T-MOBILE-PR-MANN FROMMERT (li) UND LUDWIG
Foto: Heisch
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STRASSBURG, 02.07.06 (rsn) -
Nach den Doping- Suspendierungen
seines Topstars und seines Sportlichen Leiters
meint T-Mobile- Teamchef Olaf Ludwig es
sei derzeit "schwer zu sagen, ob Jan Ullrich
das Opfer von Rudy Pevenage" war.
Foto: Roth
"Es ist schwer zu sagen,
ob Ullrich ein Opfer von Rudy Pevenage
war", sagte Ludwig in
einem Interview mit dem Berliner
Tagesspiegel
(Sonntagausgabe).
Im Moment gebe es
zwar keinen Beweis dafür,
dass Jan Ullrich nach Spanien
zu Dr.Eufemanio
Fuentes, der das kriminelle
Dopingnetzwerk betrieb,
gegangen ist oder dass er Blut
dort deponiert hat.
"Aber", so der T-Mobile-Teamchef,
nach den gegen Pevenage
vorliegenden Verdachtsmomenten
sei das auch nicht auszuschließen.
"Es ist schwer da eine
Schlussfolgerung zu ziehen,
wenn Ullrich sagt,
er habe 100 Prozent Vertrauen
in Pevenage",
so Ludwig,
der den Belgier
erst vor dieser
Saison wieder
als Sportdirektor einstellte.
Eine Rückkehr von Pevenage
ins Team schloss Ludwig kategorisch aus.
Der deutsche Radstar, Sieger der Tour de France 1997,
war am Freitag ebenso
wie sein
Mentor Rudy Pevenage (51) und
Teamkollege Oscar Sevilla
von T-Mobile suspendiert worden,
nachdem offiziell bestätigt
wurde, dass die spanische Justiz
sie verdächtigt,
Kunden des Fuentes-Dopingnetzwerks
gewesen zu sein.
Am Samstag war bekannt geworden, dass Ullrich nicht nur mit manipuliertem
Blut in Verbindung gebracht wird. Die Pariser
Sportzeitung L'Equipe zitierte aus
Berichten der Guardia Civil, es gebe auch Hinweise auf eine
Bestellung aus dem Ullrich-Umfeld von Wachstumshormonen und
Testosteron.
Foto: Roth
Die größte Enttäuschung sei
für ihn gewesen,
dass Ullrich und Pevenage
gelogen hätten,
sagt Ludwig.
Dies träfe insbesondere
auf Pevenage zu.
Jedes Mal, wenn er
gefragt wurde,
ob er etwas mit Fuentes
zu tun hat,
habe Pevenage
gesagt, es sei "absurd",
dass er mit dem spanischen
Mediziner
telefoniert habe
oder SMS ausgetauscht.
Er habe nur zugegeben,
Fuentes zu kennen,
weil zufällig
ihre zweiten Wohnungen
in Spanien nebeneinander
lägen.
Aber Pevenage habe jeden Kontakt
mit Fuentes bestritten.
"Die Beweise(der spanischen Ermittler), die
uns übermittelt wurden,
zeigen das Gegenteil",
so Ludwig.
Am Samstag
kursierten
von der Guardia Civil dokumentierte SMS-Texte,
die Pevenage
mit der Schlüssel-Figur
der Affäre, dem Gynäkologen Eufemiano Fuentes, austauschte. Datum der codierten
Handy-Kommunikation zwischen dem Ullrich-Betreuer und Fuentes: Einen
Tag vor dem Zeitfahren des Giro d'Italia, das der T-Mobile-Kapitän
überraschend gewann.
Ludwig,
der erst seit diesem Jahr
mit
seiner Firma Ludwig Cycling GmbH
den T-Mobile-Rennstall betreibt,
sagte, nun
sei es an Jan Ullrich
mit den ihm aufgezeigten Möglichkeiten
(DNA-Test etc) zu zeigen, dass die vielen Indizien gegen
ihn nicht stimmten.
Es sei "undenkbar",
dass der 32-jährige Radstar
noch einmal das T-Mobile-Trikot
trägt, wenn
das nicht geschehe.
DNA-Analyse
Foto: Roth
Jan Ullrich ist unterdessen abgetaucht.
«Er steht etwas neben sich und hat jetzt erst mal Zeit für sich
erbeten», sagte T-Mobile-Kommunikationsleiter Christian Frommert, der
mit dem suspendierten Star des Hauses in Telefon-Kontakt
steht, am Sonntag. Im Hintergrund arbeiten die Anwälte auf der Suche
nach einer Verteidigungslinie auf Hochtouren.
"Es ist ein Albtraum. Ich habe mich in diesem Jahr vorbereitet wie
noch nie, fühle mich in einer Bombenform und muss nun zuschauen. Ich
habe mit der ganzen Sache nichts zu tun", versicherte Ullrich
unterdessen auf seiner Homepage.
Reine Erklärungen dieser
Art reichen aber nicht mehr.
Auch sein Sponsor ist
für eine freiwillige
DNA-Analyse. Frommert: "Das war eine Option,
die wir ihm nahe gelegt haben." Ullrich ist darauf bislang nicht
eingegangen.
Diese könnte natürlich
auch seine Schuld beweisen.
Der Heidelberger Anwalt Michael Lehner, der sich
als Vertreter von
Dieter Baumann und Danilo Hondo einen Namen
als Spezialist für
Dopingverfahren gemacht hat, rät Ullrich "als Anwalt von einer DNA-
Analyse" ab. Die Beweislast würde umgekehrt, "was in einem
Rechtsstaat nicht geht". Außerdem würde sich der Radprofi
möglicherweise "aufs Glatteis begegeben. Er weiß ja gar nicht, in
welchem Zustand die ihm zugeschriebenen Blutproben sind", ob
überhaupt eine wissenschaftlich unanfechtbare Analyse möglich sei.
T-Mobile-Teamarzt Lothar Heinrich
sagte derweil, er sei vom Fall Ullrich
"genauso überrascht wie alle" gewesen. Bei internen Blutuntersuchungen im
Team habe es keine Hinweise auf Blutdoping gegeben. Ein Nachweis
dieser Manipulations-Methode mit Eigenblut sei ohnehin noch nicht
möglich. Eine Blut-Volumen-Messung, die darauf hinweisen könnte,
könnte laut Heinrich demnächst eingeführt werden.