Große Chronik von Gramatneusiedl, Marienthal und Neu-Reisenberg
1840 bis 1849
1840
1840 erscheint eine kurze Biografie des Mitbesitzers und Direktors der ersten Textilfabrik Marienthal Franz Xaver Wurm (1786–1860). (Lesen und herunterladen)
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1840
Das Dach der Kirche Sankt Peter und Paul wird 1840 mit Schindeln neu gedeckt.
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1840
Am 18. März 1840 findet der Totengräber auf der Gramatneusiedler Seite des Friedhofs in Moosbrunn
(Niederösterreich) eine Römermünze, angeblich aus der Zeit von Gordian I. (d. i. Marcus Antonius Gordianus Sempronianus Romanus Africanus; um 159–238), im
Januar 238 römischer Kaiser. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1840
Mit Stand vom 10. August 1840 gibt es laut Beichtregister bei den bewirtschafteten Bauernhöfen drei Ganzlehner, 25 Halblehner und einen Viertellehner. Außerdem leben hier noch der Schneidermeister Paul Linpöck (1704–?), der Wagnergeselle Anton West
(1819–?), der Krämer Ignaz Schebetka (1770–?), der Krämer Martin Wilhelm (1790–?), der Müllermeister Valentin Löffler (1808–?) auf der Ladenmühle, der Müllermeister Johann Tweraser (1791–?) auf der Kiebitzmühle, der Schullehrer Joseph Huemann (1772–1849) und der Viehhirt Johann Eder (1771–?). Im
Schloss Gramatneusiedl wohnen außerdem der Revierjäger Johann Konschützky (1790–?), der aber in seiner Funktion 1841 von Franz Zapf (1802–?) abgelöst wird, und der Gastwirt Josef Kühtreiber (1815–?).
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1840
Während es in weiten Teilen des
Erzherzogtums Österreich unter der Enns 1840 eine Rekordernte gibt, bleibt die Ernte an Getreide, Kraut und Heu in Gramatneusiedl mittelmäßig.
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1840
Wegen des 1837 bis 1842 ausgeführten Neubaus des Domherrenhofs (Wien 1., Stephansplatz 5) benötigt das Metropolitankapitel zu Sankt Stephan Geld und
schreibt die Herrschaft Gramatneusiedl zur öffentlichen Versteigerung aus. Gramatneusiedler Bauern ersteigern diese am 12. November 1840 um 60.100 Gulden. Mitbieter sind unter anderen der Besitzer der Herrschaft Ebreichsdorf (Niederösterreich) Johann Freiherr von Schloissnigg (1809–1865) und Vinzenz Prießnitz (1799–1851), Begründer der Kaltwasserkur aus Gräfenberg (Österreichisch-Schlesien; heute Lázně Jeseník, zu Jeseník, Tschechische Republik). An diese Befreiung der Bauern Gramatneusiedls, die bis April
1869 verschuldet sind, erinnert ein
1990 aufgestelltes Denkmal vor dem Gemeindeamt Gramatneusiedl, und die Herrschaft heißt
kurz darauf »Freie Gemeinde-Herrschaft Gramatneusiedl«. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1841
Vom 1. März bis 13. Mai werden in Gramatneusiedl 14 Mann Kavallerie und 27 Pferde einer Bespannungsdivision einquartiert. Am 12. Oktober 1841 folgt die nächste Einquartierung: 11 Mann und 20 Pferde einer Artillerie-Bespannungsdivision.
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1841
Die Regierung des
Erzherzogtums Österreich unter der Enns bestätigt am 21. März 1841 den
im Vorjahr
getätigten Kauf der
Herrschaft Gramatneusiedl durch die Gemeinde Gramatneusiedl vom Metropolitankapitel zu Sankt
Stephan. Weil die
Gramatneusiedler Bauern auch den Zehent von 30 Gulden pro Jahr der Kirche ablösen, werden sie schon vor der Bauernbefreiung von
1848 freie Bauern. Seither darf sich die Siedlung »Freie
Gemeinde-Herrschaft Gramatneusiedl« nennen, wird aber noch bis Ende 1843 vom Metropolitankapitel provisorisch verwaltet.
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1841
Wegen der durch den Freikauf der Herrschaft entstandenen finanziellen Belastung muss die Freie Gemeinde-Herrschaft Gramatneusiedl das erst 1839 ersteigerte Kleinhäusl Gramatneusiedl 25 (seit 1961: Oberortsstraße 25), welches seither als
Armenhaus diente, 1841 an den Sattlermeister Franz Heintl (1807–?) aus Himberg (Niederösterreich) um 307 Gulden verkaufen. Die Armen der Gemeinde werden seither im
Schloss Gramatneusiedl untergebracht. Aus demselben Grund wird am 1. November 1841 auch das
Gemeindegasthaus Nr. 2
(ab 1961: Bahnstraße 5) ins Schloss verlegt; hier verbleibt es bis zu seiner Schließung 1970 als ein von der Gemeinde verpachtetes Gasthaus, genannt »Gemeindegasthaus
Nr. 1«;
das Gebäude selbst wird 1975 abgerissen. Das Gemeindegasthaus
Nr. 1 wird zunächst wieder von Josef Kühtreiber (1815–?) und seiner Ehefrau Barbara, geborene Dörfler (1819–?), betrieben, seit 1. Oktober 1842 von
Anton Hartl (1821–?) und dessen Schwester Karoline Hartl (1824–?). (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1842
Das seit dem Vorjahr leer stehende
Gemeindegasthaus Nr. 2 (ab 1961: Bahnstraße 5; 1958 abgerissen) wird 1842 von der
Freien Gemeinde-Herrschaft Gramatneusiedl an den Halblehner Franz Griesmüller (1810–1893) und seine
Ehefrau Theresia, geborene Weber (1812–1849), samt Keller, 24 Joch Äckern und sechs Tagwerk Wiesen um 640 Gulden verkauft. Der Grund wird landwirtschaftlich genutzt, das Haus als Wohnstatt verwendet, seit 1845/46 vom herrschaftlichen Revierjäger. Das Gebäude wird 1958 abgerissen.
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1842
Mit Hofkanzleidekret vom 11. Juni 1842 wird in Österreich Kinderarbeit unter neun Jahren verboten, ebenso die Beschäftigung von Kindern in Fabriken unter
zwölf Jahren. Die Arbeitszeit wird für Kinder unter
zwölf Jahren auf täglich maximal zehn, für
Jugendliche unter 16 Jahren auf 12 Stunden eingeschränkt. Nachtarbeit wird für Kinder und Jugendliche grundsätzlich untersagt. Das Dekret bleibt jedoch weitgehend wirkungslos.
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1842
Am 8. Juli 1842 wird auch in Gramatneusiedl eine Sonnenfinsternis beobachtet. Diese Sonnenfinsternis
ist heute vor allem durch die ausführliche Beschreibung des Schulinspektors, Schriftstellers und Malers Adalbert Stifter (1805–1868) bekannt.
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1843
1843 erscheint eine ausführliche Beschreibung der zweiten Textilfabrik Marienthal
von
Joseph Johann Knolz (1791–1862). (Lesen und herunterladen)
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1843
Vom 1. Februar bis 1. Juni 1843 werden in Gramatneusiedl, Moosbrunn
(Niederösterreich) und Velm (heute zu Himberg, Niederösterreich) Soldaten einer Bespannungseinheit aus Wiener Neustadt (Niederösterreich) einquartiert.
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1843
Für das Jahr 1843 ist – im Beichtregister – der erste namentlich bekannte Nachtwächter von Gramatneusiedl, Matthias Hampel (1793–?), belegt, der im
Schloss Gramatneusiedl wohnt.
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1843
Am 7. September 1843 wird in der Kirche Sankt Peter und Paul eine neue Orgel mit vier Registern des Wiener Orgelbauers Josef Loyp (1801–1877) aufgestellt, wobei die alte,
1809 von den französischen Besatzern zerstörte Orgel Loyp verkauft wird.
1855 wird die Orgel durch ein Pedal ergänzt, 1867 wird sie schließlich durch eine neue ersetzt.
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1844
Am 1. Januar 1844 tritt Franz Anton Lößl, Verwalter der Herrschaft Ebergassing (Niederösterreich) und Mitglied der 1807 gegründeten »k(aiserlich) k(öniglichen) Landwirthschafts-Gesellschaft«, sein Amt als erster Verwalter der
Freien Gemeinde-Herrschaft Gramatneusiedl an. Erster Amtsschreiber wird Georg Wiesinger, erster Amtsdiener Michael Hampel. Oberbeamter der Freien Gemeinde-Herrschaft Gramatneusiedl ist Franz
Gutherz (1802–1865), Hofrichter des Metropolitankapitels zu Sankt Stephan sowie Hof- und Gerichtsadvokat in Wien (und 1848 Mitglied der Nationalversammlung in Frankfurt am Main). Die
Gemeindekanzlei befindet sich zunächst im benachbarten Ebergassing, wird aber bald nach Gramatneusiedl ins
Schloss verlegt. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1844
Noch kurz vor seinem Tod bemüht sich Hermann Todesco (1791–1844), Begründer und Besitzer der
zweiten Textilfabrik Marienthal, um seine Erhebung in den Adelsstand, wie sein Brief vom 19. April 1844 belegt. (Siehe
Dokument)
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1844
Vom 1. Februar bis 25. Mai 1844 werden in Gramatneusiedl, Moosbrunn
(Niederösterreich) und Velm (heute zu Himberg, Niederösterreich) Soldaten einer Bespannungseinheit aus Wiener Neustadt (Niederösterreich) einquartiert.
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1844
Gemäß Dekret des Kreisamtes vom 29. März 1844 beantragt Franz Gutherz (1802–1865), Hofrichter des Metropolitankapitels zu Sankt Stephan, Oberbeamter der
Freien Gemeinde-Herrschaft Gramatneusiedl sowie Hof- und
Gerichtsadvokat in Wien (und 1848 Mitglied der Nationalversammlung in Frankfurt am Main), im Namen von Hermann Todesco (1791–1844) die Errichtung einer
Bewahranstalt für arme Kinder sowohl der Fabrik Marienthal als auch von Gramatneusiedl, Moosbrunn
(Niederösterreich) und Ebergassing (Niederösterreich). Diese Kinderbewahranstalt wird am 3. August
1844 vom Kreisamt endgültig genehmigt. Untergebracht wird sie in einem eigens dafür errichteten Gebäude neben der Kirche Sankt Peter und Paul, Gramatneusiedl 70 (ab 1961: Oberortsstraße 1), welches Ende September 1844 fertig gestellt ist
(1992 abgerissen). Eröffnet wird die Kinderbewahranstalt erst im Mai 1845. (Siehe Denkbuch Moosbrunn und Dokument)
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1844
Am 29. Oktober 1844 wird die neue Straße von Fischamend (Niederösterreich) nach Moosbrunn
(Niederösterreich) eröffnet. Damit erhält auch Gramatneusiedl eine neue Straße nach Moosbrunn, welche noch heute die Hauptverbindung zwischen den beiden Orten darstellt. Die alte Straße
führte auf Höhe Marienthals Richtung Westen nach Moosbrunn. Zur Finanzierung dieses Straßenbaus trägt neben der Freien Gemeinde-Herrschaft Gramatneusiedl
auch der Besitzer der
zweiten Textilfabrik Marienthal, Hermann Todesco (1791–1844), bei. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1844
Am 23. November 1844 stirbt in Wien Hermann Todesco (1791–1844), Wiederbegründer und 1830 bis 1844 Eigentümer der
zweiten Textilfabrik Marienthal. Als Vollstrecker des Testaments von Hermann Todesco überweist Franz Gutherz (1802–1865) der
Freien Gemeinde-Herrschaft Gramatneusiedl ein Mortuarium (testamentarische Verfügung, die durch die Erben zu leisten ist) in der Höhe von 2.500 Gulden. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1844
Die Witwe von Hermann Todesco (1791–1844), Johanna Todesco (1806–1870), erbt auch die Textilfabrik Marienthal. Sie verfügt die Rücklegung der alten Großhandelsbefugnis und 1845 die Auflösung der Firma, nachdem der älteste Stiefsohn
Max Todesco (1813–1890) eine neue Großhandelsbefugnis erhalten hat.
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1845
Vom 1. Februar bis 25. Mai 1845 werden in Gramatneusiedl, Moosbrunn
(Niederösterreich) und Velm (heute zu Himberg, Niederösterreich) Soldaten einer Bespannungseinheit aus Wiener Neustadt (Niederösterreich) einquartiert.
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1845
Im Frühjahr 1845 übernimmt der Großindustrielle und Kunstsammler Max Todesco (1813–1890) als ältester Sohn von Hermann Todesco (1791–1844) die
Textilfabrik Marienthal von seiner Stiefmutter Johanna Todesco (1806–1870). Mit seiner neu erlangten Großhandelsbefugnis gründet er das Unternehmen neu und legt 1845 bis 1847 die Fabrik still, um die
dritte Textilfabrik Marienthal errichten zu lassen: eine neue Spinnerei und Weberei, mit denen er die
Textilfabrik Marienthal in den nächsten Jahren auf das Niveau eines Großunternehmens bringen wird. Außerdem lässt er
1845 und 1846 Arbeiterwohnhäuser bauen, womit Max Todesco zum Begründer der Arbeiterkolonie Marienthal wird. Max Todesco ist bis
1858 Eigentümer der Textilfabrik Marienthal.
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1845
Am 14. Mai 1845 wird die im Vorjahr errichtete Kinderbewahranstalt in Gramatneusiedl eröffnet, wenngleich der alles regelnde
»Stiftungsbrief« erst am 22. August 1846 durch Max Todesco (1813–1890)
errichtet wird. Erste Gouvernante ist die Witwe Anna Bumberle (1783–?) mit ihren Töchtern Franziska (1811–?), Maria (1818–?) und Antonia (1820–?) als Wärterinnen; alle Beschäftigten wohnen in der Kinderbewahranstalt. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1845
Am 22. Mai 1845 wird mit dem Bau der Eisenbahn der »k(aiserlich) k(öniglichen) priv(ilegierten) Wien–Raaber Eisenbahn-Gesellschaft« im Bereich von Gramatneusiedl begonnen. Die Eisenbahnbrücken bei der Kiebitzmühle über den
Kiebitzbach und jene über die Fischa in Ebergassing
(Niederösterreich) werden bis Weihnachten 1845 fertig gestellt. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1845
Im Juli 1845 erfolgt ohne Vorinformationen der Betroffenen ein Durchstich der an der Gemeindegrenze zu Mitterndorf an der Fischa (Niederösterreich) gelegenen Kirchenwiese, um der Fischa einen neuen Verlauf zu geben. Der Bau dieses Kanals
erfolgt, damit der Wiener Industrielle Philipp Haas (1791–1870) seine neue Baumwollspinnerei in der Nachbargemeinde bauen und von der Wasserkraft her ökonomischer betreiben könne. (Siehe Denkbuch Moosbrunn) Die Kirche Moosbrunn
(Niederösterreich) verkauft nach längeren Streitigkeiten die in ihrem
Eigentum befindliche, schon seit Jahrzehnten an die Gemeinde Gramatneusiedl verpachtete Kirchenwiese 1846 an Philipp Haas, einerseits, um weitere Reibereien zu vermeiden, andererseits weil die Gemeinde Gramatneusiedl bei der Pachthöhe ohnedies sehr eigenwillig handelt und nicht immer den versprochenen
Zins bezahlt.
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1845
Im Sommer 1845 wird das Arbeitsgebäude der alten Fabrik
von
1833 um zwölf und das Wohngebäude um sieben Fenster verlängert. So entsteht aus der zweiten Textilfabrik Marienthal das
Arbeiterwohnhaus Altgebäude, wie das alte
Fabrikgebäude seither genannt wird (2008
abgerissen). Es ist dies das erste ausschließliche Arbeiterwohnhaus Marienthals und somit Grundstein der späteren Arbeiterkolonie Marienthal. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1845
Im Herbst 1845 kauft Max Todesco (1813–1890) von Franz Löffler (1804–?), Müllermeister auf der Rothmühle in
Rannersdorf (heute zu Schwechat, Niederösterreich), die
Ladenmühle samt zehn Joch Grund um
70.000 Gulden. Franz Löffler hatte sie 1840 seinem Bruder Valentin Löffler (1808–?) bis Ende 1845 verpachtet. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1845
Seit Herbst 1845 lässt Max Todesco (1813–1890) den alten Teil der Piesting südlich des
Arbeiterwohnhauses Altgebäude sowie den nördlich davon gelegenen Gemeindebach
teils tiefer, teils neu stechen und schafft damit einen 1846 fertig gestellten neuen Werkskanal, den heutigen Feilbach.
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1845
1845 kauft die Kirche Sankt Peter und Paul ein in Öl gemaltes Fastenbild, »Christus am Ölberg«, um 23 Gulden.
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1846
Am 12. Januar 1846 wird die von der Textilfabrik Marienthal gebaute neue, mit Eichenbohlen belegte Steinbrücke über den
Feilbach eröffnet. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1846
Am 20. Juli 1846 befährt die erste Lokomotive mit einer Materiallieferung die Bahnstrecke von Wien nach Gramatneusiedl. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1846
Am 8. August 1846 legt eine bei der »k(aiserlich) k(öniglichen) priv(ilegierten) Wien–Raaber Eisenbahn-Gesellschaft« beschäftigte Teichgräberin bei Gramatneusiedl ihr Kind weg, wird entdeckt und ins Gefängnis
eingeliefert. Derartige Fälle kommen seit dem Bau der Eisenbahn und der neuen Textilfabrik Marienthal vermehrt vor. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1846
Die im Mai 1845 eröffnete Kinderbewahranstalt erhält mit dem von Max Todesco (1813–1890) am 22. August 1846 errichteten Stiftungsbrief eine Art Hausordnung. Nach Schließung der
Textilfabrik Marienthal wird die Kinderbewahranstalt im September 1931 vom Pfarramt Moosbrunn
(Niederösterreich) übernommen und als »Kindergarten« weitergeführt. (Siehe
Dokument)
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1846
Nach heftigen Regenfällen seit Anfang des Monats tritt die Fischa am 25. August 1846 über die Ufer und verursacht die größte Überschwemmung Gramatneusiedls seit
1813. Dadurch muss auch die Eröffnung der Eisenbahnlinie und des Bahnhofs Gramatneusiedl um einige Wochen verschoben werden. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1846
Am 12. September 1846 wird die Eisenbahnlinie der »k(aiserlich) k(öniglichen) priv(ilegierten)
Wien–Raaber Eisenbahn-Gesellschaft« von Wien nach Bruck an der Leitha (Niederösterreich), wo der Bahnhof
bereits auf ungarischem Boden liegt – nämlich in
Királyhida (heute Bruckneudorf, Burgenland)
–, eröffnet: Zwei Lokomotiven befördern in 15 Waggons 500 Festgäste. Am nächsten Tag findet die Eröffnung für die Allgemeinheit statt, wobei täglich acht Züge (vier Güter- und vier gemischte Güter- und Personengarnituren) verkehren, allerdings wird mit 18. Dezember
1846 auf zwei gemischte Züge reduziert. Am 12. März 1847 werden bereits die ersten Personen vom Bahnhof Gramatneusiedl und seinen Anlagen versetzt. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
Der etwa in der Mitte dieser Bahnlinie gelegene
Bahnhof Gramatneusiedl, Gramatneusiedl 48 (ab 1961: Am Bahnhof 1), welcher am nordöstlichen Ende des Ortes liegt, wird zum größten dieser Strecke ausgebaut. Man errichtet neben dem
eigentlichen Bahnhofsgebäude (24,28 X 11,5 Meter) auch eine Remise für die Reservelokomotive
(19,90 X 6,70 und 5,10 X 3,95 Meter) sowie eine Drehscheibe mit 20 Metern Durchmesser, auf der gegenüberliegenden Seite eine T–förmig angelegte Werkstätte mit Schmiede (33,40 X 10,30 und 19,70 X 11,10 Meter), eine
Wasserstation (23,57 X 10,30 Meter) und ein Heizhaus (33,45 X 10,35 Meter), welches später als Magazin verwendet wird. Zugleich wird im
Bahnhof auch ein Polizeikommissariat eingerichtet.
Spätestens seit 1850 gibt es außerdem eine eigene Bahnhofsrestauration, welche zunächst von Ferdinand Türk betrieben wird. Seit etwa 1870/71 befindet sie sich in dem neu errichteten Gebäude Gramatneusiedl 58 (ab 1961: Bahnstraße 64).
Sind 1847 beim Bahnhof Gramatneusiedl nur
zehn Personen beschäftigt, so steigt deren Zahl bis 1900 auf etwa 75. Dadurch entsteht die bemerkenswerte Situation, dass im Bauerndorf Gramatneusiedl ein zweites Proletariat entsteht, das aber zu jenem Marienthals
keine nennenswerten Kontakte unterhält, eigene Vereinslokale besitzt und eigenständige Veranstaltungen abhält.
Die Anbindung an eine der wichtigsten Bahnverbindungen der Monarchie erleichtert der Textilfabrik Marienthal die Anlieferung von Rohstoffen und die Auslieferung ihrer Produkte. Bis zur Errichtung eines fabrikeigenen
Industriegleises im Jahr 1874 werden die Güter
mittels Viehfuhrwerken von der Fabrik durch das Bauerndorf zum Bahnhof transportiert.
Die bereits für 1846 geplante Weiterführung der Bahnlinie nach Győr / Raab (Győr, Ungarn) erfolgt erst 1855.
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1846
Vom 7. Oktober 1846 bis 17. März 1847 bleibt der Bahnhof in Bruck an der Leitha (Niederösterreich) durch die ungarischen Zollbehörden gesperrt, wodurch die »k(aiserlich) k(önigliche) priv(ilegierte) Wien–Raaber Eisenbahn-Gesellschaft«
erhebliche Einbußen erleidet.
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1846
Im Herbst 1846 bauen einige Bauern von Gramatneusiedl US-amerikanischen Weizen an, doch geht dieser im nächsten Jahr nur teilweise auf und gibt auch schlechtes Mehl. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1846
Im Herbst 1846 wird das Arbeiterwohnhaus Neugebäude der Textilfabrik Marienthal mit 40 Wohneinheiten fertig gestellt; bis 1850 wird es auf 70 Wohnungen vergrößert. Mit diesem Gebäude, welches auf Boden der Herrschaft Seibersdorf (heute
Reisenberg) steht (alte Nummer 114, heute An der Fischa 1), ist die Arbeiterkolonie Marienthal endgültig gegründet. Diese weist in den nächsten Jahrzehnten ein enormes Bevölkerungswachstum auf. Zugleich wird mit dem Bau der neuen Fabrikanlage auf dem Areal der
ehemaligen Ladenmühle begonnen. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1846
Noch 1846 lässt Max Todesco (1813–1890) gegenüber der ehemaligen Fabrik, dem nunmehrigen
Arbeiterwohnhaus Altgebäude, am Feilbach ein
weiteres Wohnhaus errichten, in welchem er jetzt auch die Fabrikschule Marienthal unterbringt; deshalb erhält dieses erst 1847 bezogene Gebäude auch den Namen »Schulhof«, zunächst ohne Hausnummer, dann Gramatneusiedl 44 (ab 1961: Hauptstraße 66;
1991 abgerissen).
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1847
1847 erscheint ein kurzer Lexikonartikel über Marienthal des Geografen, Kartographen und Topographen Franz Raffelsperger (1793–1861). (Lesen und herunterladen)
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1847
Das im Vorjahr beim Wiener Maler Johann Ziegler – nicht zu verwechseln mit dem bekannten Wiener Vedutenmaler Johann Ziegler (1749–1802) – um 340 Gulden in Auftrag gegebene Bild »hll.
Petrus und Paulus« wird zugleich mit dem neu renovierten Hochaltar am 20. Mai 1847 eingeweiht. Dieses Gemälde, das heute noch in der
Kirche Sankt Peter und Paul hängt, trägt am Rahmengerüst der Leinwand die Inschrift: »H[ans] Ziegler / auf der neuen Wieden / zum Auge Gottes im 2. Stock / im Jahre 1847«. Außerdem gibt es
einen Renovierungsvermerk aus dem Jahr 1896. Das Bild aus dem Jahr
1751 wird an den Landwirt Josef Bergstaller (1802–?) verkauft und ist seither verschollen. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1847
Am 1. August 1847 wird im Bahnhof Gramatneusiedl eine
Briefsammelstelle eingerichtet, die erst 1852 durch eine
Postexpeditionsstelle ersetzt wird. Bislang waren die Poststationen in
Laxenburg (Niederösterreich) und Fischamend (Niederösterreich) zuständig.
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1847
1847 wird die neue Textilfabrik Marienthal auf dem Areal der ehemaligen Ladenmühle eröffnet: eine dreigeschossige
Spinnerei mit Karderie, welche allerdings erst 1850 fertig gestellt ist. Der gesamte Komplex wird am 2. April 1945 von Soldaten der Deutschen
Wehrmacht niedergebrannt.
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1848
Am 9. Januar 1848 findet in Gramatneusiedl eine Sammlung für die Hunger leidende Bevölkerung in Mähren und Österreichisch-Schlesien statt, ebenso im Mai 1848.
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1848
Am 12. Januar 1848 werden in Gramatneusiedl und Umgebung Soldaten eines Fuhrwesencorps unter dem Kommando von Leutnant Johann Nepomuk Alger einquartiert, die erst im März 1848 abziehen.
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1848
Am 6. März verabschiedet der
1839 gegründete »Niederösterreichische Gewerbe-Verein«, einer der Träger der kommenden Revolution, eine »Adresse gegen die herrschenden Verhältnisse«.
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1848
Am 13. März 1848 bricht in Wien die Revolution los: Es gibt Straßenkämpfe mit zahlreichen Toten, und die Revolutionäre erzwingen den Rücktritt des verhassten Staatskanzlers Klemens Wenzel Lothar Fürst von Metternich (1773–1859). Als am Nachmittag des 14. März 1848 Aufständische im nahen Himberg (Niederösterreich) in den Fabriken Maschinen zerstören, werden am 15. März abends die in Velm (heute zu Himberg,
Niederösterreich), Wienerherberg (heute zu Ebergassing, Niederösterreich), Ebergassing und Gramatneusiedl einquartierten Truppen unter dem Kommando von Leutnant Johann Nepomuk Alger in Moosbrunn
(Niederösterreich) zusammengezogen. Am 18. März marschieren
diese nach Wien ab, kehren aber nach Wiederherstellung der so genannten Ruhe am 20. März nach Moosbrunn zurück. Während in der Umgebung seit 20. März vielfach Nationalgarden errichtet werden, unterbleibt dies in Gramatneusiedl, Moosbrunn und Velm. Bereits am 31. März 1848 müssen
die hier stationierten kaisertreuen Truppen neuerlich nach Wien abrücken. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1848
Am 4. Juli 1848 versuchen auch die Bauern von Moosbrunn
(Niederösterreich) aufzubegehren. Der Richter (Gemeindeoberhaupt) teilt dem Pfarrer mit, dass die Gemeinde für den kirchlichen Zehent statt der zehnten nur mehr die sechzehnte Garbe abführen werde, was dann auch
geschieht. Auch die Bauern von Gramatneusiedl schließen sich den Aufbegehrenden an, worüber Anton Schallerl (1780–1862), Pfarrer in Moosbrunn, im Denkbuch (Chronik) der Pfarre Klage führt. (Siehe
Denkbuch Moosbrunn)
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1848
Nach den im Juni 1848 durchgeführten Wahlen der Abgeordneten zur konstituierenden Reichsversammlung wird am 22. Juli der Reichstag in Wien durch Erzherzog Johann von Habsburg-Lothringen (1782–1859) feierlich eröffnet.
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1848
Am 7. September 1848 bestätigt Kaiser Ferdinand I. von Habsburg-Lothringen (1793–1875) den Reichstagsbeschluss über die Aufhebung der bäuerlichen Grunduntertänigkeit (»Bauernbefreiung«, Aufhebung von Robot und Zehent). Die Bauern Gramatneusiedls sind davon
nur indirekt betroffen, weil sie sich bereits 1840 freigekauft hatten. Tags darauf, vom 8. auf den 9. September, übernachten in Gramatneusiedl und Umgebung 120 Mann und drei Offiziere kaisertreuer Infanterie auf dem Weg nach Gumpoldskirchen (Niederösterreich), wo sie Waldfrevler bestrafen sollen. (Siehe
Denkbuch Moosbrunn)
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1848
Am 6. Oktober 1848 bricht in Wien die so genannte Oktoberrevolution los, welcher etwa 2.000 Aufständische zum Opfer fallen. Gramatneusiedl liegt inmitten bedeutenden historischen Geschehens. Am 9. Oktober 1848 ziehen kroatische Truppen, etwa 50.000 Mann,
unter dem Kommando von Josip grof Jelačić de Bužim (1801–1859) an Gramatneusiedl knapp vorbei, von Schwadorf
(Niederösterreich) über Ebergassing (Niederösterreich) und Himberg
(Niederösterreich) bis vor Wien; Jelačić wird als Schlächter der bürgerlichen Revolutionäre in die Geschichte eingehen. Am nächsten Tag muss der
Eisenbahnverkehr von Wien nach Bruck an der Leitha (Niederösterreich) eingestellt werden, weil die Gleise zerstört sind. Zugleich trifft die Nachricht ein, dass revolutionäre ungarische Truppen unter dem Kommando von Lajos Kossuth (1802–1894) im Anmarsch auf Wien seien. Einige Frauen fliehen mit ihren Kindern am 11. und
12. Oktober aus Gramatneusiedl Richtung Alpen, während insbesondere Arbeiter der Textilfabrik Marienthal sich offen auf die Seite der Revolutionäre stellen und auch die angekündigte Ankunft der ungarischen Truppen begrüßen. Bereits am 18., dann erneut am 21. Oktober ist das Kanonen- und Gewehrfeuer
aus Wien zu hören, und der Himmel leuchtet rot von den Bränden in der Haupt- und Residenzstadt. Dazu kommt ein Großbrand im benachbarten Velm
(heute zu Himberg, Niederösterreich), der am 19. Oktober um 18 Uhr 30 ausbricht und elf Häuser samt Nebengebäuden sowie den Kirchturm und die Schule vernichtet; neben der Bewohnerschaft der
Nachbardörfer eilt auch eine Kompanie der kaisertreuen Armee aus Himberg zur Brandbekämpfung. Am 29. Oktober rücken die kaiserlichen Truppen in Wien in die Innere Stadt vor, während die ungarischen Truppen bis in die Nachbardörfer Gramatneusiedls, nach Wienerherberg (heute zu Ebergassing,
Niederösterreich) und
Ebergassing vordringen. Die für die Wiener Revolutionäre als Entsatzheer gedachten ungarischen Truppen werden am 30. Oktober bei Schwechat
(Niederösterreich) von den Einheiten Jelačićs geschlagen. Es setzt eine bis in die Morgenstunden des 31. Oktober andauernde Fluchtbewegung ein, von der
jedoch Gramatneusiedl nicht direkt betroffen ist. Am 31. Oktober fällt Wien endgültig in die Hände der kaisertreuen Truppen, und am Abend dieses Tages werden in Moosbrunn
(Niederösterreich) und Gramatneusiedl etwa 250 Mann leichte Dragoner des Regiments Karl Freiherr Kreß von Kressenstein (1781–1856) einquartiert. Die
Offiziere dieser Einheit sowie weitere aus der Umgebung speisen in der Textilfabrik Marienthal. Am 11. Dezember werden in Moosbrunn etwa 190 Mann Dragoner des Regiments Karl Ludwig Graf von Ficquelmont (1777–1857) einquartiert, zu denen am 13. Dezember noch ein Batteriegeschütz mit Bespannung stößt.
Erst am 14. Dezember 1848 ziehen sämtliche Truppen, deren Mannschaften und Pferde vor Ort verpflegt werden müssen, aus Gramatneusiedl und Moosbrunn ab. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1849
Mit kaiserlichem Patent vom 17. März 1849 wird das provisorische Gemeinde-Gesetz erlassen, welches festlegt, dass jede Gemeinde als Vertretung ihrer Bewohnerschaft einen Gemeinde-Ausschuss zu wählen hat, welcher wiederum den Gemeinde-Vorstand wählt,
bestehend aus einem Bürgermeister und zwei Gemeinderäten. Gemeinderatswahlen finden allerdings erst 1851 statt. Außerdem wird festgelegt, dass die niedrigste Verwaltungseinheit die Katastralgemeinden sind, welche eine Gemeinde bilde. Gramatneusiedl verfügt jedoch nur über die eine, gleichnamige
Katastralgemeinde.
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1849
Mit kaiserlicher Verordnung vom 8. Juni 1849 wird die
Gendarmerie (»Gensd’armerie«) als Arm der vollziehenden Gewalt und als Landes-Sicherheitswache im Kaisertum Österreich eingerichtet.
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1849
An Stelle der in den 1760er-Jahren am Weg nach Moosbrunn
(Niederösterreich) aufgestellten
Steinsäule mit den hll. Petrus und Paulus beim Haus Gramatneusiedl 27 (ab 1961: Oberortsstraße 34) lassen der Bauer Franz Griesmüller (1810–1893) und seine Ehefrau Theresia,
geborene Weber (1812–1849), 1849 die Marienkapelle (»Griesmüllerkapelle«) errichten.
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1849
Am 26. August 1849 bricht in der Textilfabrik Marienthal die Cholera aus. Bei insgesamt 91 Todesfällen in diesem Jahr, davon acht im Bauerndorf und 83 in Marienthal, sterben an der Cholera 43 Menschen: zwei im Bauerndorf Gramatneusiedl und 41 in Marienthal
(13 im Arbeiterwohnhaus Altgebäude und 28 im Arbeiterwohnhaus Neugebäude). (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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1849
Am 2. September 1849 wird die vom Bauern Franz Griesmüller (1810–1893) und seiner Ehefrau Theresia, geborene Weber (1812–1849), der Kirche Sankt Peter und Paul gespendete, sechs Zentner und 20 Pfund schwere Glocke (»Griesmüllerglocke«) geweiht. Die vom Glockengießer Ignaz Hilzer (?–1880)
aus Wiener Neustadt (Niederösterreich) gegossene Glocke trägt die Inschrift: »Es hat mich gossen der k[aiserlich] k[önigliche] Hof- u[nd] bürg[er]l[iche] Glockengüßer zu W[iene]r Neustadt Ignaz Hilzer«. Zu diesem Zeitpunkt verfügt die Kirche Sankt Peter und Paul außerdem über eine mittlere, zwei Zentner schwere und über eine kleine, eineinhalb Zentner schwere Glocke. (Siehe Denkbuch Moosbrunn)
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Reinhard Müller
Graz, im März 2009
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