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Merken   Drucken   06.01.2012, 19:42 Schriftgröße: AAA

Partei in der Krise: Röslers Platitüden reichen nicht

Der FDP-Parteichef unternimmt beim Dreikönigstreffen den zaghaften Versuch,  seine Partei zukunftsfähig zu machen.  Die FDP braucht allerdings keinen neuen Slogan, sondern eine neue Idee.
© Bild: 2012 Reuters/ALEX DOMANSKI
Kommentar Der FDP-Parteichef unternimmt beim Dreikönigstreffen den zaghaften Versuch, seine Partei zukunftsfähig zu machen. Die FDP braucht allerdings keinen neuen Slogan, sondern eine neue Idee. von Lutz Meier  Stuttgart
Ab heute soll das Wachstum die FDP retten. Am Tag vor dem Dreikönigstreffen in Stuttgart hat es der Parteivorsitzende Philipp Rösler an die Parteigranden gemeldet und die Journalisten entsprechend gebrieft: Er habe die Formel gefunden, um die Wende für die gebeutelte Partei einzuleiten. In seiner Rede fasste er die Formel dann so zusammen: "Nur die FDP steht dafür, dass Wachstum in Deutschland auch morgen noch möglich ist". Das Wort Wachstum begleitete die Zuhörer dann durch den ganzen Vortrag.
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Ein neuer Versuch, immerhin. Hier die zaghaften Verhinderer, Blockierer, Miesepeter, dort die zukunftszugewandte FDP. Ein seit Jahrzehnten in allen Lagern eingeübter politischer Gegensatz: Wir stehen für Fortschritt, die anderen für Rückschritt. Das allein spricht noch nicht gegen Röslers Versuch. Man kann von einem Parteichef vielleicht nicht verlangen, eine völlig neue Botschaft zu erfinden. Aber wenn er schon eine alte Botschaft nimmt und seine Partei dennoch als eine mit Zukunft verkaufen möchte, dann sollte sie wenigstens mit dem übereinstimmen, was die Partei zu leisten imstande ist. Und er müsste den alten Gegensatz von den Mutigen und den Feigen mit politischen Vorschlägen füllen, die seinen angeblichen Mut belegen.
Aber die FDP regiert doch mit jenen zusammen, die Rösler zu den Zukunftsverhinderern zählt. Und selbst wenn sie allein regieren könnte - sind von Rösler Konzepte für mehr Wachstum bekannt, die radikal anders wären als die der anderen Parteien? Sicherlich, wenn man ihm das entgegenhält, erklärt einem der FDP-Chef im besten Fall, dass seine Partei ein bisschen weniger Steuern und Staatsverschuldung will als SPD und Grüne und ein bisschen mehr Einwanderung als CDU und CSU. Das ist schon seit Jahrzehnten so und hat die FDP nicht vor ihrer derzeitigen Existenzkrise bewahrt.
Daran kann man Röslers Missverständnis sehen: Der Parteichef muss in immer kürzeren Abständen Errettungsreden halten. Weil der Druck auf ihn steigt, weil er eine Wende versprochen hat, weil er das anschwellende Gemurmel über seine fehlenden Führungsqualitäten wahrnimmt. Rösler lässt sich dummerweise auf dieses Spiel ein. Dabei müsste er seiner Partei erklären, dass sie nicht durch eine Formel, einen Slogan oder einen Parteichef, der sich als Rudelführer bewährt aus der Krise kommen wird. Dass der Weg lang und ungewiss wird.
Das war nämlich schon der Fehler im Frühjahr, als Rösler und seine - inzwischen schon wieder halbzerfallene - "Boygroup" die Parteiführung von Guido Westerwelle übernahmen: Zu glauben, dass neues Personal reicht. Die Krise der FDP hat die gleichen Ursachen, aus denen die SPD schon in den 1980er Jahren und die CDU in den 1990er Jahren in die Krise geraten sind. Seit der Maueröffnung ist die Einheit von sozialem Milieu und geschlossenen politischen Weltbildern verschwunden. Während aber die großen Volksparteien sich dadurch stabilisieren konnten, dass sie sich als Alternative zur Regierung der jeweils anderen positionierten, hat die FDP eigentlich machtarithmetisch keine Rolle mehr. Guido Westerwelle hat dann die FDP ein bisschen zu einer verbalradikalen Protestpartei gemacht. Das musste aber schiefgehen, als die Partei in die Regierung eintrat und liefern musste.
Rösler müsste also seiner Partei jetzt erklären, dass die FDP keinen neuen Slogan braucht, sondern eine Idee - oder besser mehrere davon. Zukunft wäre nicht einmal die dümmste Idee, wenn die Restgesellschaft und anderen Parteien zunehmend konservativer werden. Doch Rösler versucht den Begriff Zukunft mit Platidüden von gestern zu besetzen. "Optimismus statt Miesmacherei" ruft er. "Im Mittelpunkt für uns Liberale steht immer der Mensch". Man muss fürchten, dass der FDP-Chef den Gegensatz nicht einmal bemerkt hat. Es ist paradox, wenn jemand den Aufbruch predigt, und nur Worte und Sätze findet, die sich aufgebraucht anhören. Wachstum für die FDP wird dabei nicht herauskommen.
  • FTD.de, 06.01.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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