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Merken   Drucken   01.03.2012, 15:43 Schriftgröße: AAA

Allianz der Autobauer: Was Peugeot und Opel anpacken müssen

Die GM-Tochter Opel und Peugeot Citroën haben die gleichen Probleme. Ihre Kooperation auf zentralen Feldern ist ein erster Schritt zur Lösung. Eine Analyse.
© Bild: 2010 Bloomberg
Die GM-Tochter Opel und Peugeot Citroën haben die gleichen Probleme. Ihre Kooperation auf zentralen Feldern ist ein erster Schritt zur Lösung. Eine Analyse. von Leo Klimm  Paris und Margret Hucko  Hamburg
Das Bündnis der Krisenkonzerne ist besiegelt: Durch den Einstieg des weltgrößten Autobauers General Motors  (GM) beim Wettbewerber PSA Peugeot Citroën  rückt Opel, die verlustreiche Tochter des US-Konzerns, nah an die ebenfalls gebeutelten Franzosen heran. Neben der Kapitalbeteiligung von GM an PSA  in Höhe von sieben Prozent soll die Allianz nach fünf Jahren Einsparungen in Höhe von jährlich etwa 1,5 Mrd. Euro ermöglichen. Für das neue transatlantische Bündnis gibt es verschiedene Hebel.
Für eine enge Kooperation von PSA und Opel in der Forschung bereitete Peugeot-Chef Philippe Varin schon im Herbst den Weg: Er verkündete einen drakonischen Sparplan, dem zufolge 6000 Stellen gestrichen werden.
PSA-Konzernchef Philippe Varin muss sparen. Er streicht Tausende ...   PSA-Konzernchef Philippe Varin muss sparen. Er streicht Tausende Stellen im Konzern
Davon entfallen 5000 auf die Verwaltung und vor allem die teure Forschung. PSA unterhält insgesamt sechs Forschungszentren, vier davon in Frankreich. Konzernkreisen zufolge soll kürzlich schon eine GM-Delegation den wichtigsten PSA-Forschungsstandort Vélizy bei Paris besucht haben.
Die GM-Emissäre sollen dort sehr reserviert empfangen worden sein. PSA wendet jährlich rund 2,2 Mrd. Euro für die Entwicklung von Neuheiten auf. Schon bevor die Kooperationsgespräche der Konzerne öffentlich wurden, war bekannt geworden, dass Jobs im globalen Technikzentrum der GM-Tochter Opel in Rüsselsheim auf dem Spiel stehen. Entwickeln die beiden Hersteller künftig gemeinsam Autos, könnten ganze Projektteams von Baureihen zusammengelegt werden.
Nach Informationen des französischen Wirtschaftsmagazins "L'Usine nouvelle" geht es bei dem avisierten Bündnis auch um die gemeinsame Entwicklung von Billigautos für Schwellenländer. Eine Plattform mit dem Arbeitstitel B-Popular soll den Bau eines familientauglichen Billigautos ermöglichen.
Während GM für die Marke Chevrolet bereits mit dem koreanischen Partner Daewoo  eine ähnliche Kooperation eingegangen ist, wurden entsprechende Pläne von PSA vor zwei Jahren aus Kostengründen aufgegeben. Nun könnten die Billigwagen in Co-Produktion mit GM etwa in Brasilien gebaut und verkauft werden.
Das Vorhaben könnte - neben der zunehmenden Geldnot der Franzosen - auch erklären, warum PSA fest eingeplante Investitionen in Werke in Brasilien und Indien zuletzt hinausgezögert hat. Wie groß die Chancen für Billigautos sind, zeigt der Erfolg von Dacia, eine Marke des Pariser Rivalen Renault.
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Weitere Kooperationsmöglichkeiten zwischen den Marken von GM und PSA gibt es bei Oberklassefahrzeugen: Opel würde gern einen Wagen entwickeln, der im Segment oberhalb des Modells Insignia angesiedelt wäre. Peugeot fehlt ebenfalls ein Topprodukt oberhalb des Modells 508. Zudem könnten Synergien bei den margenstarken Transportern genutzt werden. Offiziell gaben PSA und GM bekannt, bei den weniger einträglichen Kleinwagen zu kooperieren ebenso wie in der Mittelklasse und bei Vans. Außerdem soll ein besonders umweltfreundliches Auto für beide Marken bis 2016 entstehen.
In Europa klagen beide Hersteller über nicht ausgelastete Fabriken. Einer Schätzung von LMC Automotive zufolge nutzt PSA 2012 nur 62 Prozent seiner Produktionskapazitäten, Opel/Vauxhall nur 74 Prozent. In den PSA-Werken von Aulnay bei Paris und Mulhouse im Elsass stehen regelmäßig wochenweise die Bänder still.
Kursinformationen und Charts
  General Motors 26,38 USD  [-0.09 -0,34%
  Peugeot Citroen 14,53 EUR  [0.065 +0,45%
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Opel lässt in Eisenach kurzarbeiten. Nach Gewerkschaftsangaben will die PSA-Führung Aulnay 2014 dichtmachen. Allerdings dürfte Konzernchef Varin aus politischer Rücksichtnahme zumindest vor der französischen Präsidentschaftswahl im Mai keine Schließungen ankündigen.
Entwickeln die Partner künftig zusammen Autos, können diese auch problemlos auf einer Produktionslinie gebaut werden. PSA macht dies schon - etwa bei den Kleinwagen Citroën C1 und Peugeot 107 zusammen mit Toyota  in Tschechien. Sowohl PSA-Chef Philippe als auch Opel-Chef Karl-Friedrich Stracke rechnen mit einem weiter schrumpfenden europäischen Markt.
Das bedeutet: Werke von PSA und Opel müssten konsequenterweise zusammengelegt werden, überflüssige Standorte geschlossen. Dass in Europa aber auch für den globalen Markt produziert wird, wäre wenig sinnvoll: Länder wie Brasilien, Indien oder China verteuern Importautos durch hohe Einfuhrzölle dermaßen, dass sich die Käufer dort ein solches Auto, nicht mehr leisten können. Weshalb die Autoindustrie schon lange versucht, vor Ort für den jeweiligen Markt zu produzieren.
An dieser Stelle entscheidet sich womöglich die Zukunft von Opel. PSA hofft, durch die Kooperation mit GM stärker in Wachstumsmärkte wie Lateinamerika, China und Indien vorzudringen.
Die Marke Opel würde gern in Wachstumsmärkte vordringen, darf ...   Die Marke Opel würde gern in Wachstumsmärkte vordringen, darf aber nicht
GM hat der eigenen Tochter Opel diesen Wunsch bisher verwehrt. Gesteht der US-Konzern das nun aber dem Kooperationspartner zu, droht Unmut im Bündnis.
Opel wäre dann der große Verlierer der weitreichenden Kooperation. Während PSA durch GM neue Wachstumsperspektiven eröffnet würden; wäre das Bündnis für Opel nicht mehr als eine weitere Sparrunde. Erlaubt GM hingegen eine gemeinsame Produktion von PSA und Opel in Märkten wie Indien, wäre es für den deutschen Hersteller ein Befreiungsschlag.
PSA verfügt unter anderem über Technik-Kooperationen mit Toyota - für Kleinwagen - und mit Mitsubishi für Elektro- und Geländewagen. Mit BMW  unterhalten die Franzosen sogar ein Gemeinschaftsunternehmen für Hybrid- und Elektrotechnologie. Alle heutigen Kooperationspartner werden über den Fortgang der Gespräche mit General Motors unterrichtet.
Im Prinzip bräuchte PSA künftig keinen anderen Kooperationspartner mehr als GM. Denn die Amerikaner verfügen mit Marken wie GMC, Chevrolet, Opel, Buick oder Cadillac über das gesamte Produktportfolio vom Klein- bis zum Geländewagen. Mit dem Opel Ampera gehört der US-Konzern auch zu den führenden Marken bei der E-Mobilität.
Dennoch ist es unwahrscheinlich, dass PSA alte Kooperationen aufkündigt. Fast alle Hersteller fahren bei ihren Kooperationsabkommen mehrgleisig, um das Risiko des Scheiterns möglichst breit zu streuen.
  • FTD.de, 01.03.2012
    © 2012 Financial Times Deutschland,
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