Islamdebatte: Religion ohne Glaubensfreiheit von Hans Hugo Klein Hans Hugo Klein, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht, setzt sich in einem Beitrag für Cicero kritisch mit der Debatte um die Rede des Bundespräsidenten zum Tag der deutschen Einheit auseinander. Die Gleichsetzung des Islam mit Christentum und Judentum irritiert ihn. Klein bedauert, dass sich die Diskussion über die Rede auf Wulffs Feststellung konzentriert hat, auch der Islam gehöre inzwischen zu Deutschland. Viele Kritikpunkte des Bundespräsidenten wie das teilweise Verharren in Staatshilfe, hohe Kriminalitätsraten und Machogehabe seien unverdient in den Hintergrund geraten. Wulffs Satz von der Zugehörigkeit des Islam zu Deutschland beinhalte im Zusammenhang mit der vorhergehenden Aussage, Christentum und Judentum gehörten zweifelsfrei zu Deutschland, eine „Gleichsetzung, die irritiert“. Der Islam habe „bisher keine eigene Aufklärung erlebt und seinen Anspruch auf die umfassende Regulierung von Staat und Gesellschaft nach seinen - religiösen - Maßstäben nicht aufgegeben“. Ein solcher Islam, "der die Aufklärung noch vor sich hat, gehört nicht zu Deutschland. Zwar gibt es ihn auch hier, aber er darf nicht bestimmend sein für unsere politische Kultur“, warnt der Verfassungsrechtler. Für den demokratischen Verfassungsstaat sei die Abwehr der Herrschaftsansprüche der Religion seit den großen Revolutionen des ausgehenden 18. Jahrhunderts eine unverzichtbare Grundlage. „Sie ist die unabdingbare Voraussetzung für das friedliche Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher religiöser, weltanschaulicher und kultureller Prägung. Nur ein Islam, der sich darauf einlässt, kann vorbehaltlos zu Deutschland gehören“, appelliert der frühere Verfassungsrichter. Den vollen Wortlaut des Beitrags lesen Sie in der November-Ausgabe des Cicero. Zurück zur Homepage |
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Leserkommentare |
Claude Vaessen M.A. (Lüttich (Wallonien)) | 21.11.2010 |
Ich hoffe sehr, dass dem Bundesverfassungsrichter kein ähnliches berufliches Schicksal ereilt wie Herrn Thilo Sarrazin. Er stigmatisiere ja, das mögen halt die meinungsmachenden Gutmenschen nicht! |
Brigitte Hutz (60437 Frankfurt am Main) | 02.11.2010 |
Ich kann die Aussage von Herrn Klein nur unterstreichen Gut finde ich, dass wir solche Worte aus dem Munde eines ehemaligen Verfassungsrichters hören. Hoffentlich erreichen sie das Ohr der Politiker, die sich offensichtlich immer noch stark in ihrer Gutmenschen-Mentalität eingesponnen haben und einfach die Realität nicht akzeptieren wollen. Man muss auch Herrn Sarrazin dankbar sein, dass er mit seinem Buch den Anstoß zu einem Richtungswechsel im Denken gab. |
Christof (Warschau) | 02.11.2010 |
Jerusalem, Athen und Rom sind Quellen der europäischen Kultur - nicht Mekka und nicht Medina. |
Muhammad Hanel (Schweiz) | 01.11.2010 |
Der Islam ist keine Firma - wie Herr Hamed Abdel-Samad räsoniert - und kann daher nicht pleite gehen. Wenn manche Muslime mit dem Islam ideologische, also defizitäre Geschäfte betreiben ... so sind die Muslime, nicht der Islam die Bankrotteure. Der Islam ist auch nicht mittelalterlich ... (jedenfalls weniger als sokratisches Gedankengut) möglicherweise legen mehr oder immer weniger Muslime diesen Glauben etwas überaltet aus. Der Islam ist auch keine "falsche Schlange", die sich häuten - oder irgendwelchen liberalen Vorstellungen entsprechen müsste. Der Islam entspricht dem Willen Gottes. Erneuern muss sich der Geist, mit welchem eine Rechtleitung Gottes überhaupt in umfassendem Sinn des Wortes "annehmbar" und dadurch erst fruchtend und verträglich umsetzbar wird. Auch braucht es keine "französische", "napoleonische" oder "amerikanische" Revolution in mehrheitlichen von Muslimen bewohnten Ländern (dies wäre wohl die korrektere Bezeichnung) sondern die Änderung des globalen Wirtschaftssystems und die damit natürlich eingeleitete Ablöse der herrschenden Eliten, deren einzige Aufgabe zurzeit darin besteht, positive Entwicklungen zu behindern und zu blockieren - Luxus ist die Motivation. Doch es spricht sich langsam rum: "Zuwenig und zuviel ist dumm und nur der Narren Ziel". Die Scharia ist kein Joch, sondern ein völlig in überalteten oder wahnwitzigen Denkmustern unterjochte lebendige Form - aus einer Offenbarungsschrift Verbindlichkeiten abzuleiten. Indoktrination ist nicht Privileg einer oder aller Religion oder säkularer Ideologie - sondern Liebkind aller, in erster Linie auf den eher rücksichtslosen Vorteil des eigenes Ich's Bedachten. Und last but not least. Die Ostsachsen werden immer noch unterschätzt und ich wünsche ihnen Durchhaltevermögen. |
David_ (Berlin) | 01.11.2010 |
Der Rechtsstaat gründet sich auf dem Grundgesetz! Wer auch nur ansatzweise unsere Rechtsordnung aufweicht um scheinbar liberal und progressiv in der Gesellschaft dazustehen - öffnet dem nicht aufgeklärtem Mittelalter mit allen seinen Erscheinungen - Türe und Toren! Wer das will oder tut ist ein Gegner(!) unserer Rechtsordnung und Werte! Keinen Fussbreit, keinen Zentimeter zurück! Womit wir wieder beim Thema wären. Reformation und Aufklärung im Islam. Wenn Sie (die Männer die das arabische Mittelalter verlängern wollen um ihre dörflich-angestammte Macht und Privilegien ins aufgeklärte Europa rüber zu retten) begreifen würden das Allah (Gott) kein Moslem ist sondern eine Universelle Grösse, wären wir schon sehr viel weiter. . Ein Spruch aus Trier: „Der Mensch macht die Religion, die Religion macht nicht den Menschen.“ . Amen! |
Cato (Schonungen) | 31.10.2010 |
Der mittelalterliche Islam ist kein gleichberechtigter Glaube in Zentraleuropa. Ich gehöre keiner Glaubensrichtung an, aber fundamental ist der Islam nicht. Daß wir der islam. Gelehrsamkeit viel zu verdanken haben ist richtig, daß wir aber auch über Jahr- hunderte Krieg hatten muß auch festgestellt werden. |
Yvonne Walden (41334 Nettetal) | 31.10.2010 |
Die vorstehenden Ansichten des ehemaligen Richters am Bundesverfassungsgericht lassen aufhorchen. Der Islam befindet sich rechtspolitisch bekanntlich noch im tiefsten Mittelalter. Die Scharia entspricht natürlich in keiner Weise dem europäischen Rechtssystem. Insoweit ist der Einschätzung von Hans Hugo Klein vorbehaltlos zuzustimmen, der eine Gleichsetzung von Christentum und Islam kritisch sieht. Der Islam wird sich "häuten" müssen, um liberalen Vorstellungen von Recht und Freiheit entsprechen zu können. Die Frage bleibt jedoch, ob und wann es in den islamisch-dominierten Staaten und Weltregionen eine "Französische Revolution" gibt bzw. geben wird, die dem Islam eine "menschenrechtlich akzeptalble Seele" einhaucht. Andererseits könnte eine "Aufklärung von außen" dazu führen, daß die Menschen in islamisch-geprägten Kulturen, insbesondere aber in freiheitlich-demokratischen Ländern das Joch der Scharia abschütteln und sich von jeglicher religiöser Bevormundung freimachen werden. Die Grundsätze des Humanismus und der Geistesfreiheit sind jeglicher religiöser Indoktrination absolut vorzuziehen. In dieser Hinsicht besteht auch in unseren europäischen Breiten noch einiger Nachholbedarf, denn im Verborgenen lebt eine christlich-geprägte Indoktrination durchaus fort. |
Ostsachse () | 31.10.2010 |
Ich habe Wulff einfach so verstanden, dass der Islam insofern zu Deutschland gehört, als er da ist und er nicht mehr weggedacht oder weggeredet werden kann. Da spielt es keine Rolle, welche Facette des Islam man nun vor Augen hat. Als Erscheinungsbild und als lebensgestaltende Form unzähliger Menschen ist er nun mal da - ob er nun die Aufklärung vor oder hinter sich hat. Das steht nicht dagegen, dass man mit dem Islam kritisch, distanziert oder wie auch immer umgeht. Aber ein Deutschland ohne Islam ist ja wohl mittlerweile undenkbar. Insofern gehört er dazu. |
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