Daniel Gros, Direktor des Brüsseler Thinktanks Ceps
Dabei blenden sie aus, dass die jetzige Krise nur deshalb entstehen konnte, weil ein noch nie da gewesener Kreditboom geplatzt war. In gewisser Weise wäre es entsprechend logisch gewesen, auch einen nie dagewesenen Aufschwung zu erwarten. Beim Ausbrechen der Krise hofften deshalb viele auf eine V-förmige Erholung. Forschungen hatten aber ergeben, dass Erholungen nach Finanzkrisen meist schwächer und langsamer verliefen, als solche nach "normalen" Rezessionen.
Diese Beobachtungen könnten bedeuten, dass übliche makroökonomische Maßnahmen nicht so funktionieren wie erwartet. Und dies lässt sich durch einen transatlantischen Vergleich bestätigen.
Man würde erwarten, dass der Schock der Finanzkrise in den
Vereinigten Staaten und der
Eurozone vergleichbar war; sie sind ähnlich groß, weisen intern eine ähnliche Struktur auf sowie (im Durchschnitt) ähnliche Steigerungsraten bei den Häuserpreisen in den Jahren vor dem Platzen der Blase. Darüber hinaus war in beiden
Finanzsystemen die relative Steigerung der Kreditvergabe (und damit des Risikos) ähnlich hoch.
Und tatsächlich war die wirtschaftliche
Entwicklung in den
USA seit dem Ausbruch der Krise ähnlich wie in der Eurozone: Das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt (
BIP) ist auf beiden Seiten des Atlantik immer noch 2 Prozent niedriger als 2007. Auch die
Arbeitslosenquote ist in den USA und der Eurozone um etwa denselben Betrag gestiegen - 3 Prozentpunkte.
Natürlich kann man bestimmte europäische Länder konkret benennen, die sich in einer
Rezession befinden. Aber auch in den USA gibt es Gegenden, in denen
Depression herrscht. So kann man
Irland und
Spanien mit Nevada und Kalifornien vergleichen (und
Griechenland mit Puerto Rico). Gegenüberstellen kann man daher nur die Durchschnittswerte der Volkswirtschaften beider Kontinente, die erhebliche und ähnliche interne Diversitäten aufweisen.