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Das Werk Tiepolos

Giovanni Battista Tiepolo wurde am 5. März 1696 in Venedig geboren. Sein Vater war Reeder, Mitinhaber eines Handelsschiffes. In der Lagunenstadt, die seit alters her vom Seehandel mit der Levante lebte, war dies kein außergewöhnlicher Beruf.

Der Sohn erlernte bei dem Maler Gregorio Lazzarini (1655 – 1730) die handwerklichen Grundlagen seiner künstlerischen Tätigkeit. Dazu gehörte sicherlich auch eine Einführung in die Technik der freskalen Wandmalerei und der Staffeleimalerei.

Auch dieser Beruf hatte in Venedig ehrwürdige Tradition: Im 16. Jahrhundert wirkten nahezu gleichzeitig drei Maler in der Stadt, die europäischen Ruhm genossen: Tiziano Vecellio (1476/77 oder 1488/90 – 1576), Paolo Veronese (1528 – 88) und Jacopo Robusti, gen. Tintoretto (1518 – 94). Im 18. Jahrhundert galt diese Zeit als Höhepunkt der Malerei und der venezianischen Kunst.

Außer Lazzarini wirkten im frühen 18. Jahrhundert Giovanni Battista Piazetta (1682 – 1754), Sebastiano Ricci (1659 – 1734) und Federico Bencovich (1677 – 1753) als Maler in Venedig. Diese müssen den jungen Tiepolo beeindruckt haben. Denn die helle, klare Farbenpalette Riccis, die Hell-Dunkel-Malerei Bencovichs und die bildnerische Dramatik Piazzettas finden einen Widerhall in seinem Werk.

Motivisch zitierte Tiepolo ausgiebig Veronese. Das gilt besonders für die Architekturelemente und die historisierenden Kostüme seiner Figuren. Entsprechend wurde Tiepolo auf dem Höhepunkt seines Ruhmes als ein neuer Veronese gefeiert.

Mit dem Auftrag, einen Zyklus von Wandfresken im erzbischöflichen Palast zu Udine auszuführen, wurde Tiepolo überregional bekannt. Das 1725 – 28 geschaffene Werk weist bereits die wichtigsten Stilmerkmale des Malers auf, der nun – praktisch bis an seine Lebensende – keinen Mangel mehr an Aufträgen litt.

Hager in der Wüste
Abb. 1: Udine, Pal. Partriarcale: Hagar in der Wüste

Dazu zählten nicht nur kirchliche Ausstattungen, sondern auch zahlreiche Aufträge von privater Seite: 1731 schuf Tiepolo Fresken in den Palästen Archinto (1943 zerstört) und Dugnani zu Mailand, 1734 arbeitete er in der Villa Loschi bei Vicenza, 1740 freskierte er die Galleria im Palazzo Clerici in Mailand, ca. 1745 erfolgte, in Zusammenarbeit mit einem Spezialisten für Architekturmalerei, Gerolamo Mengozzi, gen. Il Colonna, die Ausmalung des Palazzo Labia zu Venedig.

Bei den Sakralbauten bildeten die Ausmalung der Capella Colleoni zu Bergamo (1732), der Kirche S. Maria di Nazareth (Scalzi-Kirche; 1743/44, 1915 zerstört) und der Kirche Santa Maria del Rosario (Gesuati-Kirche; 1737-39) beide Venedig, Höhepunkte seines Schaffens. In dieser glücklichen Situation konnte es sich Tiepolo leisten, im Mai1736 ein Angebot des schwedischen Königs abzulehnen, das Stockholmer Schloss auszumalen – ein Indiz, dass sein Ruhm sich in ganz Europa verbreitet hatte.

Dagegen sagte Tiepolo zu, als ihm der Würzburger Fürstbischof Carl Philipp von Greiffenclau zu Volraths (R 1749 – 54) die Ausmalung des Kaisersaals der Würzburger Residenz antrug. Der in Venedig tätige Würzburger Kaufmann Mehling vermittelte den Auftrag. Als Honorar wurden Tiepolo 10.000 rheinische Gulden zugesagt, eine – für venezianische und erst recht für würzburgische Verhältnisse – sehr große Summe. Johann Zick hatte für die Ausmalung des Gartensaals der Würzburger Residenz sich mit 1.600 rheinischen Gulden begnügen müssen. Auch wenn man die größere Bedeutung des Kaisersaals innerhalb der Raumfolge in Würzburg sowie die komplizierten Flächen bedenkt, die Tiepolo malerisch bewältigen musste, bleibt der Unterschied groß. Für die Deckenmalereien in der Scalzi-Kirche hatte Tiepolo 1745 3.000 Dukaten erhalten, was nur etwas mehr als einem Drittel der für Würzburg vereinbarten Summe entspricht. Ein Würzburger Maurerpolier erhielt damals als Jahreslohn ca. 250 rheinische Gulden, ein Tagelöhner ca. 188 rheinische Gulden.

Tiepolo wird nicht allein aufgrund der Bezahlung den lukrativen Auftrag angenommen haben. Denn der Fürstbischof hatte, wohl wissend um die Besonderheit des Kaisersaals, Zeichnungen mitgesandt, die dem venezianischen Künstler eine erste Vorstellung der anspruchsvollen Raumschale vermitteln konnten.

Im Dezember 1750 traf Tiepolo zusammen mit seinen Söhnen Domenico und Lorenzo sowie einem Diener in Würzburg ein.

Die Wintermonate, in denen aufgrund der Feuchte und der dadurch verzögerten Trocknung des Putzes nicht freskiert werden konnte, nutze Tiepolo, um sich mit dem Kaisersaal in situ vertraut zu machen und die Entwürfe zu fertigen. April bis Juli 1751 wurde das Deckenfresko ausgeführt, ab Juli das südliche Wandbild, und wohl Mai und Juni 1752 wurde der Zyklus mit dem nördlichen Bild vollendet. Während des Winters 1751/52 befasste Tiepolo sich bereits mit dem Treppenhaus – was dafür spricht, dass seine bis dahin fertiggestellten Werke die sicherlich hochgespannten Erwartungen des Fürstbischofen vollauf zufrieden stellten.

Im Winter 1751/52 entstanden ferner zwei Altarblätter für die Hofkirche: Michael stürzt Luzifer in die Finsternis und die Aufnahme Mariens in den Himmel. Ab Frühjahr 1752 arbeitete Tiepolo im Treppenhaus. Eine Ölskizze wurde dem Fürstbischof am 21. April 1752 präsentiert (heute im Metropolitan Museum, New York). Nach intensiver Arbeit konnte er das 677 qm große Fresko im September 1753 signieren; der Fürstbischof entlohnte ihn diesmal mit 12.000 rheinischen Gulden und einer Gratifikation von 3.000 Gulden. Im November verließ Tiepolo mit seinen Söhnen Würzburg.

Von den Werken, die er in seiner Zeit in Franken für andere Auftraggeber als den Fürstbischofen schuf, seien hier das Altarblatt mit der Anbetung der Könige für die Benediktinerabtei Münsterschwarzach (heute in München, Alte Pinakothek) genannt und zwei Szenen aus der römischen Mythologie, Coriolan und die Frauen sowie Mucius Scaevola vor Porsenna (Martin von Wagner-Museum der Universität Würzburg). Das Martin von Wagner-Museum besitzt ferner ein bedeutendes Konvolut von Zeichnungen des Meisters.

Deckenfresko
Abb. 2: Venedig, Santa Maria della Visitazione (La Pietá), Deckenfresko

Nach der Würzburger Zeit verbrachte Tiepolo ein knappes Jahrzehnt in seiner Heimatstadt. 1754 übernahm er die Ausmalung der Kirche Santa Maria della Visitazione (la Pietà) in Venedig, für deren Decke er das Fresko der Aufnahme Mariens in den Himmel schuf. 1757 freskierte er die Villa Valmarana bei Vicenza mit Darstellungen aus der griechischen Mythologie, beides bedeutende Spätwerke; das Gästehaus der Valmarana wurde später von Domenico Tiepolo ausgemalt.

Das Deckengemälde, das Tiepolo im Auftrage der bedeutenden venezianischen Familie der Pisani in deren Villa in Strà 1761/62 schuf, sollte sein letztes Werk in Italien sein.

Opferung der Iphigenie
Abb. 3: Vicenza, Villa Valmarana, Iphigeniensaal, Opferung der Iphigenie

Apotheose der Spanischen Monarchie
Abb. 4: Madrid, Palacio Real, Anticamera de la Reina ("Saleta"), Apotheose der Spanischen Monarchie

Denn 1761 wurde der Künstler, nach langwierigen Verhandlungen mit dem spanischen Gesandten, dem Herzog von Montealegre, von König Carlos III. an den bourbonischen Hof nach Spanien berufen. 1762 – 66 schuf er dort einen Zyklus von Deckengemälden im Palazzo Reale zu Madrid: Zunächst im Gardensaal (Äneas wird zum Tempel der Unsterblichkeit geführt), ferner in der "Saleta" (Apotheose der spanischen Monarchie) und als Hauptwerk die Glorie Spaniens im Thronsaal. Auch auf dieser Reise begleiteten ihn seine beiden Söhne. Am spanischen Hofe traf der Italiener auf die Konkurrenz des deutschen Maler Anton Raphel Mengs, der zu den ersten Protagonisten der klassizistischen Malerei gehört.

Glorie Spaniens
Abb. 5: Madrid, Palacio Real, Thronsaal: Glorie Spaniens

In Madrid ist Tiepolo, der größte Freskant des 18. Jahrhunderts, am 27. März 1770 verstorben.

Bernhard Rösch


   

             
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