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Deutsche Experten unterwegs zur "Flaminia"

Deutsche Spezialisten haben sich am Donnerstag auf den Weg zum havarierten Containerschiff "MSC Flaminia" gemacht. Mit Hubschraubern brach das Expertenteam des Havariekommandos Cuxhaven am Morgen nach Großbritannien auf, um vor Ort das Containerschiff und dessen Fracht zu begutachten.

Feuerwehr erwartet "Flaminia"

Mehr als 150 Container mit Gefahrgut hat die "Flaminia" geladen. Deutsche Experten bereiten sich auf die Ankunft des Frachters im JadeWeserPort in Wilhelmshaven vor.

Feuerwehr-Spezialeinheit bereitet sich vor

Wann genau das Schiff in den JadeWeserPort geschleppt und dort entladen wird, steht noch nicht fest. Doch die Berufsfeuerwehr Wilhelmshaven bereitet sich in diesen Tagen schon auf ihren Einsatz vor. Ausrüstungen werden überprüft und die 50 speziell für Einsätze auf See ausgebildeten Kräfte der Brandbekämpfungseinheit (BBE) informiert. Noch gibt es keinen offiziellen Einsatzbefehl für die Feuerwehr. Voraussichtlich in der kommenden Woche gibt das Havariekommando bekannt, wann die "Flaminia" in Wilhelmshaven einläuft. Sollte es zu einem größeren Einsatz kommen, müssten die 50 Spezial-Einsatzkräfte aus Wilhelmshaven durch Spezialkräfte aus anderen Städten unterstützt werden, sagte Feuerwehrdezernent Jens Graul dem NDR.

Notreede vor Helgoland

Doch bevor die "Flaminia" in den Hafen kommt, wird der Frachter etwa 22 Kilometer westlich von Helgoland ankern. Auf Reede sollen einzelne Glutnester gelöscht, Container entladen und Wasser abgepumpt werden. Der durch eine Explosion beschädigte Frachter, der 150 Gefahrgutcontainer an Bord hat, wird in zehn bis 14 Tagen vor Helgoland erwartet. Nach Einschätzung von Experten des Havariekommandos besteht im Moment kein Risiko, dass das Schiff auseinanderbricht.

Greenpeace fordert neues Nothafenkonzept

Seit mehr als einem Monat ist der Frachter schon auf dem Atlantik unterwegs. Dass er jetzt nach Deutschland geschleppt werde, obwohl eine EU-Regelung Notstopps in anderen Ländern vorsieht, sei "eine Riesensauerei", kommentierte der Vorsitzende des Tourismusverbands Nordsee, Sven Ambrosy, die Pläne. Schließlich gebe es EU-Richtlinien, wonach sich andere Länder nicht weigern dürften, das Schiff aufzunehmen, so der Landrat des Landkreises Friesland. Großbritannien und Frankreich hatten es abgelehnt, dass die "Flaminia" in einen ihrer Häfen geschleppt wird, mit der Begründung, das Schiff sei ein zu hohes Umweltrisiko.

Dass das Schiff nun mehrere Hundert Kilometer über den Atlantik und durch den engen Ärmelkanal geschleppt werde, sei ein hohes Risiko für Mensch und Natur und völlig unnötig, sagte der Greenpeace-Schiffsexperte Jörg Feddern. Schließlich gebe es auch vor der britischen und französischen Küste Notliegeplätze. Die Umweltschutzorganisation fordert eine Reform der europäischen Nothafenregelung.

"Müllkippe für havarierte Frachter"

Die brennende "MSC Flaminia"  Detailansicht des Bildes Noch immer ist nicht bekannt, welche Art von Gefahrgut der Frachter geladen hat. (Archivbild) Als "Nackenschläge für den Tourismus" bezeichnete Varels Bürgermeister Gerd-Christian Wagner (SPD), der gleichzeitig zweiter Vorsitzender der Schutzgemeinschaft deutsche Nordseeküste ist, das Vorhaben, die "Flaminia" in den JadeWeserPort schleppen zu lassen. Er warnt davor, das Wattenmeer zur "Müllkippe für havarierte Frachter" verkommen zu lassen. Auch die Opposition im Niedersächsischen Landtag sieht in dem Containerschiff eine zu große Gefahr. Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Olaf Lies sieht in einem Liegeplatz in der Nähe der ostfriesischen Insel Wangerooge eine zu große Umweltgefahr für das Naturschutzgebiet Wattenmeer.

Reederei verschweigt Details zum Gefahrgut

Umweltminister Stefan Birkner (FDP) verteidigte indes die Entscheidung, das Schiff in den JadeWeserPort schleppen zu lassen. Er verlasse sich auf das Urteil von Spezialisten, dass die "Flaminia" schwimmfähig und die Außenhülle intakt sei. Das deutsche Havariekommando mit Sitz in Cuxhaven koordiniert die Bergung. Kommando-Chef Hans-Werner Monsees bestätigte, dass das Risiko jetzt kalkulierbar sei. Warum sich die anderen Länder gesperrt haben, ist auch für ihn nicht nachvollziehbar. Das wochenlange Hin und Her um das Schiff werde auf EU-Ebene ein Nachspiel haben, sagte Monsees.

Für die besondere Lage hat das Havariekommando sein Expertenteam auf 80 Mitarbeiter verdoppelt. Die Situation ist nicht ungefährlich. Noch immer hat die Reederei nicht mitgeteilt, welche Art von Gefahrgut der Frachter eigentlich geladen hat. Nach einem Bericht der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Mittwochausgabe) wird vermutet, dass Ladung falsch deklariert worden sein könnte und diese womöglich die Explosion auf dem Schiff ausgelöst hat. Die Fraktionsvorsitzende der Linken im Niedersächsischen Landtag, Kreszentia Flauger, bezeichnete das Schweigen der Reederei als Skandal. "Unsere Gewässer lassen sich nur schützen, wenn man zu jeder Zeit nachvollziehen kann, welche Güter auf einem Frachtschiff unterwegs sind", sagte Flauger.

Versicherung soll Bergungskosten übernehmen

Die Kosten für die Bergung des Schiffes liegen im Millionenbereich. Sie sollen hauptsächlich über die Versicherung der Reederei abgewickelt werden. Die "MSC Flaminia" war auf dem Weg von South Carolina in den USA nach Bremerhaven, als es am 14. Juli eine Explosion an Bord gab. Ein Seemann starb, ein weiterer kam in eine Spezialklinik. Ein drittes Crew-Mitglied wird nach wie vor vermisst.

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Videos
Die "MSC Flaminia" nach dem Brand
 
Video

Streit um Frachter "Flaminia"

22.08.2012 | 19:30 Uhr
NDR Fernsehen: Hallo Niedersachsen

Der Havarist nimmt Kurs auf Willhelmshaven.

Video starten (03:06 min)

Birkner sieht keine Gefahr für die Gewässer

Der Umweltminister Birkner (FDP) äußert sich zur havarierten "MS Flaminia". (22.08.2012)

Video starten (00:41 min)
Weitere Informationen
Die "MSC Flaminia" der Reederei NSB auf der Niederelbe bei Hamburg. © dapd Fotograf: Dietmar Hasenpusch
 

"MSC Flaminia" auf dem Weg zu Notliegeplatz

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