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Merken   Drucken   28.09.2012, 16:20 Schriftgröße: AAA

Parteitag im November: Chinas KP verstößt Skandalpolitiker Bo

Monatelang hat China gerätselt, jetzt ist es raus: Am 8. November steigt der Parteitag der KP. Bo Xilai wird dann nicht dabei sein. Der Skandalpolitiker fliegt aus der Partei und kommt vor Gericht. von Ruth Fend  Peking
Endlich hat die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua das Geheimnis gelüftet: Der 18. Parteikongress der Kommunistischen Partei Chinas findet am 8. November statt. Dann tritt Hu Jintao von seinem Posten als Parteichef zurück und übergibt das Amt voraussichtlich an Xi Jinping. Die Indiziensuche der Medien nach dem Termin für den zuletzt für Mitte Oktober erwarteten Großevent mit 2270 Delegierten hatte schon so absurde Züge angenommen, dass man auf Twitter über den Schnappschuss von einer lebenden Giraffe auf einem Lastwagen im Stau witzelte: " Giraffe auf Pekings fünfter Ringstraße - ein Zeichen, dass der 18. Parteitag kommt!"
Gleichzeitig gab Xinhua bekannt, wie man mit dem geschassten Skandalpolitiker Bo Xilai verfahren wird. Der ehemalige Parteichef der Metropole Chongqing wird aus der Partei ausgeschlossen und muss sich vor Gericht verantworten. "Bo Xilais Taten hatten schwerwiegende Folgen und beschädigten das Ansehen von Partei und Staat erheblich", beklagt Xinhua.Was genau dem ehemaligen Parteisekretär der Metropole Chongqing vorgeworfen wird, war bislang ebenso nebulös wie der Termin des Parteikongresses: Bo Xilai habe gegen die Parteidisziplin verstoßen, hieß es offiziell lediglich. Seine Ehefrau wurde dagegen bereits für den Mord an einem britischen Geschäftsmann zur Todesstrafe auf Bewährung verurteilt, Bos ehemaliger Polizeichef zu 15 Jahren Haft.
Fliegt aus der Partei: der chinesische Skandalpolitiker Bo Xilai   Fliegt aus der Partei: der chinesische Skandalpolitiker Bo Xilai
Jetzt erhebt das Politbüro weit reichende Vorwürfe gegen Bo Xilai selbst, die bis in die 90er-Jahre zurückgehen: Machtmissbrauch, Korruption und "unangemessene Beziehungen mit einer Reihe von Frauen". Dem mittlerweile in Kanada lebenden ehemaligen Journalisten Jiang Weiping zufolge unterhielt Bo während seiner Zeit als Bürgermeister im nordchinesischen Dalian mindestens 100 Geliebte. Jiang war wegen seiner Berichte zu Korruption in Dalian für fünf Jahre im Gefängnis gelandet. "Er hatte selbst Freundinnen, und er benutzte sie auch als Ware für andere Funktionäre", sagte Jiang einst in einem Interview.
Experten gingen davon aus, dass die lange Unklarheit über den Termin des Parteikongresses auch mit internem Streit zum weiteren Umgang mit Bo Xilai zu tun hatte. "Er hat noch immer starke Verbündete", sagte Jean-Pierre Cabestan von der Hongkong Baptist University der FTD. Bo, Nachfahre eines berühmten Revolutionskämpfers, ist gut mit Generälen der Volksarmee verdrahtet und galt als Hardliner. "Das Schicksal von Bo ist Teil der Verhandlungsmasse, wenn es um die künftige Machtverteilung beim Parteikongress geht", sagte der China-Kommentator Renaud de Spens.
Für die Partei gab es bislang zwei Optionen: Entweder Bo Xilai wird mit dem Vorwurf krimineller Machenschaften vor ein reguläres Gericht gestellt. Oder die KP ahndet nach parteiinternen Regeln fern der Öffentlichkeit lediglich interne Disziplinarverstöße. In diesem Fall hätte Bo Xilai ein mildes Urteil, etwa einen langen Hausarrest, erwarten können.
Nun muss Bo schwerere Strafen befürchten. Der Vorwurf des Machtmissbrauchs kann bedeuten, dass ihm ebenfalls Verwicklungen in den Mord an dem Geschäftsmann Neil Heywood vorgeworfen werden. In Ermangelung eines unabhängigen Justizwesens wird das Gerichtsurteil in jedem Fall das Ergebnis eines parteiinternen politischen Ringens sein. Die relativ späte Terminierung des Parteikongresses dürfte der KP zudem erlauben, den Fall Bo bis zum Beginn der Veranstaltung abzuschließen.
Dem charismatischen Bo waren bis zum März noch gute Aussichten auf einen Posten im Ständigen Ausschuss des Politbüros zugesprochen worden - dem höchsten Führungsgremium der Partei. Nach der Flucht seines Polizeichefs in ein amerikanisches Konsulat wurde er jedoch als Parteichef von Chongqing abgesetzt.
  • FTD.de, 28.09.2012
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