BERN, 16.08.06 (rsn) -
Der Schweizer Radsportverband wird ein Doping-Verfahren gegen Jan Ullrich einleiten. Das sagte
der Geschäftsführer des Verbandes, Lorenz Schäfli, am Mittwoch der Hörfunkagentur dpa/Rufa.
"Wir haben Papiere und Indizien, dass wir das Ganze an die
Disziplinar-Kommission weitergeben müssen", sagte Schlaefli. In
diesem Fall sei mit einem Indizien-Verfahren zu rechnen, weil es
keine positiven Doping-Proben von Ullrich gibt.
Dem deutschen
Tour de France-Sieger von 1997, der in Scherzingen lebt und
mit einer Schweizer Lizenz fährt, könnte sogar eine lebenslange Sperre
drohen. Denn spricht die Disziplinar-Kommission Ullrich schuldig, ist
er quasi Wiederholungstäter. 2002 war er mit Amphetaminen erwischt
worden, nachdem er bei einem
Diskobesuch die Droge Ecstasy genommen hatte. Aber selbst wenn dieses Vergehen nicht angerechnet werden
sollte, drohen Ullrich nun zwei Jahre Sperre. Danach könnten zwei
weitere Jahre Arbeitsverbot bei Pro-Tour-Teams in Kraft treten.
Ullrich, sein früherer Team-Kollege Oscar Sevilla, Giro-Sieger
Ivan Basso sowie Dutzende andere Fahrer sollen in das spanische
Doping-Netzwerk der Ärzte Eufemiano Fuentes und José Merino Batres
verwickelt sein. Grundlage der Eröffnung
eines Disziplinarverfahrens sind die Unterlagen der
spanischen Ermittlungsbehörden, die der Schweizer Verband auswertete.
Bei einer Razzia im Mai hatte die spanische Polizei bei Fuentes und
Batres u.a. 200 Blutbeutel sichergestellt, die
einzelnen Profis zugeordnet wurden, darunter auch Ullrich.
Über einen DNA-Vergleich, dem sich Ullrich verweigerte, könnte
ermittelt werden, ob das angereicherte Blut aus den Labors in Madrid
wirklich von dem früheren T-Mobile-Kapitän stammt. Die Ermittlungen
der spanischen Behörden hatten zu Ullrichs Ausschluss von der Tour de
France und zur Kündigung durch den Arbeitgeber T-Mobile geführt. Das
Bonner Mobilfunk-Unternehmen kündigte den Vertrag mit dem einstigen
Radsport-Idol fristlos.
Auch Ullrich-Betreuer und Teamchef Rudy Pevenage (52) war fristlos
entlassen worden. Nach Ermittlungen der spanischen Polizei, die
abgehörte Telefongespräche und SMS-Mitteilungen vorlegte, hatte der
Belgier Verbindungen zu dem Doping-Netzwerk in Madrid und soll als
Doping-Beschaffer für seinen Schützling agiert haben. Dabei soll
Ullrich mit roten Blutkörperchen angereichertes Eigenblut und diverse
Doping-Präparate erhalten haben.
Ullrich hatte nach seiner Suspendierung angekündigt, er werde
seine Unschuld beweisen. In einem Rechtsstaat müsse auch für ihn die
Unschuldsvermutung gelten. Eine DNA-Analyse zum Beweis seiner
Unschuld lehnte der zweifache Zeitfahr-Weltmeister ab. Zunächst mit
dem Team Telekom und dann mit T-Mobile feierte Ullrich seine größten
sportlichen Erfolge. Neben dem Tour-Sieg 1997 fuhr Ullrich fünf Mal
auf den zweiten Platz der Frankreich-Rundfahrt, gewann die Vuelta de
Espana, zwei Mal die Tour de Suisse und holte bei den Olympischen
Spielen in Sydney Gold im Straßenrennen und Silber im Zeitfahren.
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