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Ortsteile - Ober- und Untergeißendorf
 
   
   
 

Aus der Geschichte der beiden "Geißendörfer"

Der Elsterberger Sattlermeister Johann Christoph Schmidt (1798-1848), ein gebürtiger Unter- geißendorfer, hat um 1830 über seinen Heimatort notiert: "Über Entstehung des Ortes ..., darüber ist weder eine historische Sage noch urkundliche Nachricht vorhanden. .... Ich glaube aber gewiss, dass es fränkische Colonisten waren, die sich hier zuerst ansiedelten. Denn schon der Name beweist es hinlänglich, so auch das Gemeindesiegel von Obergeißendorf und Untergeißendorf, in dem eine Gaiß oder ein Ziegenbock befindlich ist und das Ziegengeschlecht auch an beiden Orten besonders gedeihet; so kann es leicht sein, das die ersten Gründer die beiden Ortschaften nach dieser Tiergattung nannten. Denn bei allen süddeutschen Völkern heißt eine Ziege eine Gaiß."
Auch heute sieht man an den Hängen beim letzten Untergeißendorfer Gehöft in Richtung Obergeißen- dorf die munteren Meckertiere grasen (der neue Besitzer hat sie hier wieder "eingebürgert"). Es gibt aber von sprachwissenschaftlicher Seite noch eine zweite Deutung: Im Ortsnamen könnte der Rufname Giso enthalten sein, den dann der sogenannte Lokator getragen haben müsste, der von den Grundherren im Mittelalter mit der Besiedlung beauftragt wurde.

Eine Gründungsurkunde für unsere Dörfer gibt es nicht. Der Ort wird erstmals im Januar 1454 in einem Lehnbrief Herzog Friedrichs von Sachsen erwähnt. Der in diesem Dokument nicht genannte untere Ortsteil, dessen Existenz aber vorausgesetzt werden muss, denn sonst wäre der unterscheidende Zusatz "ober" unnötig gewesen, erscheint erstmals 1475 in einer Urkunde; das Dörfchen hieß damals "Niderngeissendorff". Trotz der späten urkundlichen Erwähnung dürften beide Orte den Gründungen der hochmittelalterlichen Epoche zuzuordnen und somit spätestens im 14. Jahrhundert entstanden sein. Die ersten Häuser in Obergeißendorf wurden entlang des Dorfbaches errichtet; Untergeißendorf war möglicherweise von Anfang an eine Streusiedlung.

Da Ober- und Untergeißendorf verschiedenen Rittergütern, Kirchen und Schulen zugeordnet waren, verlief ihre Entwicklung jahrhundertelang getrennt. Obergeißendorf war in dieser Hinsicht mit Waltersdorf verbunden, während Untergeißendorf dem Markersdorfer Rittergut und den geistlichen und schulischen Einrichtungen Bergas unterstand. Im Gefolge des Wiener Kongresses von 1815 kamen beide Dörfer ein Jahr später von Kursachsen zum Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach, dem sie bis 1918 angehörten. Seit 1920 gehörten die Orte zum Land Thüringen. Erst am 1. Juli 1961 wurde Ober- und Untergeißendorf zur Gemeinde Geißendorf vereinigt. 30 Jahre später erfolgte die Eingemeindung nach Berga/Elster.

Das wohl älteste Gebäude in Obergeißendorf war das Ende der achtziger Jahre abgerissene Freigut. Die Mühle, die 1824 das Schankrecht erhielt, kam 1564 dazu. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts ist die heutige Gaststätte, die im Gemeindeleben eine wichtige Rolle spielt, im Besitz der Familie Wolfrum und ihrer Vorfahren. Der Mühlenbetrieb wurde um 1913 eingestellt. Die Untergeißendorfer Mühle ist bereits 1533 nachweisbar. Letzter Müller war bis nach dem zweiten Weltkrieg Erich Wunderlich. (Bild Mühle)

In den ursprünglich wohl rein bäuerlichen Ortschaften siedelten sich im Laufe der Jahrhunderte auch verschiedene Gewerke wie Böttcher, Schmiede, Schneider, Weber, Maurer und sogar Büchsenmacher an. Die Landwirtschaft als früherer Haupterwerbszweig spielt im Vergleich mit früher nur noch eine untergeordnete Rolle.

Die Bevölkerungszahl blieb seit dem 19. Jahrhundert relativ konstant; nur unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg stieg sie auf Grund der Umsiedler für kurze Zeit sprunghaft an. Heute haben beide Orte zusammen etwa 104 Einwohner. Kommen wir abschließend noch einmal zu den Aufzeichnungen des Sattlermeisters Schmidt vor 170 Jahren. Über die damalige Bevölkerung hat er notiert: "Sehr zu Frohsinn geneigt, lieben gerne Spiel und gesellschaftliches Vergnügen."

Und weiter heißt es: "Volksgebräuche ist weiter keiner besondere vorhanden, als dass sich die sämtlichen Einwohner zur Fastnacht jedes Jahr bei dem Richter" - das war der Vorläufer der späteren Bürgermeister - "versammeln, wo derselbe die kommunliche Jahresrechnung ablegt, sodann ergötzen sich alle in heiterer Unterhaltung, Spiel und dergl., wobei ei gewisses von Bier getrunken wird."

Heute wird das gesellige Leben in erster Linie vom Feuerwehrverein organisiert, der im Frühsommer zum "Brückenfest" einlädt. Auch der Landfrauenbund ist aktiv. Es ist zu erwarten und zu wünschen, dass im Zusammenhang mit der Dorferneuerung und dem in 4 Jahren bevorstehenden 550. Jubiläum der urkundlichen Ersterwähnung von Obergeißendorf neue Aktivitäten hervorgerufen werden, die das Leben in unserem schönen Bergaer Ortsteil bereichern.

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