stern.de  - iPhone App fankurve 2010 zur Fussball WM
. .
News am 12.07.2010
RSS Mobil stern.de Blogs Hefte
10. März 2010, 22:15 Uhr

Ein Leben im falschen Körper

Yvonne Buschbaum ist eine erfolgreiche Stabhochspringerin. Doch ihre Erfolge machen sie nicht glücklich. Denn sie fühlt sich in ihrem Frauenkörper nicht wohl. Schon als Kind wollte sie ein Junge sein.

Zoom
Yvonne, falscher Körper, Mann, Frau

Hat das Geschlecht geändert: Balian Buschbaum© Gaby Gerster

Wenn man Balian Buschbaum heute auf seine sportlichen Erfolge aus der Vergangenheit anspricht, dann wird der 29-Jährige nicht euphorisch. Im Gegenteil: "Das waren nur kurze Augenblicke, die mich glücklich gemacht haben", sagt er nüchtern. Gewonnene Wettbewerbe würden zwar zu seiner Biografie gehören. "Doch sie sind für mich, zusammen mit meinem falschen Körper, gestorben." Seit zwei Jahren ist der junge Mann nun in seinem richtigen Körper angekommen - im Körper eines Mannes.

Rückblick: Balian Buschbaum wurde im Juli 1980 als Mädchen geboren. Ihre Eltern gaben ihr den Namen Yvonne. Schon von klein auf wünschte sich Yvonne sportlichen Erfolg. "Ich träumte davon, einmal vom Stabhochsprung zu leben", sagt Buschbaum heute. Und tatsächlich lebte Yvonne Buschbaum ausschließlich für ihren Sport, stand mit 18 Jahren an der Spitze der internationalen Junioren-Bestenlisten. Es folgten Medaillengewinne und ein deutscher Hallenrekord bei der Europameisterschaft 2002. Glücklich war Yvonne trotzdem nicht. "Ich habe gemerkt, ich habe einen kleinen Makel, irgendetwas stimmte nicht", sagt Buschbaum rückblickend.

"Sport war meine Rettung"

Besonders stark war dieses Gefühl, wenn Yvonne frei hatte, wenn sie Zeit zum Nachdenken hatte. Heute ist Buschbaum davon überzeugt, dass ihm allein der Sport damals Halt gegeben hat. "Er war meine Rettung. Hätte ich diesen Weg nicht eingeschlagen, wäre ich auf der Strecke geblieben, da bin ich mir heute sicher."

Doch irgendwann wurde auch der Sport für Yvonne Buschbaum zum Problem: Die einstige Top-Athletin war immer häufiger verletzt, die Achillessehnen machten ihr Probleme. Und auch die psychischen Probleme wurden immer größer.

Yvonne Buschbaum wollte so nicht mehr weitermachen. Sie entschloss sich, fortan als Mann leben zu wollen. Und sie entschloss sich, ihre sportliche Karriere zu beenden. "Ich wende mich heute an die Öffentlichkeit, um meinen Rücktritt vom Leistungssport bekannt zu geben", stand in der Pressemitteilung, die im November 2007 veröffentlicht wurde. "Seit vielen Jahren befinde ich mich gefühlsmäßig im falschen Körper." Und: "Ich gehe diesen öffentlichen Weg bewusst. Niemand soll sich belogen und betrogen fühlen."

Nach dem Schritt an die Öffentlichkeit begann Yvonne Buschbaum dann die Hormontherapie, die ihren Körper männlicher machen sollte. Nach drei Monaten der erste Erfolg: Die ersten Bartstoppeln begannen zu wachsen. "Das war toll, aber irgendwie auch Alltag", sagt Buschbaum heute. "Es war etwas, was schon immer zu mir gehören sollte." Auch die Stimme wurde tiefer.

Kein Mensch für halbe Sachen

Doch Buschbaum war noch nicht zufrieden: Geschlechtsangleichende Operationen sollten ihn vollständig zum Mann machen. "Ich bin kein Mensch, der halbe Sachen macht", sagt Buschbaum heute, "ich wollte die OPs, so schnell es geht." Zunächst wurde die Brust operiert, anschließend das Geschlechtsorgan. Dann war es geschafft: Balian Buschbaum war nicht nur innerlich ein Mann - sondern auch äußerlich.

Heute arbeitet Balian Buschbaum als Stabhochsprungtrainer in Mainz - und ist glücklich darüber, dass er sich dafür entschieden hat, als Mann zu leben: "Ich bin entspannter und ruhe in mir", sagt der 29-Jährige heute, "ich habe mein Gleichgewicht gefunden."

Buchtipp

Buchtipp Blaue Augen bleiben blau: Mein Leben. Von Balian Buschbaum. Erscheint am 11. März 2010 im Krüger Verlag. ISBN-Nummer: 978-3-8105-2619-9. Preis: 17,95 Euro

KOMMENTARE (10 von 32)
 
Cat77 (13.03.2010, 10:10 Uhr)
Hallo
Ich lebe seit 9 Jahren in einer Beziehung mit einem transsexuellen Mann (Frau zu Mann). Wir reden oft über seine Lebensgeschichte und das er es am Anfang nicht immer leicht hatte da dieses Thema leider nicht so einfach ist in unserer Ortschaft.Aber ich stehe zu 100 Prozent hinter ihm! Ich bewundere die Menschen sehr die diese Wege gehen. Nur leider finde ich es immer wieder sehr schlimm wenn andere derartig über Ts lästern. Auch diese Menschen werden einmal Kinder haben und werden nicht wissen wie diese Kinder sich entwickeln.Es gibt ja mehr Mann zu Frau aber leider weniger Frau zu Mann. Ich würde mich sehr freuen wenn ich einen Kontakt zu Herrn Buschbaum haben könnte meinem Lebensgefährten würde es in vielen Situationen helfen wenn er mit seinesgleichen reden könnte.
Zu Herrn Buschbaum kann ich nur sagen das er ein sehr attraktiver junger Mann ist!
Btoshy (12.03.2010, 11:31 Uhr)
Der Stern...
Ja der Stern und viele andere verstehen es nicht. Sie hören nicht richtig zu. Manche aus trotz und manche, weil verstehen nicht, dass die Wortwahl sehr entscheident ist. Ob es Verdrängung ist, oder auch bewußte ignorantz. Viele verstehen auch nicht das Homosexuallität absulut gar nichts mit Transsexualität zu tun hat.
Mit wem man Geschlechtsverkehr haben möchte und in welcher Geschlechtsidentität man steckt sind zwei verschiedene Dinge.

Ebenfalls gibt es Menschen, die einem das Leben schwer machen, indem sie immer, immer und immer wieder (eigener Fall) den Namen auf dem Pass benutzen, mit den verschiedensten Ausreden. 'Ist sei nicht erlaubt.' - 'Es sei zur Zeit noch ein Fantasiename.' - 'Wir wollen mutivieren, den Schritt dann auch zu gehen.'
Zur Information in Deutschland gibt es KEIN Gesetz, das unterbindet wie man sich an zu reden wünscht.
Wenn sich jemand mit dem Namen Wurst gut fühlt, darf er überall Wurst heißen (nur keine wichtigen Dokumente und Urkunden damit unterschreiben).

Deutschland ist ein Land, das für alles und jeden Gesetzte brauch. Und wenn eine Lücke auftaucht, dann wird man von A über Y nach C geschickt. Die Menschen dürfen und können anscheinend auch nicht mehr selber überlegen und entscheiden. Schon gar nicht über sich selbst!

Kim_A (11.03.2010, 21:27 Uhr)
Der Stern versteht da was wohl nicht...
Zitat: "Yvonne Buschbaum wollte so nicht mehr weitermachen. Sie entschloss sich, fortan als Mann leben zu wollen."

Falsch. ER entschloss sich, auch körperlich als Mann zu leben. Nicht SIE. Unglaublich, wie hartnäckig der Stern weiterhin nicht anerkennen will, dass transsexuelle Menschen mit ihrem Outing zeigen, welchem Geschlecht sie schon immer angehörten.
Sando (11.03.2010, 18:09 Uhr)
Mutter eines TM's
es ist schön zu sehen wenn die Transition eines Menschen abgeschlossen ist und er mit sich und in sich ruhen kann. Auch von mir Hut ab und Respekt, den ich allen Menschen entgegen bringe, die so zu sich selbst stehen.
Den Kommentar von BlondeAngel kann ich am Besten nachvollziehen. Wieso nur wird ein Mensch vom äußeren Erscheinungsbild her auf, der is aber lecker, was für ein Mann, so nach dem Motto Fleischbeschau, reduziert. Mir scheint als wenn wirklich die meisten Menschen nur an Oberflächlichkeiten und Äußerlichkeiten interessiert sind. Was im Leben wirklich zählt, sind innere Werte und die Seele eines Menschen.
Mein Sohn steht grade erst am Anfang seiner Transition aber er ist auf einem gutem Weg. Gsd kann ich nur sagen kommt unsere ganze Familie damit sehr gut zurecht und er wird nicht ausgegrenzt, so wie es wohl bei vielen leider der Fall ist. Auf der anderen Seite gibt es aber auch einige wenige Menschen die ihn früher gerne bei der Begrüßung umarmt haben und heute davor einen Ekel empfinden. Das ist einfach nur traurig. Es gibt leider viel zu viele Menschen die nur ein begrenztes Denken was Menschlichkeit anbelangt haben.
Aus der Sicht und Erfahrung einer Mutter, kann ich auch nur bestätigen, dass es sehr sehr viel Mut erfordert diesen schweren Weg zu gehen und dafür sollte man wirklich Respekt und Unterstützung geben. Denn jeder Mensch hat das Recht mit sich selbst leben und glücklich sein zu dürfen.
christina27 (11.03.2010, 18:06 Uhr)
schöner mann
deine person beeindruckt mich sehr..ich würde dich gerne kennenlernen!!
JoshuaW (11.03.2010, 10:48 Uhr)
Nicht vergessen, wo man herkommt
Natürlich hat Balian eine beeindruckende Entwicklung in sehr kurzer Zeit hingelegt. Meiner Meinung nach steckt er noch mitten in der Pubertät und schrappt hart an der Grenze zu frauenfeindlichen Äußerungen vorbei. Es macht einen nicht männlicher, Frauen von oben herab zu sehen und das sollte Balian eigentlich wissen. Ich denke, dass es noch etwas früh war das Buch zu schreiben, denn der Prozeß dauert Jahre und ist längst nicht abgeschlossen, auch wenn es äußerlich so wirkt.
Janette66 (11.03.2010, 10:13 Uhr)
Transsexuell (Bin selber Betroffen)
Ich bin selber Mann zu Frau.

Es ist gut, dass jetzt mal über unsere Bedürfnisse gesprochen wird.
Was die Beiden da so mitgemacht haben, hat mit Mut nicht zu tun. Es ist eben die innere Zerrissenheit, weil der Körper der Seele nicht entspricht.

Ich habe auch sehr lange gebraucht und bin dann auch den Weg (wie Balian Buschbaum)
Erfolgreich gegangen.

Wie Balian Buschbaum, bin ich auch, um mich abzulenken, den Sport nachgegangen.

Wenn Ihr mehr über mich Wissen möchtet, siehe auf: www.im-falschen-koeper-geboren.de
nach.

Mann-zu-Frau-Transsexuelle (Transfrauen) haben es in ihrer neuen Rolle schwerer als Transmänner.

Diskriminierungen und Beschimpfungen sind immer noch Knackpunkte in der deutschen Gesellschaft.

Mit freundlichen Grüßen

Janette
superhexe (11.03.2010, 00:23 Uhr)
Hallo
Ich kenne Yvonne Buschbaum von früher von der Schule noch. Ich wollte jetzt nur mal sagen wie super und mutig ich es finde das Sie diesen weg gemacht hat. echt super stolz auf sie ihn. lg
nocheinusername (10.03.2010, 23:42 Uhr)
Hochachtung
Die Beiträge hier sind (fast alle) wirklich sehr positiv und tolerant, das macht Leuten in einer ähnlichen Situation Mut!

Bei fast gleichem Weg - Frau-zu-Mann-Transidentität inkl. OP und dauerhafter Hormonbehandlung - habe ich mich dennoch gegen die komplette Offenheit entschieden. Das hat zwei Gründe: Der erste ist, dass ich mich (auch auf eigener Forschungsbasis akademisch) zu solchen und vor allem benachbarten Themen äußern möchte, ohne dass dies auf reinen Aktivismus in eigener Sache reduziert wird - die Gefahr, als "Berufs-Transidenter" wahrgenommen zu werden, besteht gerade bei emotional aufgeladenden Themen durchaus.

Der andere ist noch einfacher; man könnte kurz "Feigheit" dazu sagen: Die Toleranz, wie sie hier in den Beiträgen, und auch im Studio zum Ausdruck kommt, ist meiner Erfahrung nach leider doch bei weitem nicht so weit verbreitet. Prägend in dieser Hinsicht war vor allem eine (frühe) Begegnung mit dem spezialisierten Arzt, der mich eigentlich unterstützen und begleiten sollte, in der er mir erzählte, ich solle doch froh sein, jetzt zu leben, denn früher wäre ich maximal in ein Kuriositätenkabinett aufgenommen worden... Die weitere Arbeit mit diesem - leider im weiten Umkreis einzigen - Arzt gestaltete sich dann auch entsprechend und ich bin heute noch der Meinung, nicht wegen, sondern trotz ihm durchgehalten zu haben.

Herr Buschbaum scheint eine ausgesprochen starke Persönlichkeit zu sein. Ich denke, dass ihn solche Sottisen wenig kümmern dürften. Andere - und mit Sicherheit ich selbst - sind da anders gelagert und haben mit der Zeit zu viel abbekommen, als dass sie sich ohne Not weiteren Angriffen aussetzen wollten.

Gerade darum kann man gar nicht genug betonen, wie wertvoll das Verständnis ist, was von anderen - im direkten Kontakt oder auch in solchen Beiträgen - gezeigt wird.

Herrn Buschbaum und Herrn Schuler danke ich für ihre Offenheit und wünsche ihnen alles Gute auf ihrem weiteren Weg.
Princess (10.03.2010, 23:36 Uhr)
muberluxber
ob er mit Frauen oder Männern schläft ist völllig EGAL ! Das hat nichts damit zu tun, ob du dich mit dem männlichen oder weiblichen Geschlecht identifizierst ! Ein Mann der auf Männer steht. fühlt sich nicht automatisch als Frau !
MEHR ZUM ARTIKEL
Transsexuelle Fremd im eigenen Körper

Transexuelle leben mit dem Gefühl, dass sie mit dem falschen Geschlecht zur Welt gekommen sind. Manche entscheiden sich für geschlechtsangleichende Operationen. Aber der Weg dahin ist beschwerlich - nicht zuletzt aufgrund der Bürokratie. mehr...

Im falschen Körper geboren Wie aus Tim Kim wurde

Kim ist 17 Jahre alt und ein ganz normaler Teenager. Die Schülerin interessiert sich für Jungs und Mode, geht gern tanzen und träumt von einer Gesangskarriere. Doch Kims Leben ist bisher anders verlaufen als das Gleichaltriger. mehr...

MEHR ZUM THEMA
powered by wefind WeFind