EU-Wahlen 1999 und 2004
Bereits bei der EU-Wahl 1999 war Hans-Peter Martin als parteifreier Journalist und Buchautor ("Die Globalisierungsfalle", "Bittere Pillen") der Spitzenkandidat der österreichischen Sozialdemokraten. Einem Wahlkampfversprechen folgend machte er am 4.Februar 2004 auf dieser Internetseite erstmals seine eigenen EU-Spesen und seinen Verzicht auf die EU-Reisekostenpauschalen öffentlich. Wenige Tage später erklärte ihn die Fraktion der Europäischen Sozialdemokraten in einer Sitzung zur unerwünschten Person. Martin wurde fraktionsfrei.
Als die EU-Parlamentarier trotz unzähliger europaweiter Medienberichte ihr Privilegienwesen nicht reformieren wollten und Tausende E-Mails eintrafen, die Martins Aktivitäten unterstützten, entschied er sich im April 2004 neuerlich zur Kandidatur bei der EU-Wahl 2004 in Österreich. "Allein bist Du am Stärksten", rieten ihm viele und mahnten ihn. In diesem Sinne trat er zunächst als Einzelperson am 29. April 2004 in seiner Geburtsstadt Bregenz als Kandidat vor die Medien.
Umfragen sahen ihn damals bereits bei 15 Prozent Stimmanteil und öffentlich wurde immer intensiver spekuliert, dass Stimmen für ihn verlorene Stimmen wären, falls er mehr als ein Mandat erreichen sollte. Kurzfristig lud er deshalb einige Bürgerinnen und Bürger ein, mit ihm auf einer Liste für eine Legislaturperiode zu kandidieren. Als technisches Vehikel wurde binnen weniger Stunden eine Partei gegründet, die mit der Liste namensgleich ist. Die Partei erfüllt die formalen Voraussetzungen nach dem österreichischen Parteiengesetz, hält die notwendigen Sitzungen ab und hat - wie im Parteiengesetz vorgesehen - zum 30. September 2005 ihren ersten Rechenschaftsbericht vorgelegt. Doch es gibt eben keinen Parteiapparat, schon gar keinen aufgeblähten; Martin setzt auf die Selbständigkeit und Unabhängigkeit gerade auch von Volksvertretern.
"Persönlichkeiten und ihr Selbstverständnis sind doch in der Demokratie des 21. Jahrhunderts viel wichtiger als Parteizwänge und Parteiapparatschiks. Schade, dass es gerade bei EU-Wahlen noch kein klares Persönlichkeitswahlrecht gibt", sagte Martin, "ansonsten hätte ich sicher nur alleine kandidiert". "Jeder Volksvertreter muss doch selbst vor den Wählern verantworten, was er sagt und tut. Ein 'Programm' ist auf Papier allein wenig wert. Das muss man doch leben, vor Ort nachvollziehbares Engagement zeigen und bei Abstimmungen umsetzen. Und in Sachfragen kann man auf europäischer Ebene immer über Fraktions- und Parteigrenzen hinweg mit anderen zusammenarbeiten." Da eine Einzelkandidatur aus den genannten Gründen aber nicht sinnvoll schien, stellte er am 7. Mai 2004 eine Liste vor. Mehr als zwei Dutzend Helfer hatten zu diesem Zeitpunkt schon monatelang vorher das Meiste auf den Weg gebracht - von den Spesenenthüllungen bis zu den Veranstaltungen. Im Wahlkampf bereiste Martin jedes der neun österreichischen Bundesländer zumindest zwei Mal - zumeist zu Bürgergesprächen auf den Marktplätzen.
Die Kandidaten unterzeichneten eine knappe, aber klare Erklärung:
"Wir verstehen uns als freie, engagierte Bürgerinnen und Bürger. Das europäische Friedensprojekt ist uns unverzichtbar. Um Demokratie und Transparenz voranzubringen, bedarf es einer echten Kontrolle der EU-Institutionen durch Volksvertreter und Medien. Steuergelder dürfen doch nur effizient und kostenehrlich verwendet werden, der Macht der Lobbyisten werden wir entschieden entgegen treten.
Wir sind konsequente Demokraten. Wir stellen uns gegen Postenschacher und hierarchische Parteiapparate. Wir treten für wirklich umfassende Information und direkte Bürgerbeteiligung an Entscheidungsprozessen ein.
§ 2 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments ist für uns von zentraler Bedeutung: 'Die Mitglieder des Parlaments üben ihr Mandat frei aus. Sie sind weder an Aufträge noch an Weisungen gebunden.' In diesem Sinne sind wir nur unseren Wählern und unserem Gewissen verpflichtet. Falls ich ins Europäische Parlament gewählt werde, setze ich mich intensiv für eine Reform der 'Kostenerstattungs- und Vergütungsregelung für die Mitglieder' dieses Parlaments ein."
Alle Kandidaten bekannten sich auch kompromißlos zur Neutralität Österreichs und erklärten ihre eindeutige Position zu anderen Grundsatzfragen - siehe dazu auch den unten anklickbaren Text des Plakats bzw. Flugblatts. Das EU-Wahlergebnis am 13. Juni: 14 Prozent der Wählerstimmen, zwei Mandate, das dritte nur um wenige tausend Stimmen verfehlt.
Mit fast 350.000 Wählern wurde die "Liste Martin - für echte Kontrolle in Brüssel" zur drittstärksten politischen Kraft Österreichs in Europa. "Ich würde mich am liebsten bei jedem Einzelnen bedanken", sagte Martin am Wahlabend im österreichischen Fernsehen ORF und kritisierte die parteienhörige Berichterstattung dieses Mediums. Seither bekam er nie wieder die Chance, sich live im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Österreich zu europapolitischen Fragen zu äußern.
Wahlen zum österreichischen Nationalrat am 1. Oktober 2006
Die von Hans-Peter Martin gegründete "Bürgerliste Demokratie, Kontrolle, Gerechtigkeit" erreichte bei den Nationalratswahlen in Österreich am 1. Oktober 2006 auf Anhieb 2,8 Prozent der Stimmen, verpaßte damit aber die Hürde von vier Prozent, um ins Parlament einzuziehen. Genaue Informationen hier zum Anklicken unter www.weisse.at
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