Ein neuer Versuch, immerhin. Hier die zaghaften Verhinderer, Blockierer, Miesepeter, dort die zukunftszugewandte FDP. Ein seit Jahrzehnten in allen Lagern eingeübter politischer Gegensatz: Wir stehen für Fortschritt, die anderen für Rückschritt. Das allein spricht noch nicht gegen Röslers Versuch. Man kann von einem Parteichef vielleicht nicht verlangen, eine völlig neue Botschaft zu erfinden. Aber wenn er schon eine alte Botschaft nimmt und seine Partei dennoch als eine mit Zukunft verkaufen möchte, dann sollte sie wenigstens mit dem übereinstimmen, was die Partei zu leisten imstande ist. Und er müsste den alten Gegensatz von den Mutigen und den Feigen mit politischen Vorschlägen füllen, die seinen angeblichen Mut belegen.
Aber die FDP regiert doch mit jenen zusammen, die Rösler zu den Zukunftsverhinderern zählt. Und selbst wenn sie allein regieren könnte - sind von Rösler Konzepte für mehr Wachstum bekannt, die radikal anders wären als die der anderen Parteien? Sicherlich, wenn man ihm das entgegenhält, erklärt einem der FDP-Chef im besten Fall, dass seine Partei ein bisschen weniger Steuern und Staatsverschuldung will als SPD und Grüne und ein bisschen mehr Einwanderung als CDU und CSU. Das ist schon seit Jahrzehnten so und hat die FDP nicht vor ihrer derzeitigen Existenzkrise bewahrt.
Daran kann man Röslers Missverständnis sehen: Der Parteichef muss in immer kürzeren Abständen Errettungsreden halten. Weil der Druck auf ihn steigt, weil er eine Wende versprochen hat, weil er das anschwellende Gemurmel über seine fehlenden Führungsqualitäten wahrnimmt. Rösler lässt sich dummerweise auf dieses Spiel ein. Dabei müsste er seiner Partei erklären, dass sie nicht durch eine Formel, einen Slogan oder einen Parteichef, der sich als Rudelführer bewährt aus der Krise kommen wird. Dass der Weg lang und ungewiss wird.