GAP, 17.07.06 (rsn) -
"Ich bin ein Opfer. Ich werde meine Unschuld beweisen",
hatte Jan Ullrich,
kämpferisch erklärt, nachdem er von seinem T-Mobile- Team
vor der Tour wegen Dopingverdachts suspendiert worden war.
Inzwischen ist Ullrich auf Defensive umgeschwenkt.
"In einem Rechtsstaat gilt nicht nur für mich, sondern für jeden
anderen Menschen auch die Unschuldsvermutung, bis das Gegenteil
bewiesen wurde",
erklärte Ullrich in
einer von seinem Team T-Mobile am Montag in
Gap am Ruhetag der Tour de France verteilten Stellungnahme.
Einen freiwilligen DNA-Test,
mit dem seine Unschuld in wenigen Tagen
bewiesen werden könnte,
lehnt Ullrich ab.
T-Mobile hatte von seinem Star einen eindeutigen
Beleg verlangt, dass er nicht in den Skandal verwickelt ist.
Die Frist dazu war
am Donnerstag abgelaufen.
Seine Anwälte hätten Kontakt zu den spanischen Ermittlungsbehörden
aufgenommen, um festzustellen, ob und in welcher Form tatsächlich
gegen ihn konkrete Vorwürfe erhoben werden, teilte Ullrich in einer
24 Zeilen langen Erklärung mit. Entgegen anders lautender Meldungen
hätten die Anwälte dem T-Mobile-Rennstallbetreiber Olaf Ludwig am
vergangenen Donnerstag fristgerecht eine Stellungnahme zu den
Vorwürfen zukommen lassen, erklärte der Tour-Sieger von 1997 weiter.
"Juristische Geplänkel"
Teamsprecher Christian Frommert sagte dazu: "Sowohl Jan Ullrich
als auch der ebenfalls suspendierte Oscar Sevilla haben nach der
Suspendierung vor Fernseh-Kameras gesagt, sie würden einen
Unschuldsbeweis erbringen. Das ist nach wie vor nicht geschehen." Die
Erklärung der Anwälte besage lediglich, dass die Umkehrung der
Beweislast juristisch nicht zu erbringen sei. T-Mobile wolle sich
aber nicht "auf juristische Geplänkel" einlassen und erwarte
eine eindeutige Stellungnahme Ullrichs zu den Vorwürfen.
Zuvor hatte Ullrich-Manager Wolfgang Strohband bestätigt, dass die
Anwälte dem Fahrer von einer DNA-Analyse abgeraten haben. Ein solcher
Gentest wäre die simpelste Methode, die Vorwürfe aus der Welt zu
räumen, der Tour-Sieger von 1997 habe mit roten Blutkörperchen
angereichertes Eigenblut von den Ärzten Eufemiano Fuentes und José
Merino Bartes erhalten. Die Mediziner stehen im Mittelpunkt des
spanischen Doping-Falles, der bereits die Ausmaße des Tour-Skandals
von 1998 gesprengt hat. Gegen beide ermittelt die Guardia Civil - sie
sind nach Zahlung einer Kaution von 120 000 Euro auf freiem Fuß.
Ullrich betonte in seiner Erklärung, er sei nicht abgetaucht,
sondern lebe an seinem Wohnsitz in der Schweiz und nehme weiter am
öffentlichen Leben teil. Der 32-Jährige hatte sich nach seiner
Abreise einen Tag vor dem Start der 93. Tour de France in seinem Haus
in Scherzigen auf der Schweizer Seite des Bodensees zurückgezogen. Er
trainiere regelmäßig, teilte Manager Strohband weiter mit.
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