Inhalt

Nationalratskommission hält an Blochers Teilimmunität fest

Donnerstag, 7. Juni 2012, 15:49 Uhr, Aktualisiert 18:11 Uhr

Die Immunitätskommission des Nationalrats hält an ihrer Sichtweise fest: Christoph Blocher sei seit seiner Vereidigung als Nationalrat durch die parlamentarische Immunität geschützt. Damit widerspricht sie der Rechtskommission des Ständerats, die jedoch das letzte Wort haben wird.

Die Immunitätskommission hielt mit 5 zu 4 Stimmen an ihrem Entscheid fest, wie deren Präsident Heinz Brand (SVP/GR) vor den Medien sagte. Die Mehrheit sei der Meinung, dass SVP-Nationalrat Christoph Blocher in der Affäre Hildebrand als Mitglied der Oberaufsichtsbehörde gehandelt habe. Damit bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang mit seinem Mandat als Nationalrat.

Bild Christoph Blocher im Bundeshaus vor Medienleuten.
Christoph Blocher geniesse mindestens für seine Handlungen nach der Vereidigung Immunität – auf dieser Haltung beharrt die nationalrätliche Immunitätskommission. reuters

Die Ständeratskommission ist hingegen der Ansicht, dass kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Blochers Handlungen und seinem Mandat bestehe. Es sei am Parlament, aber nicht an einem einzelnen Parlamentarier, die Oberaufsicht wahrzunehmen. Mit 10 zu 3 Stimmen lehnte sie es letzte Woche ab, auf das Gesuch der Zürcher Staatsanwaltschaft um Aufhebung der Immunität einzutreten.

Unterschiedliche Ansichten nur für 27. Dezember

Heinz Brand wollte diese Einschätzung der Ständeräte nicht kommentieren. Nur soviel: Die Nationalratskommission habe offenbar ein «grosszügigeres Verständnis» der Schutzwirkung der Immunität. Die Mehrheit der Kommission vertrete die Ansicht, es müsse möglich sein, dass sich jemand an einen Parlamentarier wende und dieser dann Schritte in die Wege leite.

Keine Immunität für Treffen in Herrliberg

Die Differenz zwischen den beiden Kommissionen betrifft nur einen von zwei Vorgängen – jenen des 27. Dezember 2011. An diesem Tag soll Blocher versucht haben, den Thurgauer Anwalt und SVP-Kantonsrat Hermann Lei dazu anzustiften, zusammen mit dem Sarasin-Informatiker die Bankunterlagen des Ehepaars Hildebrand an die «Weltwoche» weiterzuleiten. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft wäre damit der Tatbestand der Verletzung des Bankgeheimnisses erfüllt.

Endgültiger Entscheid am Montag

Einig sind sich die National- und Ständeräte hingegen in Bezug auf den 3. Dezember: In seiner Villa in Herrliberg (ZH) soll alt Bundesrat Blocher Screenshots von Kontodaten von Philipp Hildebrand zumindest gesehen haben. Da Blocher erst zwei Tage später, am 5. Dezember, vereidigt wurde, sprechen ihm beide Kommissionen für dieses Treffen die Immunität ab.

Kommission reicht Strafanzeige ein

Die Immunitätskommission des Nationalrats reicht Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Verletzung des Kommissionsgeheimnisses ein. Ein Medium zitierte aus den Unterlagen, die Blocher der Kommission zugestellt hatte. Die Unterlagen waren für die Sitzung der Kommission vom 25. April bestimmt.

Wegen der Differenz zum 27. Dezember muss sich nun die Ständeratskommission am kommenden Montag ein weiteres Mal mit der Immunitätsfrage befassen. Bekräftigt sie ihren Nichteintretensentscheid auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft, dann setzt sie sich durch.

Ständerat entscheidet über Nationalrat

Abgestützt ist dieses Vorgehen auf Artikel 17a des Parlamentsgesetzes, der seit Dezember letzten Jahres in Kraft ist. Dieser besagt, dass ein zweiter Nichteintretensentscheid einer Kommission endgültig ist – auch wenn sich die Kommissionen beider Räte nicht einig werden.

Die Kommission desjenigen Rats, dem das beschuldigte Mitglied angehört, behandelt die Gesuche jeweils zuerst. Da Christoph Blocher dem Nationalrat angehört, hat entsprechend die Ständerats-Kommission das letzte Wort.

(sda/sf/buet;coro)