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Corps in Rostock



Das Haus an der der Stephan-Meier-Straße 33 von Südwesten, große Kneipe mit Blick nach Süden und Treppenhaus zum Erdgeschoß.



von FrankWittendorfer Palatia-Guestphaliae, der Hellas, Rhaetiae (Text) und Christoph Hetzel Palatia-Guestphaliae (Fotos)

 

Wer von Freiburgs Altstadt kommend das Institutsviertel durchquert, dem fällt in dem städteplanerischen Einerlei der fünfziger Jahre ein Haus besonders angenehm auf. Es will, klein und anmutig, zunächst gar nicht in die Reihe der vielgeschossigen, nüchternen Universitätsbauten passen. Dabei nimmt das zwar als Corpshaus geplante, eher jedoch an ein Landhaus oder eine Vorstadtvilla erinnernde Gebäude seinen Platz schon viel länger ein als seine in Beton gegossenen Nachbarn: Das Haus der Palatia-Guestphalia ist einer der wenigen Zeugen des im Krieg fast völlig untergegangenen Freiburger Universitätsviertels. Fast ganz aus Holz errichtet, entspricht es keineswegs den landläufigen Vorstellungen, die man sich von einem typischen Verbindungshaus macht. Es war das zweite Corpshaus, das sich das 1873 gegründete Straßburger Corps Palatia leistete. Ein erstes erstellte es sich 1903, an bevorzugter Stelle malerisch an der Ill gelegen, nicht weit von der Straßburger Altstadt: repräsentativ, architektonisch ganz der Epoche verhaftet, mit zahlreichen Jugendstilelementen versehen. Nach der Vertreibung Ende 1918 entschied sich Palatia für Freiburg als neue Heimat. Allerdings mußten die Anfänge vorerst bescheiden bleiben: An den Erwerb oder gar an den Bau eines neuen Hauses war angesichts der ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu denken. Also zog man in Gasthäusern von Hinterzimmer zu Hinterzimmer. Die ersten ernsthaften Planungen zum Erwerb eines Grundstücks und für den Bau eines Corpshauses fielen in die Jahre 1922/23. Sie waren die direkten Folgen der unbefriedigenden Nachwuchslage und der gewonnenen Ansicht, daß ein Corps ohne Haus in Freiburg nicht bestehen könne. Das war zwar richtig gedacht, aber ein durchaus mutiger und riskanter Schritt angesichts der drastisch ansteigenden Inflation. Die Finanzierung des Vorhabens war mit einem Mal gesichert, als eine Ausgleichszahlung für das beschlagnahmte Straßburger Corpshaus verzeichnet werden konnte. Zweifellos ein glücklicher Umstand, daß diese Gelder im November 1923, also nach Überwindung der Inflation, eintrafen und nicht bereits vorher. Von entscheidender Bedeutung aber war, wie stets bei solchen Projekten, der Einsatz von Corpsbrüdern sowie deren großzügige materielle Unterstützung. Arthur Berger Isariae, Palatiae-Straßburg, Architekt in München, fertigte einen ersten Entwurf für das Haus an, das schließlich nach den Plänen von Friedrich Wilhelm Roetgers Palatiae-Straßburg, ebenfalls Architekt in München, zur Ausführung kam. Roetgers richtete seine Planungen an dem Angebot von Bruno von Waldthausen Palatiae- Straßburg aus, der sich bereiterklärt hatte, das gesamte für das Haus erforderliche Bauholz fertig bearbeitet zu stiften und überdies die Infrastruktur seines Ritterguts für den Hausbau zur Verfügung zu stellen sowie die Bauaufsicht zu übernehmen. Nur natürlich, daß Roetgers diese Bereitschaft sofort aufgriff und als Baumaterial – fast ausschließlich – Holz verwendete. Die Grundsteinlegung war vom 1. Juni 1924 an eine Abfolge mehrerer gesellschaftlicher und geselliger Veranstaltungen, wie damals üblich, im Beisein höchster offizieller Würdenträger, die dem Corps ihre Referenz erwiesen. Überhaupt befand sich Palatia-Straßburg mit dem Haus, das im Januar 1925 eingeweiht werden konnte, in guter corpsstudentischer Nachbarschaft: Auf dem Nachbargrundstück hatten die Hessen-Preußen ihr Haus und schräg gegenüber in Sichtweite stand das Haus der Rhenania. Eine architekturstilistische Einordnung fällt schwer; es drängt sich der Eindruck eines Cottage oder Landsitzes auf. Charakteristisch ist ein sechseckiger Turm über dem Eingangsportal, der auf vier geraden Schaftsäulen mit schlichtem Kapitell ruht. In seinem Innern, dem „Turmzimmer“, finden Renoncierungen und Receptionen statt. Von dem in Beton gegossenen Keller abgesehen, handelt es sich bei dem Haus im Erdgeschoß um eine Holzkonstruktion auf Fachwerkbasis mit äußerer Holzschindelverkleidung, in den beiden Dachgeschossen um eine Mansardendachkonstruktion mit Schieferverkleidung. Die kleine und die große Kneipe sowie das Treppenhaus im Erdgeschoß sind mit einer Wandvertäfelung in halber Höhe verkleidet. Im Erdgeschoß befinden sich noch Vorraum, Bierküche und Toilettenanlagen. Das Mansardengeschoß verfügt neben dem Turmzimmer über einen Vorraum, ein Drittchargierten-Zimmer, sowie vier Aktivenzimmer und Badezimmer. Im Dachgeschoß wird gepaukt, im Kellergeschoß, über einen separaten Eingang zugänglich, sind mehrere Wirtschaftsräume und eine große Küche untergebracht sowie eine geräumige Hausmeisterwohnung. Der große Gartenpark ist durch eine Freitreppe von der großen Kneipe aus zugänglich. Daß das Pfälzer-Haus den Luftangriff vom November 1944 überstand, erscheint auch heute noch als Wunder. Der Luftdruck der in der Nachbarschaft niedergehenden Sprengbomben, durch die auch das Rhenanen- und Hessen-Preußen- Haus zu Fall kamen, war von so enormer Kraft, daß das Haus gleichwohl in Mitleidenschaft gezogen wurde. Allein die nachgebende Holzkonstruktion war es, die Schlimmeres verhütete und das Haus wankend widerstehen ließ. Ein im Jahr 1954 angefertigter Schadensbericht ergab, daß die Holzschindelfassade mit Splittern überzogen und selbst im Hausinnern Türen aus ihren Angeln gehoben und in den Räumen der Putz großflächig abgebrochen war. Ein Teil der Schieferziegel auf dem Dach war förmlich weggeblasen, die Schornsteine verschoben. Die Schäden wurden im Lauf der fünfziger Jahre nach und nach behoben. Als im Frühjahr 1951 das unter die Wohnraumbewirtschaftung fallende Haus unter der Maßgabe verfügbar wurde, daß es als Studentenheim geführt werde, handelte man schnell und rekonstituierte Palatia-Straßburg. Zur Verbreiterung der Nachwuchsbasis und zur Erhöhung der finanziellen Handlungsfähigkeit wurde ein Jahr später, 1952, eine Kooperation mit Guestphalia-Jena eingegangen und das Corps Palatia-Guestphalia gegründet. Das kam nicht zuletzt auch dem Haus zugute, an dessen Wiederherstellung und Unterhalt sich die Jenenser Guestphalen nach Kräften beteiligten. Heute wird es besonders wohltuend empfunden, daß Haus und Inneneinrichtung aus einem Guß sind. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg konnte ein Teil des corpsstudentischen Hausrats aus Straßburg ausgelöst werden und in den fünfziger Jahren gelang es sogar, die nach wie vor in Straßburg verbliebene alte Möblierung wiederzuerlangen. So präsentiert sich das Corpshaus innen wie außen als ein Ensemble von ganz besonderem Reiz, das seinesgleichen sucht. Die „Corporate Identity“ der Palatia- Guestphalia definiert sich in einem hohen Maß über ihr Corpshaus, das Mittelpunkt jeglichen Corpslebens ist. Es erfährt seit jeher von den Aktivengenerationen eine Wertschätzung, die den Besuch von Studentenlokalen in der Altstadt meist überflüssig erscheinen läßt. Zur Instandhaltung und Finanzierung des Hauses trägt eine engagierte Altherrenschaft bei, die sich diesem Erbe verpflichtet weiß. Das denkmalgeschützte Haus stellt jedoch nur den Rahmen dar. Ausgefüllt und am Leben gehalten wird es von einer zwar kleinen, aber beherzten Aktivenschar sowie von einem tüchtigen Hausmeisterehepaar, das wie alle Pfälzer- Westfalen sich das Corps nur schwer ohne seine einzigartige Heimat vorstellen kann.

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