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Unternehmensberater

 

Autor: Sebastian Thiele
Letzte Änderung: Juli 2008

 

Vortrag - © Yuri Arcurs ? Fotolia.com

Persönliche Voraussetzungen

Das geschichtswissenschaftliche Fachwissen wird bei einer beruflichen Tätigkeit als Unternehmensberater keine Rolle mehr spielen. Trotzdem sind exzellente Noten eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Bewerbung bei einer Unternehmensberatung. Erwartet werden vielfach auch sehr gute Englisch- und weitere Sprachkenntnisse, Auslandserfahrung und einschlägige Praktika. Ein grundlegendes Verständnis für betriebs- und volkswirtschaftliche Zusammenhänge ist ebenfalls ein Vorteil. Geisteswissenschaftler haben dann eine Chance, wenn sie ihr analytisches Denkvermögen, ihre geistige Flexibilität, die andere Möglichkeiten zur Problemlösung eröffnet, und ihre kommunikative Stärken vermitteln können.

Eine Journalistin, die bei einer deutschen Beratungsgesellschaft ein Bewerbungsverfahren komplett absolviert hat, berichtet darüber in einem spannend zu lesenden Kapitel in der Monographie von Thomas Leif (S. 96-146, vgl. Literaturhinweise).


Historiker und Unternehmensberatung

Historiker und Consulting: Passt das zusammen? Die wirtschaftliche Beratung von Unternehmen hat auf den ersten Blick nichts mit Geschichtswissenschaft zu tun. Auch wenn manche Unternehmensberatungen derzeit massiv "Quereinsteiger" umwerben: Der Personalgrundstock der Branche rekrutiert sich immer noch hauptsächlich aus Juristen und Wirtschaftswissenschaftlern.

Insbesondere aus drei Gründen haben jedoch auch Historiker Chancen in der Unternehmensberatung:

Erstens ist Unternehmensberatung überall gefragt: Auch in Schulen, Krankenhäusern, Parteizentralen, Kirchen und Rathäusern. Daraus ergeben sich z. B. Chancen für Medizintechniker, Politologen und eben auch für Historiker. Geisteswissenschaftler haben (im Magisterstudiengang) zudem meist zwei oder drei Fächer studiert und besitzen somit Zugang zu unterschiedlichen Branchen und können auf Augenhöhe mit dem Kunden verhandeln bzw. kommunizieren.

Zweitens ist die Arbeitsweise in einer Unternehmensberatung projektbezogen, analytisch geprägt und teamorientiert. Letztendlich sieht der Unialltag eines Historikers ähnlich aus: Die selbst gewählte Fragestellung für die Hausarbeit muss den Professor überzeugen und die Arbeit sollte in der nur knapp zur Verfügung stehenden Zeit fertiggestellt werden. Auch in jedem Referat kommt es darauf an, eine zweckmäßige Fragestellung zu entwickeln und zusammen im Team ein Ergebnis zu präsentieren, das in sich schlüssig ist.

Drittens sind es typisch geisteswissenschaftliche Schlüsselfähigkeiten, nämlich insbesondere soziale Kompetenz und Kommunikationsstärke, die bei der Arbeit eines Consultant wichtig sind. Denn in der Praxis der Unternehmensberatung droht die Gefahr des Scheiterns eines Projektes eben nicht nur wegen möglicher fachlicher Mängel: Genauso kommt es darauf an, eine zielgerichtete Gestaltung und Steuerung des jeweiligen Projektes zu gewährleisten.

Nach einer Studie der Personalberatung SCS richteten sich 1998 immerhin 3% aller Stellenangebote von Beratungsgesellschaften an Geistes- und Sozialwissenschaftler. Manchmal wird sogar ein Mangel an geisteswissenschaftlichen Bewerbungen konstatiert. Allerdings sollten Historiker nicht allzu hohe Erwartungen haben: Die Süddeutsche Zeitung (Consulting-Beilage, 18.11.2006) gab die Anzahl geisteswissenschaftlicher Berater etwa bei Roland Berger mit 5% an.

Die Unternehmensberatungsbranche hat sich mittlerweile erheblich ausdifferenziert: Es gibt Unternehmen, die sich entweder auf eine bestimmte Branche oder einen fachlichen Bereich (insbesondere IT) fokussiert haben. Für Historiker sind jedoch tendenziell eher die großen Unternehmensberatungen relevant, die verschiedenste Problemstellungen für das Management des Auftraggebers bearbeiten (die so genannte „Strategieberatung").

Ein Tätigkeit bei einer Unternehmensberatung hat einige deutliche Pluspunkte: Die Einstiegsgehälter sind exorbitant hoch (ab 50.000€), der berufliche Aufstieg kann sehr zügig erfolgen und die persönlichen Fähigkeiten nehmen rasant zu. Vielfach wird eine Tätigkeit bei einer Unternehmensberatung, insbesondere zu Beginn des Berufslebens, als ein "Karrieresprungbrett" gesehen. Doch die Privilegien haben auch ihren Preis: Die Karriere in einer Unternehmensberatung erfolgt nach dem Prinzip „grow or go", d. h. der Aufstieg, aber mitunter auch der Ausstieg verlaufen recht schnell. Die Personalfluktuation ist daher sehr hoch. Die Mitarbeiter müssen sich zeitlich stark engagieren und sehr häufig (je nach Schwerpunkt auch ins Ausland) verreisen.

Die negativen Aspekte der Branche wurden insbesondere in der sehr erfolgreichen Buchveröffentlichung von Thomas Leif diskutiert. An der Unternehmensberatung interessierte Studenten sollten sich auch mit dieser kritischen Literatur auseinandersetzen, aber deren vielleicht überzeichnete Positionen zu einem bestimmten Bereich der Branche nicht eins zu eins übernehmen.

Weitere verwandte Artikel auf Berufe-für-Historiker.de: Interview mit Sebastian Schmidt-Hofner, Historiker und von 2004 bis 2006 als Unternehmensberater tätig


Weblinks

Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (u. a. mit einer Beraterdatenbank)

Bundesverband der studentischen Unternehmensberatungen

Informativer Artikel bei Staufenbiel.de zur Strategieberatung


Literaturhinweise

Forum Verlag (Hrsg.): Praxis konkret. Berufsstart Consulting, 2000.

Leif, Thomas: Beraten und verkauft. McKinsey & Co. - der große Bluff der Unternehmensberater, München 2006.

Wimmer, Rudolf: "Wozu benötigen wir Berater? - Ein aktueller Orientierungsversuch aus systemischer Sicht", in Gerd Welger (Hrsg.): Formen der Unternehmensberatung, Köln 1995.

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