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Weltpresse-Rundschau vom 19.11.2010

Themen in den Kommentarspalten bleiben das hochverschuldete Irland und der NATO-Gipfel, der heute ins Lissabon beginnt. Auch die schärferen Sicherheitsregeln in Deutschland angesichts der jüngsten Terrorwarnungen beschäftigen die internationale Presse.

NEUE ZÜRCHER ZEITUNG
Die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG findet, die deutschen Sicherheitsbehörden hätten dazugelernt.
"Sie besitzen einen guten Überblick über die islamistischen Zentren und deren Anhänger. In einer Situation wie jetzt, in der mit konkreten Anschlägen gerechnet wird, kann es entscheidend sein, wenn man die möglichen Protagonisten kennt. Dieses Wissen wird vor allem dank der kontinuierlichen Überwachung von Telefongesprächen und E-Mails gewonnen. Auch die Schweiz, wo seit Jahren eine zeitgemäße Gesetzgebung zu den geheimdienstlichen Kompetenzen in der Warteschleife hängt, kann hiervon lernen. Nur das präventive Sammeln von Informationen über bestimmte Personen und ihre Netzwerke hilft, die in aller Regel sehr unpräzisen Meldungen über bevorstehende Attentate richtig zu interpretieren", meint die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG aus der Schweiz.

ROSSIJSKAJA GASETA, MOSKAU
Die russische Zeitung ROSSIJSKAJA GASETA sieht es so:
"Seit 2001 pflegt die deutsche Polizei ständigen Informationsaustausch mit Sicherheitsbehörden anderer Länder. In den vergangenen Wochen gelang es auf diese Weise auch, Anschläge zu verhindern. So zum Beispiel entdeckte man die Bombe aus dem Jemen, die über Köln-Bonn nach Großbritannien unterwegs war, sowie eine Sprengstoff-Sendung aus Griechenland, die das Bundeskanzleramt zum Ziel hatte. Doch der deutschen Polizei fehlen etwa 10.000 Beamte, um wirklich effektiv arbeiten zu können. Hinzu kommt, dass die Deutschen auf die gefährliche Situation nicht vorbereitet sind. Viele wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen und wie zu reagieren ist, wenn verdächtige Personen oder Gegenstände auffallen", notiert die ROSSIJSKAJA GASETA aus Moskau.

EL TIEMPO, BOGOTÁ
Die kolumbianische Zeitung EL TIEMPO schreibt über das hochverschuldete Irland:
"Lange Zeit hat sich die Regierung in Dublin gesträubt, das Hilfsangebot der EU anzunehmen. Der Grund für den Widerstand der Iren ist, dass die Milliardenhilfen an Bedingungen geknüpft sind, beispielsweise die Abschaffung bestimmter Steuervergünstigungen, mit denen sich das Land bislang einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen europäischen Staaten verschaffte. Für eine Nation, die jahrhundertelang um ihre Unabhängigkeit gerungen hat, ist es ein schwerer Schlag, eine Einschränkung der Souveränität hinnehmen zu müssen. Aber der Schritt ist unvermeidlich – und er zeigt, dass die wirtschaftliche Erholung in Europa nach wie vor fragil ist", kommentiert die Zeitung EL TIEMPO aus Bogotá.

THE TIMES, LONDON
Die britische Zeitung THE TIMES ist der Ansicht, Irland müsse unter den EU-Rettungsschirm, denn:
"Das ist der Preis der Integration Europas. Man kann vor der Realität nicht unbegrenzt die Augen verschließen. Die irische Regierung meint, sie könne noch acht Monate ohne fremde Hilfe auskommen. Doch Spanien, Portugal und Griechenland können das nicht. Sie müssen innerhalb der nächsten Monate auf dem Anleihenmarkt ihre eigenen Kredite verlängern, und dabei drohen ihnen lähmende Zinssätze. Diese drei Länder hoffen darauf, dass Dublin eine Rettungsaktion akzeptiert, um die Märkte zu beruhigen. Also sollten irische Politiker ihr Unbehagen über die schädlichen Auswirkungen auf ihr eigenes politisches Schicksal überwinden und mit dem Internationalen Währungsfonds zusammenarbeiten", urteilt die TIMES aus London.

IRISH EXAMINER, DUBLIN
Der IRISH EXAMINER aus Irland kritisiert die eigene Regierung scharf:
"Das Ausmaß an Demütigungen, denen wir ausgesetzt sind, in dem wir uns einerseits an Europa wenden müssen, um unsere Haushaltsrechnungen bezahlen zu können und andererseits von denen, die wir gewählt haben, mit kaum versteckter Geringschätzung behandelt werden, mag unwichtig erscheinen. Aber dieses seit Wochen schamlose, durchsichtige und einfach verlogene Verhalten unseres Premierministers Cowen und seines willigen Kabinetts ist symptomatisch für eine Kultur, die uns in diese schreckliche, unterwürfige Position gebracht hat. Dass Cowen glaubt, diese Possenreißerei, der er und seine Kollegen sich hingeben, um die Annahme des EU-Rettungsschirms zu verweigern, sei akzeptables Verhalten, stellt die Ausrichtung seines moralischen Kompasses eindeutig in Frage", argumentiert der IRISH EXAMINER aus Dublin.

LE MONDE, PARIS
Die französische Zeitung LE MONDE vermutet:
"Man wird diese Krise so überstehen, wie man einen Abend in einem irischen Pub übersteht: etwas angeschlagen. Und in Erwartung der nächsten Krise. Die wichtigste Lehre aus diesem Psychodrama in der Eurozone ist die bleierne Last der Überschuldung in Europa. Sie bindet uns an die Launen der Märkte. Steigt sie über eine gewisse Grenze hinaus, erstickt sie das Wachstum", erklärt LE MONDE aus Paris.

DIARIO DE NOTICIAS, LISSABON
Die portugiesische Zeitung DIARIO DE NOTICIAS widmet sich dem NATO-Gipfel, der heute in Lissabon beginnt:
"Lissabon ist in diesen Tagen eine Art Hauptstadt der Welt, wenn sich die Führer von 28 NATO-Mitgliedstaaten versammeln. Portugal gehörte 1949 zu den Gründungsmitgliedern der Allianz und hat in der Anfangszeit schon einmal einen Gipfel organisiert. Nun kann das Land wieder seine transatlantischen Traditionen unter Beweis stellen. Den Bürgern von Lissabon stehen zwei mühsame Tage mit strengen Sicherheitsmaßnahmen bevor, aber die positive Seite dabei ist, dass die Staats- und Regierungschefs Vertrauen in die Fähigkeiten Portugals haben, eine Veranstaltung zu organisieren, die über die Zukunft der Welt entscheidet. Das ist eine Auszeichnung für unser Land", betont die Zeitung DIARIO DE NOTICIAS aus Lissabon.

NRC HANDELSBLAD, ROTTERDAM
Die NATO müsse grundlegend erneuert werden, meint die niederländische Zeitung NRC HANDELSBLAD:
"Der Allianz wird laut Generalsekretär Rasmussen ein drittes Leben eingehaucht: NATO 3.0. Bis zum Ende des Kalten Krieges konzentrierte sie sich auf die nukleare Abschreckung des Warschauer Paktes. Danach war sie mit Friedensoperationen und Konflikteindämmung beschäftigt sowie mit dem Wachstum der eigenen Organisation. NATO 3.0 muss nun flexibel und schnell reagieren auf Terrorismus, die Gefahr der Ausbreitung von Atomwaffen auf unberechenbare Staaten und Regionen, Piraterie sowie Kriegsführung im Internet. Ein Beispiel dafür ist die Invasion in Afghanistan, die in einen langwierigen Krieg ohne raschen Ausweg zu versanden droht. Das bedeutet, dass die Allianz für ihre defensiven Zielstellungen offensivere Strategien braucht", unterstreicht das NRC HANDELSBLAD aus Rotterdam.

JYLLANDS-POSTEN, ARHUS
Die dänische Zeitung JYLLANDS-POSTEN warnt:
"Wenn die Mitgliedsstaaten nicht begreifen, welche Verantwortung sie für die Verabschiedung einer neuen Strategie haben, sieht es düster aus. Viele interne Gegensätze verhindern, dass die NATO ihr Potenzial ausschöpft. Wenn sich USA und Europa nicht zu einer Zusammenarbeit und zu gemeinsamen Werten bekennen, wird dieser Gipfel mit Frustration und verschenkten Chancen enden. Der Schlüssel für die Zukunft der NATO liegt in der neuen Strategie, denn diese ist das Eingeständnis, dass sich die Bedrohungen geändert haben. Wenn alle Seiten dies begreifen, hat die NATO auch künftig ihre Berechtigung als die Allianz, die unsere Sicherheit garantieren kann", heißt es in der Zeitung JYLLANDS-POSTEN aus Århus.

TAKUNGPAO, HONGKONG
Die in Hongkong erscheinende Zeitung TAKUNGPAO ist folgender Meinung:
"Selbst nach Einschätzung aus NATO-Kreisen werden die Länder des Nordatlantik-Pakts derzeit von niemandem bedroht, der einen konventionellen Krieg gegen sie führen würde. Die größte Furcht muss die NATO vielmehr vor nicht-konventionellen Bedrohungsszenarien haben. Dafür bedarf es aber nicht einer solchen gigantischen Sicherheitsstruktur. Das Bündnis steckt daher in ei- ner Sinnkrise. Es ist zu erwarten, dass mit der Einbindung Russlands die politische Funktion der Organisation immer mehr in den Vordergrund tritt, wohingegen ihr militärischer Charakter allmählich verblassen wird. Von dort ist der Schritt zu einer Auflösung der NATO dann nicht mehr weit."
Mit diesem Zitat aus der TAKUNGPAO aus China endet die internationale Presseschau.

Die Internationale Presseschau liefert der Deutschlandfunk für Cicero Online.

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