= Graf Theophyakt von Tusculum
Wird Kardinal von Porto und 1012 Papst.
Steht gegen die CRESCENTIER, die zeitweise Gegen-Papst
"Gregor"
aufstellen; wird von HEINRICH II. anerkannt,
krönt ihn 1014 zum Kaiser; macht sich von jeder Familienpolitik frei,
sichert den Kirchenstaat; ist mehr Feldherr und weltlicher Herrscher, schlägt
die Sarazenen vernichtend zusammen mit Pisa und Genua; fördert in
S-Italien Aufstände gegen Byzanz; zieht 1022 mit Kaiser
HEINRICH II. nach Süditalien; geht erst auf starken kaiserlichen
Druck hin kirchliche Reformen an: Synode von Pavia 1022 und erstmals Verbot
der Priesterehe. Er nimmt auch endgültig das "Credo" des Konzils von
381 in die römische Meßordnung auf.
Das Papsttum wurde jetzt für drei Pontifikate Privatbesitz
- wie über ein Jahrhundert zuvor - die Grafen von Tusculum,
zweier Brüder und ihres Neffen. Keiner dieser drei Päpste ist
Priester gewesen. Der Papst war ein brutaler, begabter Condottiere, der
seinen beiden Brüdern, Alberich
III. und Romanus, zur Festigung seiner Macht den Titel Consul
et Dux von Rom verlieh und sie mit entsprechenden Befugnissen ausstattete.
Die CRESCENTIER, obwohl zur gleichen Familie der Grafen von Tusculum
gehörend, stellten einen Gegen-Papst auf, der zu HEINRICH
II. nach Deutschland reiste. Er fand Ablehnung, der König
anerkannte den Papst, der ihn und seine Gemahlin Kunigunde
zu Kaiser und Kaiserin krönte.
Der Papst konsolidierte den Kirchenstaat, stellte ein
Heer auf, schlug bei Luni die nun auch Oberitalien verwüstenden Sarazenen
und verbündete sich, als diese Sardinien besetzten, mit den Seemächten
Pisa und Genua, nachdem er zuvor eine Flotte hatte bauen lassen, die, gemeinsam
mit den Seestreitkräften der beiden Republiken, Sardinien wieder befreite,
worauf die Insel Lehen Pisas wurde. Er unterstützte die nationale
Erhebung gegen Byzanz, das in Unteritalien bei Cannae gegen die zum erstenmale
auftauchenden Normannen gesiegt hatte, und reiste zum Kaiser nach Bamberg,
wo er sich mit ihm zu einem Feldzug gegen die zum letztenmale sich festigende
byzantinische Macht in S-Italien verbündete; es wurden jedoch nur
Teilerfolge erzielt.
Erst nachdem der Kaiser als begeisterter Anhänger
von Cluny ihn daran erinnerte, daß er nicht nur Feldherr sei, befaßte
der Papst sich etwas mit kirchlichen Reformen und verbot zum erstenmale
bei Strafe der Absetzung die Priesterehe; das praktische Ergebnis war sehr
gering. Der Kaiser veranlaßte den Papst, das Credo des 2. allgemeinen
Konzils von Konstantinopel unter Damasus I. endgültig in die
römische Meßordnung aufzunehmen.
Erschreckend war die Gemeinsamkeit von Kaiser und Papst
in der Judenverfolgung.
Benedikt VIII.
ließ eine Anzahl von Juden hinrichten, weil er ihnen, abergläubisch
wie er war, die Schuld an einem Orkan und einem Erdbeben zuschrieb.
Robert II. von Frankreich,
der sich seinen zweifelhaften Beinamen "der Fromme"
verdient hat, ließ in Orleans etwa 12 Kanoniker als Ketzer verbrennen
- das erste Autodafe, ein Fanal für das Papsttum, das diese grauenvolle
Exekutive des Glaubensterrors später aufgreifen und als "heilige Inquisition"
mit juristischen Klauseln umgeben sollte.
I. ADLIGE AUF DEM PAPSTTHRON
"Patricio quoque mortuo, ordinatus est domnus
Benedictus". Mit diesen knappen Worten
schilderte Abt Hugo von Farfa in seiner Exceptio elationum den Umsturz
in Rom im Mai des Jahres 1012 und den Übergang von der crescentischen
zur tuskulanischen Herrschaft. Was
dem Zeitgenossen Hugo auf den ersten Blick als einer der üblichen,
die Stadt Rom heimsuchenden Putsche machthungriger Adelscliquen erscheinen
mußte, bedeutete in Wirklichkeit den Anfang einer neuen Epoche des
Papsttums und der Kirche unter Führung der TUSKULANER-Päpste.
Seit dem Tode OTTOS
III. und Silvesters
II. war das Papsttum immer mehr in eine beklemmende Abhängigkeit
geraten. Zwar bewahrten sich die Päpste die Freiheit der geistlichen
Entscheidung, allein der Bevormundung durch den Stadtpatricus Johannes
in der Ewigen Stadt mußten sich die zeitgenössischen Päpste
wie Johannes XVIII.
und Sergius IV. beugen.
Kennzeichen crescentischer Politik blieb das ehrgeizige Bemühen,
die politische Macht in Rom in den eigenen Händen zu halten. Was tat
es da Wunder, daß nach fast 11-jährigem Regiment der Widerstand
sich regte. Als Anführer der Umsturzpartei erschienen die drei Brüder
Alberich, Theophylakt
und
Romanus, Söhne des Gregor von Tuskulum und seiner Frau
Maria.
Es war dies jener Gregor, der sich maßgeblich am römischen
Aufstand 1001 gegen seinen früheren Förderer
OTTO
III. beteiligt hatte, in der Folgezeit aber die Herrschaft an
den CRESCENTIER Johannes verlor, der mit Hilfe seiner weit versippten
Familie ein autokratisches Regiment über Rom und das Papsttum
führen konnte.
Stammsitz der TUSKULANER, dieser "wilden Barone",
war das steile und befestigte Tuskulum, auf einem Hügel des
albanischen Vulkans über Frascati gelegen, 21 km auf der via Tuscolana
von Rom entfernt. In den späteren Jahren der römischen Republik
war das seit alters bestehende municipium wegen seiner geschützten
und lieblichen Lage bevorzugter Sommeraufenthalt einflußreicher Bürger
geworden; hier hatten Cato und Cicero Landhäuser, und auch die späteren
Kaiser
Nero, Galba,
Domitian,
Nerva,
Marc Aurel, Septimius
Severus und Alexander Severus
verschmähten es nicht, sich hier Villen errichten zu lassen. Jener
Gregor
I. von Tuskulum war der Sohn der Marozia
II. und somit naher Verwandter des großen Alberich,
der den Kirchenstaat fast 20 Jahre unangefochten und souverän geführt
hatte. Über seine Tante Stephania
II., die mit dem Grafen
Benedikt I. von der Sabina verheiratet und über deren gemeinsamen
Sohn Benedikt
II., seinem Cousin, der auf Anraten Papst
Johannes' XIII. Theodoranda, die Tochter des Crescentius vom
Marmorpferde, ehelichte, unterhielt er weitgehende verwandtschaftliche
Beziehungen zu den CRESCENTIERN wie auch zu den Päpsten
Johannes XIII. und
Benedikt
VII. Über den Vater Gregors de Tusculana schweigen
sich die Quellen aus. Vielleicht war es jener Vestarar Theophylakt,
der mit einer "Maroza nobilis femina" verehelicht gewesen zu sein
scheint. Das erste Mal urkundlich erwähnt, taucht Gregor in einer
Schenkungsurkunde für das Kloster Subiaco mit der Ehrenbezeichnung
"consul et dux", dem Prädikat der politischen Gewalthaber,
vom August 961, also noch zu Zeiten Johannes'
XII., auf. Diese Ehrenbezeigung für den wohl noch verhältnismäßig
jungen Gregor beweist, dass der Familie der großen Marozia
und des Fürsten Alberich über des letzteren Tod hinaus
in Rom eine führende Stellung innerhalb des Adelssenates verblieben
war. Noch zur Zeit der Wirren in der Stadt Rom im Frühsommer 966 und
bei den darauffolgenden Umstürzen sich ablösender Adelskonjurationen
und -fraktionen, die die Abkehr von der Vorherrschaft der Sippschaft des
Alberichs in Rom einleiteten, bestätigte Gregor unter seinem
alten Titel die Entscheidung der Schiedsrichter in einem Güterstreit
des Klosters Subiaco. Dann allerdings scheint die Familie der jüngeren
Marozia politisch in den Hintergrund gedrängt worden zu sein;
jedenfalls besitzen wir bis zum Jahre 979 keine urkundliche Erwähnung
Gregors mehr. Ein neuerlicher Umschwung zugunsten der Marozia-Familie
schien sich jedoch nach 974 abzuzeichnen, noch bevor mit Bischof Benedikt
von Sutri ein mit dem Princeps Alberich verwandter Römer und Onkel
des TUSKULANERS die Cathedra Petri als Benedikt
VII. bestieg. Wohl zwischen 974 und 980 ernannte der tatkräftige
Papst seinen Neffen zum Rektor des stadtrömischen Klosters Renati;
gleichzeitig war es dem "illustrissimo viro, filius Maroze senatrix"
gelungen, seine alte Stellung als "consul et dux" wieder zu erlangen
.
Nach der vorübergehenden Entmachtung der führenden
CRESCENTIER-Partei, die im Jahre 998 mit der Hinrichtung des Crescentius
II. ihren vorläufigen Höhepunkt fand, scheint sich die TUSKULANER-Partei
unter Führung
Gregors der kaiserlichen wie päpstlichen
Sache angenommen zu haben. OTTO III.
ernannte den TUSKULANER-Grafen zum Seepräfekten und dessen
wohl ältesten Sohn Alberich zum kaiserlichen Palastmagister. Als Anfang
Juni des Jahres 1000 in Orte ein Aufstand einer papstfeindlichen Partei
ausbrach, der das Leben des anwesenden Papstes Silvesters II. ernsthaft
bedrohte, war es Gregor von Tuskulum, der vom Papst zum Kaiser gesandt
wurde, um diesen zum Eingreifen zu bewegen. Nach dem mißlungenen
Putschversuch des TUSKULANERS im Jahre 1001 ergriffen die CRESCENTIER
für mehr als ein Jahrzehnt wieder die absolute weltliche Leitung
Roms mit dem Anspruch souveräner Führung.
Außenpolitisch war diese letzte Epoche der CRESCENTIER-Herrschaft
durch vorsichtiges Taktieren gegenüber dem seit 1002 regierenden neuen
deutschen
König
HEINRICH II. bestimmt, den man mit Versprechungen und Hinhaltemanöver
von einem Romzug abzuhalten versuchte; innenpolitisch wußte der Patricius
Johannes mit klugem Nepotismus die wichtigen Schaltzentralen der Macht
mit Angehörigen seiner Sippe zu besetzen. Es zeigte sich jedoch, daß
allein der Patricius imstande war, den von ihm geschaffenen Machtapparat
virtuos zu bedienen, und daß nach seinem Tod die Macht für immer
aus den Händen seiner Familie glitt.
Ausgelöst wurde dieser einschneidende Wechsel durch
die plötzliche Duplizität von Todesfällen im kirchlichen
und weltlichen Regiment. Am 12. Mai 1012 starb Papst Sergius IV.;
ihm folgte der Patricius am 18. Mai, kaum eine Woche später, ins Grab
nach. Was sich zwischen dem 12. und 18. Mai in Rom ereignete, verschweigen
die Quellen.
Sicher scheint nur zu sein, daß nach dem Tod des
Johannes in Rom heftige Parteikämpfe entbrannten, die sich im Spätsommer
des Jahres 1012 zu regelrechten Feldzügen auswuchsen. Wohl sofort
nach dem Ableben Sergius' IV. erhoben die CRESCENTIER einen
ihrer Parteigänger, der sich den Namen
Gregor
zulegte, zum
Papst. Dieser konnte sich jedoch nach dem Tod des Patricius nicht gegen
die heftigen Angriffe der TUSKULANER halten, die nun im Gegenzug
Theophylakt
unter dem Namen Benedikt
zum Papst kürten .
Gregor mußte aus Rom nach der Sabina ausweichen,
wo er offenbar Unterstützung von den STEPHANIERN Crescentius
und Johannes erhielt. In der Stadt aber konnte sich Benedikt
durchsetzen
und am Himmelfahrtstag des Jahres 1012, also einem Donnerstag, die Konsekration
erhalten.
Der neue Papst war wohl der zweitälteste Sohn Gregors
und um 980 geboren, in der stadtrömischen Politik bis zu diesem
Zeitpunkt noch ein Unbekannter. Seine ersten Aktionen und Maßnahmen
aber zeigten politischen Verstand und Spürsinn, denn es gelang ihm
rasch, in Rom seine Position so zu festigen, daß er Anfang Juni 1012
daran denken konnte, die Reste des Widerstandes auf dem Lande zu brechen.
Hauptwiderstandsnest war der Stammsitz der STEPHANIER,
die Stadt Palestrina, die den CRESCENTIERN 970 von Papst Johannes
XIII. bis zur 3. Generation überlassen worden war. In raschem
Kriegszug eroberte Benedikt VIII. fast
alle Burgen der STEPHANIER. Als Johannes in seiner letzten
Zufluchtsstätte Palestrina von den Truppen des Papstes eingeschlossen
wurde, sah sich sein Bruder Crescentius veranlaßt, für
seine Befreiung ein dreitägiges Bittfasten von den Mönchen von
Farfa zu erflehen. Benedikt zeigte sich über die Gebete der
Mönche für seine Erzgegner wohl erbost; sie nützten jedoch
wenig. Angesichts der militärischen Übermacht war Johannes
gezwungen, die Waffen zu strecken und am 22. August 1012 einen Separatfrieden
zu schließen, wobei er versprach, die Stadt Palestrina dem römischen
Stuhl zu restituieren. Der Papst brach darauf die Belagerung ab und kehrte
nach Rom zurück.
Der Verlauf dieses Kriegszuges und das Zurückweichen
der staphanischen Opposition dürften auch das Schicksal des Papstes
Gregor VI. entschieden haben. Durch den Zwang der Ereignisse dazu
getrieben und jeder weiteren Unterstützung bar, brach er nach Deutschland
auf und versuchte dort, sich die Rechtmäßigkeit seines Pontifikates
durch ein Votum HEINRICHS bestätigen
zu lassen. Als der Papst an Weihnachten 1012 in Pöhlde eintraf, empfing
der König den im vollen apostolischen Ornat erschienenen Gregor
zwar,
nahm aber seine Amtsinsignien wie ihn selbst in Gewahrsam und vertröstete
ihn, die Angelegenheit zu regeln, sobald er nach Italien käme. Diese
Entscheidung HEINRICHS erfolgte jedoch
nur zum Schein, denn die Würfel waren bereits gefallen. Im August
und Oktober hatten sich Abgesandte der Erzbischöfe von Magdeburg bei
Benedikt
in Rom und nicht bei Gregor eingefunden, um das Pallium zu erbitten.
Der König selbst scheint Ende des Jahres 1012 über Boten als
Petent an Benedikt VIII. herangetreten
zu sein, um von ihm eine Bestätigung seiner Lieblingsstiftung, des
Bamberger Bistums, zu erreichen, was ihm der Papst auch prompt und willigst
erfüllte. So hatte der TUSKULANER zum Jahreswechsel 1012/13
die Anerkennung durch den deutschen König gefunden; sein beklagenswerter
Gegenpart Gregor VI. verschwand im Dunkel der Geschichte, aus dem
er hervorgetaucht war, um für wenige Monate das Dasein eines Schattenpapstes
zu führen.
Was die nun folgende tuskulanische Epoche grundlegend
von der vorangegangenen crescentischen unterschied, war der Umstand, daß
der Papst das Stadtpatriziat nicht weiter besetzte, sondern versuchte,
über ein starkes Papsttum den Einfluß der römischen Kirche
auf Bereiche des weltlichen Lebens auszudehnen. Hatte der Patricius
Johannes II. Crescentius es vermocht, Einfluß auf das Papsttum
zu nehmen, so ging Benedikt den umgekehrten
Weg, indem er die weltliche Macht innerhalb Roms aufsplitterte, so daß
sie der päpstlichen in ihrer Beschränktheit keine Konkurrenz
zu machen imstande war. Zwar verblieb der OKTAVIANER Crescentius
im Amt des Stadtpräfekten, indem aber der Papst ihm als "consul
et dux" seinen Bruder Alberich III. zur Seite stellte, der auf
päpstliches Gebot hin Gericht hielt , traten des ersteren Richterfunktionen
in den Hintergrund und wurde seine frühere Machtbasis entscheidend
gemindert.
Die gleiche Taktik verfolgte Benedikt
mit einigem Erfolg auch in den römischen Provinzen. So trug Amatus,
der Schwiegervater des Sabina-Grafen
Oddo, weiterhin den Titel eines "comes Campaniae", aber
im Rektorat der Sabina verschwand nach September 1012 der bisherige OKTAVIANER
Crescentius, um einem gewissen Grafen Berard Platz zu machen. Überdies
verlieh der TUSKALANER in Tivoli, dem Hauptsitz der oktavianischen
CRESCENTIER, einem seiner Parteigänger, dem nobilis vir Stephan,
das Torzollrecht, auch dies wohl als Maßnahme gegen die dortigen
Machthaber gedacht. Diese geschickte Abschwächung bisher kompakter
Machtfunktionen in der Hand einer Adelskamarilla sicherte Benedikt
eine
bedeutende Stärkung der päpstlichen Position, von der aus er
sich erlauben konnte, seinen Entscheidungen allgemeines Gewicht zu verschaffen.
Es lag ganz in seiner Politik der "Stärkung der Kirche", daß
der Papst auch außerhalb Roms die geistlichen Institutionen durch
Vergabungen und Verfügungen zu sichern trachtete, indem er den Einfluß
der örtlichen Machthaber eindämmte, ohne aber auch hier letztlich
päpstliche Einspruchsmöglichkeiten gegenüber dem nun gestärkten
geistlichen Regiment aufzugeben. Ein beredtes Beispiel dafür bildet
die Vergabe an Bischof Benedikt II. von Porto, in der dem Bischof unter
anderem die Rechte und Einnahmen des Gastaldenamtes in und außerhalb
Portos sowie das Mühlen- und Brückenrecht am Tiber übertragen
wurden, seine Gerichtsgewalt in Trastevere aber vorbehaltlich höherer
Rechte päpstlicher missi eingeschränkt wurde. Dem weltlichen
comes verblieb nach diesem Privileg nur noch die allgemeine Verwaltung;
Benedikt
behielt sich dagegen durch die Betonung der Rechte des direkt dem Papste
unterstellten missus apostolicus ein Mitwirkungsrecht in dem nun von weltlicher
Bevormundung weitgehend befreiten Bistum vor. Wanderten päpstliche
Rechte und Besitztümer nicht in die Hände geistlicher Institutionen,
so sah Benedikt, der zur besseren Kontrolle des Kirchenbesitzes
ein genaues Inventar der tuszischen Patrimonien des Heiligen Stuhles anfertigen
ließ, sehr genau darauf, wer sie erhielt und wie sie genutzt wurden.
So überließ der Papst nun beispielsweise dem Grafen Hugo I.
Gherardesca und seinen Brüdern die der römischen Kirche gehörige
Pfarre S. Giustiniano in Falesia lediglich mit der Auflage, daß sie
integraler Bestandteil eines noch zu gründenden Klosters werde. Graf
Bonifaz von Canossa erhielt die bereits seinem Großvater
und Vater übertragenen Ländereien des Hl. Stuhles in der Grafschaft
Ferrara wohl nur deshalb ungeschmälert zugesichert, weil er als treuer
und zuverlässiger Parteigänger
HEINRICHS
galt. Diese sparsame Vergabung von Kirchenbesitz in Hände weltlicher
Großer war ohne Zweifel ein Teil der "Reorganisationsbestrebungen"
zum Ausbau der päpstlichen Verfügungsgewalt. Den längsten
und hartnäckigsten Kampf aber führte der TUSKULANER-Papst
um die Rechte der alten Abtei Farfa.
Im Jahre 1009 hatte Abt Hugo von Farfa, von Gewissensbissen
wegen seiner simonistischen Erhebung geplagt, auf seine Würde verzichtet;
die Mönche wählten daraufhin Guido, seinen Neffen, zum neuen
Vorsteher, der auf das Plazet des Patricius Johannes hin von Papst
Johannes XVIII. die Weihe erhielt. Der Exabt Hugo, der direkte und
herzliche Beziehungen zu HEINRICH II.
pflegte, blieb aber über seine Resignation hinaus die graue Eminenz,
die alle Fäden in der Hand zu halten wußte. Im Frühsommer
des Jahres 1012 hatte er, wie die gesamte Abtei, noch nicht eindeutig für
Benedikt votiert; das bewiesen die Oratorien für den eingeschlossenen
STEPHANIER. In der Folgezeit verbesserten sich die Beziehungen des
cluniazensisch ausgerichteten Klosters zum Papst jedoch entscheidend. Mitte
Mai des Jahres 1013 entschied
Benedikt VIII.
in einem Güterstreit zugunsten Farfas, und am 2. Juni 1013 schenkte
der Papst dem Kloster für sein, seiner Eltern Gregor und Maria
sowie für seiner Schwester Seelenheil aus Eigenbesitz einen im
Gut Fiano im Territorium Collina bei Rieti gelegenen Weingarten. Diese
Schenkung zeigte nicht nur die Frömmigkeit des Papstes, sondern ließ
darüber hinaus auch die politische Absicht erkennen, Farfa durch Zugeständnisse
vollends für seine Person zu gewinnen. Im Februar 1014 weilte König
HEINRICH II. mit seiner Frau in Rom und wurde vom Papst zum
Kaiser gekrönt. Die im Anschluß an die Feierlichkeiten stattfindende
Synode sah sich unter anderem mit Problemen Farfas konfrontiert, die einer
Lösung harrten. In der Zwischenzeit hatte Hugo seine frühere
Abtwürde wieder übernommen. In einem Verhandlungstermin am 21.
Februar 1014 legte er seine Querelen gegen die STEPHANIER Johannes
und Crescentius dar. Dabei stellte sich heraus, daß die Gegner
Benedikts sich aus dem reichen Besitz
der Abtei widerrechtlich das Kastell Bocchignano in der Sabina angeeignet
hatten. Als auf Befragung durch HEINRICH
anwesende
Richter den Anspruch des Klosters bestätigten, der ebenfalls anwesende
STEPHANIER Johannes sich jedoch der kaiserlichen Aufforderung versagte,
seinen Bruder Crescentius zur gütlichen Streitschlichtung nach
Rom zu holen, verhärteten sich die Fronten. Die Entscheidung
HEINRICHS,
mit päpstlichen Truppen die Zwangsrestitution durchzuführen,
war das Signal für einen blutigen Aufstand in Rom, der sowohl das
Leben des Papstes wie auch das des Kaisers aufs ärgste bedrohte.
Die Rebellion war ohne Zweifel geplant worden und stellte
den letzten Versuch der STEPHANIER und anderer mißgestimmter
Adelskreise dar, das Rad der Geschichte auf die Zeit vor dem Mai 1012 zurückzudrehen.
Im Bunde gegen die neue kaiserlich-päpstliche Koalition kämpften
Ugo, Azzo und Adalbert, Söhne des toskanischen Grafen Otbert II. und
Kampfgefährten des sich noch im bergigen Norden Italiens haltenden
National-Königs Arduin.
Die lombardischen Aufrührer konnten nach einem verlustreichen Kampf
an der Tiberbrücke überwältigt und gefangengenommen werden.
Dem CRESCENTIER Johannes war offensichtlich eine direkte Beteiligung
am Putsch nicht nachzuweisen. Fazit der Erhebung war, dass der Kaiser,
militärisch geschwächt, Verhandlungen mit Johannes aufnehmen
und ihm gestatten mußte, nach Hause zurückzugehen, jedoch mit
der Auflage, dass entweder er oder sein Bruder Crescentius innerhalb
dreier Tage zurückkehren, um den Streitfall beizulegen.
Die beiden Brüder hüteten sich jedoch, in die
Höhle des Löwen nach Rom zurückzukommen. Als die zugestandene
Frist verstrichen war, sah der Kaiser dies als Schuldeingeständnis
der beiden Brüder an und investierte Hugo von Farfa mit den geforderten
Burgen Bocchignano und Tribuccum. Die schwierige Aufgabe der Besitzeinweisung
übertrug man dem Papst. Doch die kampfeslustigen STEPHANIER
gaben sich noch nicht geschlagen. Während Benedikt
HEINRICH
von Rom nach Ravenna begleitete, versuchten sie mit Drohungen
die Mönche dazu zu bringen, auf die ihnen zustehenden Güter zu
verzichten. Zwar nahm der eingeschüchterte Abt mit den Sabina-Granden
Verhandlungen auf und erreichte zunächst einen 30-tägigen Waffenstillstand,
doch als der Papst nach Rom zurückkehrte, suchte Hugo sofort bei ihm
Hilfe und forderte Benedikt auf, gegen
die beiden vorzugehen. Der TUSKULANER wollte aber zunächst
eine friedliche Lösung des Konflikts. Crescentius wie Johannes
wurden gebeten, in Rom vor einem päpstlichen Tribunal zu erscheinen,
um mit dem Kloster einen gerechten Vertrag über die Streitobjekte
auszuhandeln. Dieser Kompromißvorschlag dünkte den STEPHANIERN
aber wenig gut; sie zogen es vor, auf ihren festen Burgen zu verbleiben
und der Aufforderung des Papstes damit Hohn zu sprechen.
Das bedeutete Krieg. Benedikt
war über den einseitigen Abbruch der Verhandlungen und die schroffe
Zurückweisung seines Angebotes derart erregt, daß er mit einem
eilig gesammelten Heer Mitte Juni 1014 in die Sabina aufbrach und Bocchignano
zu belagern begann. Die Sommerhitze in der Sabina verkürzte die Belagerungszeit
erheblich. Als den eingeschlossenen Crescentius das Wasser knapp
wurde, sah er sich zur Kapitulation veranlaßt und erhielt gegen die
Verpflichtung, sich binnen 20 Tagen vor Tribuccum dem päpstlichen
Gericht zu Stellen, von Benedikt VIII.
großmütig freien Abzug gewährt. Der Papst verkündete
daraufhin in einer Urkunde, daß er die Burg Bocchignano gemäß
dem kaiserlichen Auftrag zurückgewonnen habe, verlieh Hugo die Gerichtsbarkeit
in der Burg und belegte Rechtsübertretungen mit einer Strafe von 100
Goldpfund. Doch der bereits proklamierte Sieg war nur ein halber, denn
wiederum erwies sich die generöse Verhandlungsbereitschaft Benedikts
gegenüber Crescentius als verfehlte Liebesmühe. Als Benedikt
Ende Juli an dem ausgemachten Treffpunkt erschien und eine öffentliche
Anhörung im Beisein vieler römischer Adliger den Rechtsanspruch
Farfas auf Tribuccum erneut ergab, zog es der STEPHANIER vor, in
der Feste zu verbleiben und nicht zu erscheinen. Da der Vorgeladene trotz
intensiver Bemühungen und dreimaliger Aufforderung nicht aus seinem
Bau hervorzulocken war und auch das Angebot Benedikts,
wenigstens vor das Burgtor zu kommen, wenn er ein Erscheinen vor ihm selbst
scheue, kein Echo fand, leitete man das Kontumazialverfahren ein. Am 2.
August 1014 erhielt Abt Hugo auf Beschluß der Richter endgültig
Bocchignano als Eigentum zugesichert, und der Papst belegte die Verletzung
der Besitzrechte durch Crescentius und seine Erben mit einer Strafe
von 100 Goldpfund.
Noch aber hielt sich der CRESCENTIER in Tribuccum.
Es dauerte ein Jahr, bis Benedikt VIII.
im Herbst 1015 darangehen konnte, den letzten Widerstand zu brechen. Nach
einer glücklichen Belagerung der Burg, die man durch Aushungerung
zur Aufgabe zwang, mußten die beiden renitenten STEPHANIER
den Weg ins Exil antreten, während Hugo den erwünschten Besitz
erhielt.
Der Zusammenbruch der stephanischen Hausmacht in der
Sabina lockte einzelne Adelskreise, sich selbstsüchtig aus der anfallenden
Konkursmasse einen Teil zu sichern. Einer dieser landhungrigen Barone war
der eigene Bruder des Papstes, der Konsul Romanus, der nach der Zurückgabe
Tribuccums und dessen Pertinenzen an Farfa die Höfe Serrano und Ponziano
besetzte, wohl in der stillen Hoffnung, der Abt werde es nicht wagen, gegen
den leiblichen Bruder des Papstes zu prozessieren. Doch er hatte sich sowohl
in Hugo wie auch in Benedikt getäuscht.
Der Abt, der es nicht zulassen wollte, den lang umkämpften Besitz
geschmälert zu erhalten, legte Protest beim Papste ein; und dieser
sah sich genötigt, wollte er nicht in den Geruch kommen, den Kampf
um die Rechte Farfas aus vordergründig eigennützigen Motiven
geführt zu haben, eine Gerichtsverhandlung gegen den Bruder anzuberaumen.
In Anwesenheit der römischen Stadtprominenz erging schließlich
ein glimpfliches Urteil. Beide Seiten einigten sich auf die Formel, Romanus
habe
sich die Höfe aus Unwissenheit über bestehende Eigentumsverhältnisse
angeeignet. Darüber hinaus bedrohte man eine weitere Besitzstörung
durch den Konsul oder dessen Erben mit einer Strafe von 10 Goldpfund und
gab Hugo die eingeklagten Höfe zurück. Die Niederwerfung der
STEPHANIER 1015 erfolgte sowohl aus dem Willen
Benedikts, die Rechte der Farfenser Abtei zu schützen,
als auch in der grundsätzlichen Absicht, das päpstliche Regiment
zu stärken und die adlige Opposition zu vernichten. Als die vom Papst
Verbannten 1019 in ihre Heimat zurückkehrten, hatte sich die politische
Situation grundlegend geändert. Benedikt
VIII., in Vorbereitung der S-Italienexpedition, mußte
sich dazu herablassen, Burgfrieden mit den STEPHANIERN zu schließen,
wollte er während seiner Abwesenheit von Rom nicht einen Putsch riskieren.
Es unterstrich den politischen Spürsinn des Papstes für gegebene
Realitäten, daß er jetzt die Belange des Farfenser Klosters
zurückstellte und den STEPHANIERN im Austausch gegen ein Stillhalteabkommen
Tribuccum und Bocchignano zusicherte. Freilich scheint diese Einigung,
wie Hugo uns berichtet, nicht ganz freiwillig vor sich gegangen zu sein.
Truppen des Grafen Rainer von Galeria schlugen sich auf die Seite der beiden
CRESCENTIER und bestimmten die Entscheidung des Papstes nicht unwesentlich.
Treuhänder des Abkommens wurden der Bruder des Papstes Romanus
und sein Neffe Gregor, der Bruder des späteren Papstes Benedikt
IX.
Auch auf die innerstaatlichen Verhältnisse des Kirchenstaates
hatte dieser Vertrag Auswirkungen. Im Jahre 1019 war der wahrscheinlich
der oktavianischen Familie angehörige Stadtpräfekt Crescentius
verstorben; als sein Nachfolger rückte nun der STEPHANIER Crescentius
in dieses Amt ein. Bevor sich diese Einigung zwischen TUSKULANERN
und STEPHANIERN abzeichnete, hatte Abt Hugo auf einer Deutschlandreise
Kaiser
HEINRICH, der über die innenpolitische Entwicklung in Rom
kaum unterrichtet gewesen sein dürfte, dazu bewogen, seinem Kloster
sämtliche Besitzungen, darunter auch Bocchignano und Tribuccum, zu
bestätigen. Zwar hielt dieses Diplom die Annäherung der beiden
Adelsgeschlechter nicht auf, doch konnte Hugo mit dem kaiserlichen Privileg
in der Hand verhindern, daß die Kastelle tatsächlich an Johannes
und Crescentius ausgeliefert wurden. In seiner Not, immer befürchtend,
die Kastelle ausliefern zu müssen, wandte der Abt eine List an, die
ihm der pfiffige Erzbischof Pilgrim von Köln eingegeben hatte. Er
schloß mit den crescentischen OKTAVIANERN ein Schutzbündnis
ab und gewann sie nun für einen Nutzungsanteil an den Pertinenzen
von Tribuccum, die Beschützerrolle gegen die STEPHANIER spielen.
Als 1022 HEINRICH mit Benedikt
VIII. vor der griechischen Feste
Troja lag, versäumte der agile Abt nicht, den Kaiser erneut auf die
prekäre Lage seines Klosters hinzuweisen und erneute Maßnahmen
gegen die STEPHANIER zu erbitten.
HEINRICH,
von Benedikt
über die Hintergründe
seines Friedensvertrages informiert, beließ alles, wie es war, und
billigte nur in nachherein den Schutzvertrag des Klosters mit den OKTAVIANERN.
Der Papst aber zog aus diesem Vorfall wichtige Konsequenzen;
sei es, daß er einen Familienkampf der CRESCENTIER in und
um Rom der Ruhe willen vermeiden wollte, sei es, daß der Machtanwuchs
der OKTAVIANER ihn störte: Ab September 1023 setzte er seine
Neffen Petrus und Gregor als Mitrektoren in der Sabina ein
und behielt sich dadurch eine wirksame Kontrolle vor.
Nicht zuletzt der Geschicklichkeit Benedikts
VIII. und seinem energischen Wesen war es zu danken, das es
dem Papsttum gelang, die Adelsdiktatur der vorangegangenen Zeit abzuschütteln,
Rom zu befrieden und der Cathedra Petri gesteigertes Ansehen zu verschaffen.
Als der Papst am 9. April l024 verstarb, war der Kirchenstaat wohl
geordnet; sein Bruder Romanus konnte ohne jegliche Opposition spätestens
am 19. April 1024 die Konsekration erlangen.
EXKURS: DIE DATIERUNG DER PONTIFIKATE
a) Benedikt VIII.
Es gab bisher weitgehende Meinungsverschiedenheiten über
das Datum der Wahl wie auch der Konsekration Benedikts,
wohl letztlich deshalb, weil die vorhandenen Quellen sich in der Sedenzzeit
des Papstes widersprechen. Laut seinem Epitaph regierte der Vorgänger
des TUSKULANERS, Sergius IV., 2 Jahre, 9 Monate und 12 Tage
(vgl. Zimmermann: Papstregesten no. 1074 Kommentar). Als Sterbetag erscheint
dort - fälschlich die Jahresangabe (vgl. Poole: Chronology 17; Zimmermann:
Papstregesten no. 1074 Kommentar) - der 12. Mai 1013. Obwohl die Auffassung,
das Sterbejahr
Sergius' IV. falle auf 1013, einige Quellen teilen
(vgl. Zimmermann: Papstregesten no. 1074 und no. 1075), zeigen uns jedoch
Urkundendatierungen deutlich, daß der Pontifikatsbeginn Benedikts
VIII. spätestens auf den 21. Mai 1012 festzusetzen ist
(vgl. Zimmermann: Papstabsetzungen 115 Anm. 70). Die eine aus Subiaco (Allodi-Levi:
Regesto no. 136, geschrieben von Georgius scriniarius sancte Romane ecclesie)
zählt den 21. Mai 1016 bereits ins 5. Pontifikatsjahr, die andere
aus Farfa (Giorgi-Balzani: Regesto IV no. 638, geschrieben von Petrus scriniarius
sanctae Romanae aecclesiae) den 20. Mai 1013 noch in das erste Jahr Benedikts.Entsprechend
dazu datieren andere Urkunden aus Farfa (Giorgi-Balzani: Regesto IV no.
637 und 667) den 23. Mai 1013 in das 2. Pontifikatsjahr. Falsch dagegen
ist die Datierung einer Privaturkunde des römischen Klosters SS. Cosma
e Damiano (Fedele: Carte no. 27), die den 29. Mai 1022 noch in das
10. Jahr Benedikts setzt. Während
Kaiserjahr und Indiktion stimmen, muß in der Berechnung der Pontifikatsjahre
dem Schreiber ein Fehler unterlaufen sein. Weitere Urkunden aus Farfa bzw.
Subiaco (vgl. Giorgi-Balzani: Regesto III no. 501 und Allodi-Levi: Regesto
no. 193) zeigen, dass Theophylakt/Benedikt am
8. bzw. 5. Mai noch keinerlei Ansprüche auf die Cathedra Petri erhob.
Im Totenregister von Fulda (MGH SS XIII 211 a), dem Einsiedler
Nekrolog (MGH Necr. 1 622) und bei Marianus Scottus: Chronicon (MGH SS
V 556) wird der Tod Benedikts VIII. am
7.
April 1024 festgehalten. Der Weißenburger Nekrolog (Böhmer:
Fontes IV 311) verzeichnet den 8. April, das zeitgenössische Obituar
des römischen Cyriakusklosters (FSI 44, 26) den 9. April. Der Liber
Pontificalis gibt in seinen verschiedenen Redaktionen 11 Jahre, 11 Monate
und 21 Tage oder 11 Jahre, 10 Monate und 21 Tage an. Ebenso lesen der Catalogus
Viterbensis (MGH 55 XXII 349) und das Chronicon castri Cameracensii (MGH
SS VII 527) 11 Jahre, 10 Monate und 21 Tage. Hält man am 21. Mai 1022
als durch Urkunden gesicherten Termin für die Stuhlbesteigung fest
und nimmt man als anderen Fixpunkt den 7. April 1024, so ergibt die Rechnung
eine Sedenzdauer von 11 Jahren, 10 Monaten und 17 Tagen.
Akzeptieren wir die Lesart 11 Jahre, 10 Monate und 21
Tage, so kommen wir auf den 17. Mai 1012 als Wahltag. Der 8. April 1024
als Sterbetag abzüglich derselben Sedenzzeit ergäbe den 18. Mai
1012, der zeitgenössische Termin des Cyriakusklosters mit dem 9. April
den 19. Mai 1012. Die Lesart 11 Jahre, 10 Monate und 21 Tage kommt der
Stuhlsetzung am 21. Mai 1012 (vgl. Zimmermann: Papstregesten no. 1075)
und dem Sterbedatum des Cyriakusklosters am nächsten. Die anderen
Lesarten (vgl. Zimmermann: Papstregesten no. 1276) scheiden notgedrungen
als zu kurz oder zu lang aus. Zum Papstgrab vgl. Montini: Tombe 174.
Literatur:
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Adam von Bremen: Hamburgische Kirchengeschichte.
in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters
Band XI Seite 284 - Cawthorne Nigel: Das Sexleben der Päpste.
Die Skandalchronik des Vatikans. Benedikt Taschen Verlag 1999 Seite 132,134,135
- Hermann von Reichenau: Chronicon. in: Ausgewählte Quellen
zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI Seite 530,658-662 - Herrmann,
Klaus-Jürgen: Das Tuskulanerpapsttum (1012-1046), Anton Hiersemann
Stuttgart 1973 Seite 1,5,6,7-18,23-38,46-65,68,70,71,73,74,76-78,80,82,83-86,90-92,97,
102,108-113,116,117,120,122-124,126-135,143-147,149,153,166-172,176,177,179
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