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(...) Heer war sehr bald klar geworden, dass die Initiatoren der Ausstellung mit Hilfe maßgebender Repräsentanten der Politik und des öffentlichen Lebens sowie durch die Berichterstattung der Medien ihr Ziel erreicht hatten. Persönlichkeiten wie Johannes Rau, Franz Vranitzky, Ignaz Bubis oder Jutta Limbach, Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes, bestätigten in ihren Eröffnungsreden den Sinn und den Wert der Ausstellung. Sie sahen nicht, dass die Ausstellung die Chance, die Verwicklung der Wehrmacht auch in Unrecht und Verbrechen darzustellen, durch ihre vielen Fehler und methodischen Versäumnisse gründlich verspielt hat. Eine "saubere" Armee hat es schließlich auch bei den Alliierten nicht gegeben. (...)

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Meinrad von 0w

Nadel, grün

Helmut Schmidt - Hat er nichts gesehen, nichts gehört, nichts gefühlt? - Die Attacken des einst gefeierten Ausstellungsmachers Hannes Heer

von Meinrad von 0w

Mitte August hat sich Jan Philipp Reemtsma von Hannes Heer, dem Planer und Macher der umstrittenen Ausstellung "Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944" getrennt. Anlass war die Frage: Korrektur in begründeten Einzelfällen, wie Heer sie vorschlägt, oder völlige Neukonzeption. Die Entlassung Heers zeigt, dass Reemtsma die Heerschen Exponate nicht für eine neue Ausstellung verwenden kann.

Hannes Heer, der über vier Jahre lang sich an der Seite der politischen Prominenz bei den örtlichen Ausstellungseröffnungen feiern ließ, fühlte sich schließlich so unangreifbar, dass er noch wenige Monate vor dem Moratorium der Ausstellung am 4. November 1999 über den letzten Bundeskanzler, der noch Frontoffizier war, das Urteil fällte: "Unter Helmut Schmidt als Kanzler hätte diese Ausstellung keinen Tag überlebt. Heute aber bestimmen andere Eliten über ihren Fortgang".

Mit dem gleichen Zungenschlag erklärt er stolz und selbstüberzeugt: "Die Ausstellung hat es geschafft, den Vernichtungskrieg in die Familien zu kippen, wo die Soldatenrolle der Väter und Großväter heute hinterfragt und in einem ganz anderen Licht gesehen wird." Wie man die Soldatenrolle der Großvatergeneration hinterfragt, dafür hat Hannes Heer selbst ein methodisches Beispiel gegeben und auf seine Weise interpretiert. Das Vorzeigeobjekt heißt Helmut Schmidt.

Im Rückblick auf das erste Jahr der Ausstellung schrieb Hannes Heer in der Zeitschrift "Mittelweg 36" etwas abstrus und verknotet über die "Sinnstiftung von Zeitzeugen": "Dieses Jahr war auffällig nicht nur wegen der Hausse an Gedenktagen und Erinnerungsritualen, sondern auch wegen der Epiphanie einer Figur, die als Zuarbeiter der historischen Forschung bisher nur ein Nischendasein geführt hatte, des Zeitzeugen. Plötzlich auf die Bühne der öffentlichen Darbietungen geschoben, tat er das, was man von ihm verlangte: reden. Als Qualifikation, Zeugnis abzulegen, genügte die Tatsache, am Kriegsende gelebt zu haben. Das Datum war der Auftrag Gleichwohl produzierte die individuelle Redseligkeit ein Epochenbild und als dessen Mitte eine Erlebnisgemeinschaft, die von damals bis heute reicht, Krieg und Frieden aufs schönste verbindet und drei Generationen in sich einzuschließen vermag. Das harmonische Gespinst zerriß sofort, wenn das Datum verändert wurde, von Kriegsende in Kriegsanfang, wenn der Auftrag lautete, das Ende des Krieges von seinen Anfängen her zu erzählen. Diese kalendarische Umstellung hat die Ausstellung ,Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944' vorgenommen."

Heer war sehr bald klar geworden, dass die Initiatoren der Ausstellung mit Hilfe maßgebender Repräsentanten der Politik und des öffentlichen Lebens sowie durch die Berichterstattung der Medien ihr Ziel erreicht hatten. Persönlichkeiten wie Johannes Rau, Franz Vranitzky, Ignaz Bubis oder Jutta Limbach, Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes, bestätigten in ihren Eröffnungsreden den Sinn und den Wert der Ausstellung. Sie sahen nicht, dass die Ausstellung die Chance, die Verwicklung der Wehrmacht auch in Unrecht und Verbrechen darzustellen, durch ihre vielen Fehler und methodischen Versäumnisse gründlich verspielt hat. Eine "saubere" Armee hat es schließlich auch bei den Alliierten nicht gegeben.

So ist ein Bild der deutschen Soldaten entstanden, "die aus dem Krieg als einem Akt des Tötens gekommen sind und nicht davon sprechen durften ... 'Redet ihr nicht von euren Leiden, dann sprechen wir nicht von euren Taten'. Unter diesem Motto wurden die Momente der Opferung und Traumatisierung im Zweiten Weltkrieg ausgeblendet, um die Verbrechen nicht wahrhaben zu wollen."

Schon als Benedikt Erenz 1993 in der ZEIT die Wehrmacht als "größte Mord- und Terrororganisation der deutschen Geschichte" bezeichnete, wies der Mitherausgeber des Blattes Helmut Schmidt diese Verleumdung zurück und schrieb, wegen der auch im Bereich der Wehrmacht vorgekommenen Verbrechen "kann keiner, der ernsthaft um die historische Wahrheit bemüht ist, die Wehrmacht als ganze und kollektiv als eine verbrecherische Organisation ansehen." Die Antwort aus dem Kreis derer, die die Ausstellung damals vorbereiteten, kam prompt: "Helmut Schmidt fiel seinem Redaktionskollegen in den Rücken und wiederholte, was alle Bundesregierungen seit Adenauer, die von ihm geleitete eingeschlossen, zu diesem Thema als verbindliche Geschichtsdeutung ausgegeben hatten." Damit war klargestellt, unter welcher Geschichtsdeutung die Ausstellung stehen wird.

Nach dem Beginn der Schau warnte Helmut Schmidt davor, die 19 Millionen deutsche Soldaten als Angehörige einer verbrecherischen Organisation zu bezeichnen und damit "die Leute in eine Ecke zu treiben, wo sie anfangen, sich vehement zu wehren. Und das halte ich für ganz besonders gefährlich. Nationalismus stirbt nicht aus." Auch diese Warnung eines "elder statesmans" hat auch Jan Philipp Reemtsma nicht nachdenklich gemacht.

Unter der rigorosen Überschrift "Verleugnen" machte Hannes Heer mit der Frage nach den Taten und dem Wissen der Väter Helmut Schmidt zur Zielscheibe seiner Anklage. Er wirft ihm vor, er habe sich bei einem Forum der ZEIT empört dagegen verwahrt, dass er als Soldat an der Ostfront etwas von dem "dort offen praktizierten Massenmord an den Juden" hätte erfahren müssen. Heer wertet dies anfänglich als spontane Abwehr einer Begegnung mit der eigenen Geschichte, kommt aber dann zum Schluss: "Seine Reaktion war Teil eines systematischen, wenngleich weitgehend unbewußten Vorgangs." Denn in einem Interview mit einer englischen Zeitung "leugnet er nämlich nicht nur sein Mitwissen am Judenmord, sondern behauptet auch, vom millionenfachen Tod sowjetischer Kriegsgefangener und als partisanenverdächtig geltender Zivilisten ... erst nach 1945 erfahren zu haben ... Er meldet sich nicht nur für die Kriegszeit als Augenzeuge ab, sondern will auch vorher, in seiner Rekrutenzeit, nie etwas von irgendwelchen Verfolgungen bemerkt haben."

Aus diesem und anderen Beispielen zieht Heer die Schlussfolgerung: "Gemein ist allen diesen Erzählungen eine ungeheure Anspannung. Sie ist abzulesen an den riskanten Konstruktionen und den zwanghaften Wiederholungen, an der Fülle des Entlastungsmaterials und der Intensität der Emotionen. All das offenbart mehr, als es verdeckt. Ohne die Taten im einzelnen zu kennen, ahnt man ihre Gewicht. Manchmal reisst es den Erzähler, noch bevor er zu reden begonnen hat, in die Tiefe: Helmut Schmidt berichtet, ... er habe an der Ostfront Schreckliches gesehen. ,Ich kann es niemals vergessen'."

Heer erfährt das Schreckliche nicht, das Helmut Schmidt gesehen hat - etwa die fürchterlichen Umstande des Todes in den eigenen Reihen, die fast jeder Frontsoldat in der Erinnerung mit sich schleppt. Trotzdem folgert Heer daraus: "Dann erst, nach diesem Eingeständnis, legt er sich die Scheuklappen an und steckt sich den Knebel in den Mund, wird zu einem, der nichts gesehen, nichts gehört, nichts gefühlt hat."

Und Hannes Heer? Ist das einst maoistisch orientierte DKP-Mitglied nicht selbst einer, der nichts gesehen, nichts gehört und nichts gefühlt hat - nicht gesehen den Unterdrückungsapparat der DDR, nichts gehört vom Gulag der Sowjetunion, nichts gefühlt für die Millionen Opfer der Kulturrevolution Maos, dessen Politik "aus den Läufen der Gewehre kam"?


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