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Mit Bundespräsident Dr. Thomas Klestil hat Österreich
eine große Persönlichkeit, einen überzeugten Österreicher
und Europäer verloren, der sein Leben in den Dienst seines Landes und
seiner Menschen gestellt hat. Unsere und meine persönliche Anteilnahme
gilt seiner Familie. Ganz Österreich trauert um ihn. Die Bundesregierung
hat daher Staatstrauer angeordnet.
Dr. Thomas Klestil war - bevor er
1992 zum Bundespräsidenten gewählt wurde - ein Diplomat ganz moderner
Prägung: er hat in wichtigen Funktionen in Amerika und bei den Vereinten
Nationen für Österreich große Erfolge erreicht. So etwa die
Übersiedlung wichtiger UNO-Organisationen nach Wien. 1987 kehrte er als
Generalsekretär ins Außenministerium nach Wien zurück. Seit dem
8. Juli 1992 war er der siebente Bundespräsident der Zweiten Republik.
Dr. Thomas Klestil hat seine vielen internationalen Kontakte und
Freundschaften im Dienste unseres Landes gepflegt. Seine weit mehr als 100
Staats- und Arbeitsbesuche haben das positive Bild Österreichs im Ausland
wesentlich mitgeprägt, zum Wohl auch für die österreichische
Wirtschaft und die Arbeitsplätze. Er war der erste Bundespräsident
Österreichs, der Israel offiziell besucht hat. Und er war mir auch ein
wirklich starker Rückhalt in den Bemühungen um die Schaffung des
österreichischen Versöhnungsfonds für ehemalige Sklaven und
Zwangsarbeiter genauso wie um die Lösung noch offener
Entschädigungsfragen. Diese bedeutenden Gesten zur Überwindung der
Schatten der Vergangenheit kamen aus einer tiefen Überzeugung.
Er
war eine starke Stimme für ein selbstbewusstes Österreich in einem
weltoffenen Europa. Er teilte mit vielen von uns die Überzeugung, dass wir
vor allem mit unseren unmittelbaren Nachbarn, die ja so lange von uns getrennt
waren, eine partnerschaftliche Zusammenarbeit aufbauen müssen. Durch seine
Initiativen, etwa das jährliche Treffen der mitteleuropäischen
Staats- und Regierungschefs, hat er einen sehr wichtigen Beitrag für die
Wiedervereinigung Europas gesetzt. Seine Arbeit war aber nicht nur auf die
Außenpolitik konzentriert, er hat alle Bundesländer offiziell
besucht und auch das kulturelle und geistige Leben in Österreich durch
seine Teilnahme an vielen Veranstaltungen in seiner Bedeutung gestärkt.
Als Regierungsmitglied und vier Jahre als Bundeskanzler habe ich
während seiner ganzen Amtszeit mit ihm zusammen gearbeitet. Es gab manche
schwierige Herausforderungen und Aufgaben zu bewältigen. Gerade in den
letzten Monaten führten wir einen regen Gedankenaustausch über
Österreichs Zukunft in Europa, aber auch über die wichtigen Themen,
die wir auf nationaler Ebene bewältigen müssen. Sein Ableben, so kurz
vor dem Ende seiner zweiten Amtsperiode, ist ein tragischer Schicksalsschlag
nicht nur für seine Familie, sondern ein trauriges Ereignis für alle
Österreicher, die in den letzten 40 Stunden den Atem angehalten haben.
Ungeachtet seiner gesundheitlichen Beschwerden hat er mit großer
Aufopferung und Disziplin sein Amt ausgeübt. Ich hätte es ihm
gewünscht, den Dank der Republik für seine zwölfjährige
Präsidentschaft persönlich zu hören und entgegennehmen zu
können. Gott hat es anders gefügt. So kann ich in dieser Stunde Dr.
Thomas Klestil nur danken für seine Arbeit für Österreich.
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